Ibnet-Taawisi
(gest. 1188)
Wann wird gesund, der krank nach Dir sich sehnt
Wann wird gesund, der krank nach Dir sich sehnt,
Wann nüchtern, der von Deiner Liebe trunken?
Mit Trostgrund liegt mein Herz in stätem Kampfe,
Du findest es in Thränen ganz versunken.
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Eines mache Dir nur Kummer,
Sei von andern Sorgen frei,
Wenn Du Dich ergibst dem Schlummer,
Ist's mit dem Genuss vorbei.
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Wie oft sog ich mit des Speichels Süssigkeit
Und an ihren Zähne, die so wohlgereiht,
Beide lagen wir zusammengekoppelt,
Wie in enger Buhlschaft, die verdoppelt.
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Ehe war Weid' im Sande meine Lust,
Heut bewegt nicht Weid' und Sand die Brust;
Kann der Sehnsuchtsvolle Nutzen ziehen,
Wann die Weide weint, die Freunde fliehen?
Sie belebten ehmals diesen Ort,
Der verödet ist, seitdem sie fort.
O, bei Gott! wie viele Monde glänzten,
Wie viel Rehe, welche Wein credenzten,
Welche Nächte, wo der Wein den Glanz
Nahm vom Lied des Schenken und vom Tanz,
Voll der Knöchelring, Sie sorgenleer,
Sie war leichten Herzens, meines schwer,
Ihrer Zähne Speichel kühlt die Hitze
Und Sehnsucht erwecken Blitzesblitze,
Wenn den Quell der Jugend Sie ausgiesst,
Nach ihm durstend dann mein Herz zerfliesst;
Schwert und Augen haben das gemein,
Dass die Wimpern Schwerterscheiden sein.
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O finst'rer Tag, der grauet wie die Nacht,
Der Tag der Nacht, die kühl wie finst'rer Schacht,
So stehet zwischen Ihr und mir fürwahr
Die Zeit, sie hat gefärbet mir das Haar;
Die Sängerinnen fliehen vor dem Greis,
Sie lieben schwarzes Haar und nicht das Weiss.
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Ibnet-Taawisi: der
berühmte Dichter, dessen Vater ein Freigelassener der Benil-Mosaffer,
dessen Name Teschtekin, sein Sohn Obeidallah war der mütterliche Enkel
Ebil_mobarek's B. Ali B. Nassr es-siradsch el-Dschewheri's, des unter
dem Namen et-Taawisi bekannten Anachoreten; er ward nach seinem
Grossvater benannt, weil er jung in dessen Obsorge kam und von ihm
erzogen ward. Er war der grösste Dichter seiner Zeit durch Schönheit
und Süssigkeit, durch Anmuth und Trefflichkeit, Secretär des Diwans
der Pachtungen (el-Mokathaat); er erblindete gegen das Ende seines
Lebens als er neun und siebzig Jahre alt war. Vor seiner Erblindung
sammelte er selbst den Diwan seiner Gedichte, den er in vier
Abschnitte eintheilte und dann Zusätze (siadat) hinzusetzte; einige
Exemplare seines Diwans finden sich mit diesen Zusätzen, einige ohne
dieselben. Als er erblindete, ward die Anweisung seines Diwangehaltes
auf seine Kinder übertragen. (...)
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