Dschemil el-Osret
(gest. 701)
Omm Abdolmelik, trenne dich von mir
Omm Abdolmelik, trenne dich von mir,
Doch in der Trennung ziehe mich zu dir.
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Hast du, so lang du lebst, gesehen Freund,
Erschlag'nen, der um seinen Mörder weint?
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Tausend Buhler werben um Boseine,
Alle sind auf meinen Mord erpicht,
Wenn sie mir aus Groll den Fuss abschnitten,
Lass' ich Sie, doch offen, heimlich nicht.
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Der Anfang uns'rer Lieb' im Thal Bagidh
Boseine war die Dattel in dem Ried,
Ich sagte dir ein Wort, du eins darauf,
Auf jedes Wort hat and'res seinen Lauf.
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Ich schwör's bei den Kamelen, die nach Mekka zieh'n,
Ich liebe mit des Katha tiefem heissen Sinn,
Es dachte nicht das Herz, wen es hier treffen würde,
Soleima und die Mutter von Dschesur erschien.
O wollte Gott, die Männer, die den Tod mir schwuren,
Sie gössen hier mein Blut zum Fuss Boseine's hin!
Mich macht so eig'ne Schuld als fremde Schuld zum Narren,
Wenn sie die Sehnsucht kennten, wäre mir verzieh'n.
Bei Gott! wer nicht die Liebe kennt, bei diesem ist,
Wenn er den Strick ausspannt, dennoch kein Halt darin;
Die, so zwei Farben spielen, sind die Unbeständ'gen,
Sie sind Verräther schon von allem Anbeginn.
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Hielt' mich meine Nothdurft nicht zu lang verborgen,
Und Boseine wüsste nichts um meine Sorgen,
Kündete ich ihr die Furcht sie zu verlieren,
Und die schwere Last wie eh' mit mir zu führen.
Gott erhalt' euch, denn ihr wisst, dass ich nicht geize,
Und dass ich, kein Schändlicher, zum Urtheil reize.
Nächte zieh'n, die eine nach der andern,
Und ich lebe nur, um mit dem Feind zu wandern,
Deiner dacht' ich zu Deirein, und der Stunden,
Wo die Töchter meiner Lust sich eingefunden;
Wo mein Auge du geschmücket hast mit deinen,
Und ich ein zu Opfernder begann zu weinen,
Du bist es, die wenn du willst, verderbt mein Leben,
Du bist es, die, wenn du willst, kann Rettung geben.
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O Nordwind! siehst du mich denn nicht,
Den Irrenden, den mag'ren Wicht!
O gib mir von Boseine einen Duft,
Und weh' ihr wieder zu von mir die Luft!
Mein Wort ist, wie mein Odem, kurz und schwach,
Es gibt Boseine nicht dem Schwächsten nach.
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Sie packen auf, und nichts hält ab die Trennung,
Ein jeder ist gebrochen und gebeugt,
Mir war's als hätt' ich Gift getrunken
Am Tag, wo sich der Ernst der Abreis' zeigt.
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Bei Gott! vor dem sich jede Stirne beugt,
Ich weiss nicht, was sich unter'm Kleide zeigt,
Ich habe auch von ihrem Munde
Nicht and're als des Wortes Kunde.
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O du Süsswass'rige, weisst du denn nicht,
Dass ich verdurste ohne dein Gesicht,
Und dass aus Übermas von meinem Sehnen
Ich muss in einem fort wie Tauben stöhnen.
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Wer glaubt wohl der Schönen, wann sie mit ihren Thränen
Auswascht das Alkohol,
Wann ihre Finger wissen, dass Thränen niederfliessen,
O schön ist sie dann wohl!
Sie sagte, mich zu scheiden, du wirst es noch entgelten,
Dass du getödtet mich;
Indem sie so gesprochen, hab' ich das Wort gerochen,
Indem ich Tod's verblich.
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Nimmer würd' ich sie begehren,
Wär' geblieben mir Verstand,
Sie allein ist mein Begehren
Seit sie raubte den Verstand.
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Ich fuhr die Stämme zu durchforschen fort,
Bis ich zum Lager kam von der Gaselle
Ich schlich mich im Geheimen in ihr Zelt,
Bis ich erreicht die heimliche Capelle.
Sie strich mich zu erkennen über's Haupt
Die Finger, die geschmückt mit Henna helle,
Sie sprach, ich schwör's, ich wecke auf die Leute,
Wenn du dich nicht von hinnen trollest schnelle!
Ich ging hinweg aus Furcht, sie lächelte,
Ich wusst', sie hielte wohl den Eid zur Stelle,
Ich küsste sie, sie bei den Locken nehmend,
So löscht sich Lippenbrand im kühlen Quelle.
