Ibn Monir
(gest. 1152)
Wer hat diesen vollen Mond
Wer hat diesen vollen Mond
Auf rodein'schen Speer gesetzt?
Wer hat in dem Land Jemen
Diesen Zauberstrick genetzt?
Wer hat diese Strahlensonne
Von dem himmlischen Altan
Eingehüllet hier auf Erden
In das Kleid von Chosrewan?
Ist diess zauberischer Blick?
Oder Schwert entblösst der Scheide?
Ist der Wuchs ein frischer Zweig?
Ist es dünner Lanze Schneide?
Schau, sie hat besieget mich,
Der so stolz, hochmüthig eh',
Und gehorsam ist der Leu
Nun dem scheuen flücht'gen Reh.
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Sind es nicht des Moschus Tropfen,
Fallend auf des Bambus Rohr?
Ist es nicht der Wein des Speichels,
Perlend aus Korall' hervor?
Wenn den Vollmond man befragte:
Wen beneidest du hienieden?
Wird er deuten auf die Schöne,
Die als Liebste mir beschieden.
Mit verschied'nen Eigenschaften
Sie durch Liebe mich bezwingt,
Durch das, was ich von Ihr höre,
Durch das, was in's Auge springt,
Durch den Stolz, den persischen,
Durch die Wollust, die zu Scham,*
Durch den Zauberreiz von Irak,
Durch die Sprache, die voll Scham;**
So gefährlich ist nicht Wein,
Welcher macht die Köpfe wüste,
Als im Munde einer Türkin
Die Wohlredenheit der Wüste.
Läugnen wollten ihre Augen,
Dass vergossen sie mein Blut,
Doch bekennt die That das Gräules
Ihrer Wange rothe Fluth;
Glaube nicht, das Maal der Wangen
Sei ein Tropfe Blut, geweint,
Kohle ist's von meinem Herzen,
Die gelöschet nun erscheint.
* Scham: Damaskus
** Scham: die Sprache von Hidschas
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Ibn Monir: von Tripolis,
wo zur Zeit Ibn Challikan's dessen Gedichte auf dem Markte gesungen
wurden; er war ein Ketzer (Rafidhi). Seiner bösen Zunge willen wollte
Buri, der Sohn Togtekin's, des Atabegen von Damaskus, ihm dieselbe
ausschneiden lassen, begnügte sich aber dann, ihn zu verbannen. Ibn
Monir ging nach Bagdad, wo er und der Dichter Kaiserani sich
gegenseitig anfeindeten.
Ibn Challikani berührt noch ein Mal die Eifersucht Ibn Monir's und
el-Kaiserani's, und erzählt, dass der Atabeg Sengi dieselbe Nacht, in
welcher Ibn Monir, den er um ihm sein Wohlgefallen über seine Verse zu
bezeugen, hatte rufen lassen, in's Lager gekommen, ermordet worden
sei. (...)
Ibn Challikan erzählt dann nach der Geschichte Ibn Asakir's, den Traum
eines Predigers, dem Ibn Monir erschienen sei und gesagt habe, dass
zur Strafe für seine böse Zunge, dieselbe sich in's Unendliche
verlängert und geschwollen, und dass seine satyrischen Verse in so
viele Hunde verwandelt worden seien, die sich in die Zunge
festgebissen.
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