Thaman Ben Amru el-Kilabi
(7. Jh.)
Getränkt ward Leila's Haus am Berge Rakaschein
Getränkt ward Leila's Haus am Berge Rakaschein
Durch Wolke, deren Stoss die Hirten schüchtert ein,
Arctur und Spica glänzten beide wolkenhelle,
Wie lastbeschwerte Reih'n der baktrischen Kamele;
Von einer Seite gränzt die Wolke an den Ost,
Indess die andere auf Gluth des Südens stosst.
Sie ruht am Teiche Abdallah's aus dem der Sand
Aufsteigt, wie eines Zeltes festgefügte Wand;
Von Leila hab' ich nicht des Stelldicheines Trost,
Und für uns Beide ist die Trennung bitt're Kost.
Die Wolke tränke dich, wann sie am Morgen bricht,
Die Anemonen rings umher bewässernd dicht,
Wann Leila, die haresische mich freundlich grüsst,
Sie die schönschenklige, die schön gekleidet ist,
Halt Leichentuch und Leichenbalsam ich bereit,
Weil meine Seele laut ob Todesnähe schreit;
Ich rechnete, der Tod träf mich in ihrem Haus,
Den Gram würd ich mit meinem Leben hauchen aus.
Die Kunde kam, dass Leila krank in Irak ist,
Wie kannst du ruhig sein, wenn du aufrichtig bist?
Es wolle in Irak mich Gott den Kranken tränken,
Der ich bereit Milchlosem Mitleid stets zu schenken,
Und ich, wiewohl die Menschen sich nicht niederlassen,
Ich bin bereit mit vielem Eifer Herz zu fassen.
Nur Leila's bin ich auch, nachdem mein Haupt schon weiss,
Von meiner Liebe der wahrhaftigste Beweis;
Ich bin, von dem die Leute dir so vieles sagen,
Mit welchem sie als einem Kranken Mitleid tragen,
Doch du, indess' ich lieg' gefangen und im Kerker,
Du siehst, wie mir vergeht die Nacht, vom freien Erker,
Der freie Mann ist der, den keine Schwermuth drängt,
Nachdem ihn Ungemach durch engen Pass gezwängt,
Du hast die Sitten deines Volkes angenommen,
Indem Enthaltsamkeit und Leid dir wohlbekommen,
Kommt Leila nicht des Nachts zu dem verlass'nen Haus,
Und führet meine Nacht nicht zu dem Grab hinaus?
Ich beisse in das Band der wässernden Maschine,
Indem ich ihres Ring's als Fessel mich bediene,
Wie viele Wüsten sind nicht meines Lobs gewiss,
Weil in denselben ich die Weise Leila's pries!
Der wilde Stier geht aus, zu suchen Proviant,
Langsam wie das Kamel, das suchet Unterstand,
Er suchet Abends heftig nach dem Rochamkraut,
Das für ihn auf dem Feld als Mehl ist angebaut.
Der Staub bedeckt der rothen Wurzel helles Licht,
Man sieht dieselbe im Gedräng' der Tränke nicht,
Die Eidechs' sonnet sich in des Mittags Hitze,
Cikadensang tönt schrill, als leuchteten die Blitze,
Sie schleppt sich hurtig auf der Brust, gleich einem Schwert,
Das, wenn gezogen, lustig aus der Scheide fährt.
Was ist Auswand'rung anders, als sich abzuwenden?
Ich sehe, dass bei deinem Land' die Wege enden.
Du sprichst, o Tochter Thai's! von deinem Hab' und Gut,
Ich sehe nicht, dass Gold in deinen Händen ruht;
Ich sah ein Stück der Eidechs, das die and'ren sucht,
Die Pflicht des Herrn verhinderte es an der Flucht.
Durch meine Gaben wird die Grossmuth nur geschmückt,
Und jedes Angesicht durch freien Sinn entzückt,
Nur blöde Vögel lassen sich zur Erde nieder,
Sie lassen eingesperrt im Käficht ihr Gefieder,
Der Nachbar, wenn er noch so fremd, wird doch gegrüsst,
Ein Leiter doch des Wegs zum Nachbarn kundig ist,
Der Nachbar sieht in uns nur Fremde, wie es scheint,
Er sieht im Nachbar nicht den wahren guten Freund.
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Thaman Ben Amru el-Kilabi:
Thaman ward vom Nedschdet dem Haruri gefangen, der ihn zum
Wegweiser brauchte; in einer Nacht machte er sich auf, ward aber auf
seiner Flucht von einem Manne der Beni Dschafer B. Kilab und einem
Anderen Namens Aassim gefangen; sie brachten ihn vor Nedschdet, der ihm
die Hand abhauen liess. Thaman beklagte sich darüber in einem Gedichte
von zehn Distichen beim Prinzen Abdallah B. Merwan.
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