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Dschemil el-Osret: er
liebte Boseine, die er in seinen Gedichten verherrlichte.
Nossaib nannte diesen den Imam der Liebenden. Seine Geliebte hatte den
Vornamen Omm Abdolmelik, er redete sie mit diesem Vornamen an. Er liebte
sie schon als Knabe, sie wohnten in Wadiolkora, ihre Familie versammelte
sich ihn zu fangen; da bedeckte ihn Boseine mit ihrem Schleier und
versteckte ihn, hierauf beziehen sich die Verse:
Tausend Buhler werben um Boseine,
Alle sind auf meinen Mord erpicht,
Wenn sie mir aus Groll den Fuss abschnitten,
Lass' ich Sie, doch offen, heimlich nicht.
Der Anfang seiner Bekanntschaft mit Boseine war im Thale Bagidh, wohin
er eines Tages gegangen, sein Kamel zu tränken, die Familie Boseine's
war im Grunde des Thals, wo sie ihm eine halbreife Dattel gab.
Als Boseine gehört, dass Dschemil in sie verliebt, schwur sie, dass wenn
er käme, sie aus dem Zelte gehen und sich vor ihm nicht verbergen würde.
Diess gab zu grossem Gerede Anlass.
Während er sie raubte, wurde er von dem Stamme Boseine's angefallen.
Diess war der Anfang des langen Streites zwischen ihm und Abdallah B.
Kathana. Er warb um Boseine, um welche aber schon früher ihr Vetter
Bunijet geworben, und dem sie ihr Vater versprochen hatte; sie gab ihre
Hand nur mit Widerwillen, denn er war hässlich und entstellt, mit einem
weissen Flecken in einem Auge. Nach der Vermählung Boseine's, die ihn
mit heftigem Schmerze ergriff, unterbrach Dschemil seine Besuche und
mied sie; nach langer Zeit traf er sie wieder, als er mit seinen Vettern
Mesade und Dauk unter einem Baume rastete. Eine schwarze Sclavin
benachrichtigte die Boseine, dass ihr Geliebter in der Nähe, und sie kam
mit Omm Dschesur, Omm Manssur und Leila. Omm Manssur machte ihm Vorwürfe
über seine lange Abwesenheit. Dschemil sagte: er habe sie gemieden, weil
sie ihm fremd geworden; Boseine weinte und versicherte ihn ihrer
unwandelbaren Liebe. Der Gemahl Boseine's beklagte sich bei ihrem Vater
und ihrem Bruder über Dschemil's Zudringlichkeit; diese wandten sich an
den Stamm Dschemil's, der ihn desshalb anfeindete; eine Zeitlang
enthielt er sich, ihrer in seinen Versen zu erwähnen, dann beklagte er
sich aber gegen seine Vettern Mesade und Dauk über dieses ihm auferlegte
Stillschweigen.
Seine Vettern Mesade und Dauk tadelten ihn wegen seiner Liebe und
riethen dieselbe aufzugeben, endlich verschafften sie ihm ein
Stelldichein mit Boseine, das drei Tage dauerte; dessgleichen ein
zweites; endlich musste er doch nach Syrien ziehen, aber bei seiner
Rückkunft verschaffte er sich abermal ein Stelldichein mit Boseine, die
sich dazu mit ihren drei Freundinnen Omm Dschesur, Omm Manssur und Leila
einfand. Der Vater Boseine's begab sich nach Syrien zum Chalifen
Abdomelik B. Merwan, um sich bei ihm über Dschemil zu beschweren; der
Chalife lachte und sagte: Arznei ist schwerer als die Krankheit. Sag'
diess nicht, sagte Boseine's Vater, o Fürst der Gläubigen! denn sonst
wird er noch kühner. Dschemil ging eines Tages mit seinen Genossen auf
die Jagd, wo er eine junge Gaselle, deren Mutter die Gefährten getödtet
hatten, hätschelte, und dabei Boseine's sich erinnernd sang. Dschemil
hatte den Hawasch B. Kathana B. Salebe mit einer Satyre gereizt, er war
der Gemahl Omm Dschesur's, der Schwester Boseine's. Die Feindschaft
zwischen beiden brach aus. (...)
Dschemil erniedrigte sich nie zum Lobgedichte, sein Gesang war nur
Boseine.
Als Dschemil in Ägypten starb, sandte er Boseine seinen Kopfbund zum
Angedenken. Boseine zerschlug sich die Wangen, und wehklagte laut mit
den Frauen des Stammes.
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