Ahmed el-Halawi
(gest. 1258)
Auf einen schönen Türken
Der Wuchs erzählt vom Zweig, der Speichel von dem Wein,
Die Wangen können nichts als Zweigesblüthen sein;
Er ist Gaselle und zugleich der neue Mond,
Mein Aug' sein Sitz, mein Herz sein Horizont;
Der braune Speer erzählt von seinem hohen Wuchs,
Wenn ihn das Herz erblickt, geht es in Stücke flugs;
Auf seinen Wangen ist die Schönheit aufgebrannt,
In Asche flammt das Herz von ihrer Liebe Brand,
Es blühet auf in ihm die Schönheit, die erhaben,
Der süsse Sinn vereint mit zartesten der Gaben.
O selt'ner Doppelfall, dass ich sein Sklave sei
Und dass der Thränenstrom der Liebe fliesset frei,
Auf seinem Kinne sieht man Gräser sich erneu'n,
Von seinen Lippen träuft der ungepresste Wein;
Selbst den, der nicht sein Freund, erschreckt des Auges Funken,
Selbst wer gekostet nicht den Speichel, ist doch trunken,
Durch seines Gleichen schwer Ruin der Liebe scheint,
Durch seine Liebe kränkt der wahre Freund den Freund.
Zu Türken ziehet ihn die Heimathslieb zurück,
Der Weiden denk' ich, wann sich sehnt nach ihm mein Blick,
Wo seine Zelte steh'n, bedarf's nicht and'rer Bahnen
Und and'rer Treiber nicht bei seinen Karawanen,
Dem Haus' gehöret er, nicht der Familie an,
Es trauert nur um ihn der Vetter der Chakan,
Bei seinem Lächeln wird vergessen süsser Wein,
Beschämt von seinem Zahn die Camomillen sei'n!
In seiner Nähe sich des Brandes Kühlung findet,
Von seiner Höhe wird des Weines Gluth entzündet;
Wenn es von Jemen blitzt nur leicht von kurzer Dauer,
Erinnert sich mein Herz an Ihn mit leichtem Schauer.
Sein Angesicht erzählt das Mährchen von dem Mond,
Der, wenn er sich gezeigt, ein doppelter oft thront,
Aus Phantasie zu ihm werd' selber ich zum Schemen,
Muss meiner Wand'rungen, der nächtlichen mich schämen,
Den Chisr hab' ich oft aus Irrthum ihm verglichen,
Ich halt's nicht aus, die Ruhe ist von mir gewichen,
Was lieget meinem Herz' an Liebe, die entflammt,
Da meine Liebe nur von reinster Schönheit stammt,
Diess ist der Trennungstag, Nichts löschet seine Gluth,
Und die Entfernung macht nicht and're Dienste gut.
Mein Herz empfahl ich Gott mit der Enthaltsamkeit,
Es bleibet doch für stets der Leidenschaft geweiht;
Es kennet nur den Rausch, wer an dem Morgen trunken,
Wer von der Zähne Wein am Abend sich betrunken.
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Ahmed el-Halawi: der
grosse Dichter, der zugleich einer der schönsten und anmuthigsten
Menschen war; er reist durch viele Länder, lobte Könige und Chalifen,
diente dem König Melek er-Rahim Bedr-eddin Lulu, dem Herrn von Mossul,
ging in der Tracht eines Königs und dichtete mit grosser Zartheit in
der Art der schönsten Madrigale (Esdschal).
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