Jesid Ben Moawije
(gest. 683)
Wann ich entfernet bin von Leila's Blicken
Wann ich entfernet bin von Leila's Blicken,
Erlischt die Gluth in meinen Eingeweiden,
Du wünschest, saget man des Stammes Weiber,
An Leila's Schönheit deinen Blick zu weiden.
Wie siehst du Leila, wenn du And're siehst,
Mit einem Auge, das nicht thränt von Leiden?
Wenn süss dir dünket Sag' und Red' von ihr,
So solltest Andere zu hören meiden;
Wenn du auch ferne Leila, seh' ich dich,
Demüthgen Herzens, das sich scheut zu scheiden.
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Jesid Ben Moawije: der
zweite Chalife der Beni Omeije mit dem Beinamen des Bösewichts (el-Fasik)
gebrandmarkt, verdient er vielmehr den des Lasterhaften (el-Fadschir).
Die Liebe zur Poesie sog er mit der Milch seiner Mutter der Beduinin
Meisun, aus dem Stamme Kelb, die selbst mit dichterischem Talent
begabt. Moawije wollte die Mutter mit dem Sohne in die Wüste
verweisen, indem er sie eines Tages die folgenden Verse singen gehört:
Frisches Auge in dem här'nen Kleide
Ist mir lieber als Gewand von Seide;
Zelt, worin der Ostwind' weht,
Ist mir lieber als ein Gloriet.
Dromedar, der Sänften stosst nicht faul,
Ist mir lieber als ein schwankes Maul.
Hund', anbellend laut der Gäste Schwall,
Ist mir lieber als der Pauken Schall.
Und ein Roher, welcher mir verwandt,
Ist mir lieber als ein wohlgenährter Fant.
Er höhnte, der erste der Chalifen, das Verbot des Weines durch
öffentliches Trinken desselben, und führte der Erste Eunuchen in den
arabischen Harem ein. Der Anklage der Gottlosigkeit und Irreligion
widerspricht der Spruch seines Siegels: Ich glaube an Gott des
Grössten. (...)
Jesid, der Sohn Moawije war der erste Chalife, welcher Tanz und Gesang
nicht nur duldete, sondern ermunterte, und Sängerinnen hielt, Wein
trank, und den Christen Serhun zu seinem vertrauten Gesellschafter und
Trinkgenossen (Nedim) wählte, ausserdem noch den Dichter el-Achthal,
welcher ein Christ.
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