Arabische Dichter

Aus der Literaturgeschichte der Araber

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1850-56)



Mohammed en-Nomeiri
(7. Jh.)


O Thal Noman's, du hauchest Moschus reingelüfteten



O Thal Noman's, du hauchest Moschus reingelüfteten,
Wenn Seineb geht einher mit Frau'n den wohl durchdüfteten,

Den Frau'n, den zwischen Mina und Mohssib uns leitenden,
Mit aufgebund'nem Haar mit keinem Staube streitenden;

Sie geh'n vorbei wie Blitz am Abend dem schon fallenden,
Sie singen Preis dem Herrn, die nach der Omra Wallenden.

Mit Fingerspitzen roth gleich Wurm im Sand gefundenen,
Durchziehen sie die Nacht mit Köpfen wohl umwundenen,

Sie theilten sich mein Herz am Tag Noman's die reizenden,
Ich sah die Herzen, die nach ihren Blicken geizenden;

Er, welcher thront im Firmament dem wohl behütheten,
Er steht zu Botha bei Lastthieren den gemietheten!

Als ich gesehen so die Schaaren die nomeirischen,
Macht' ihnen Antrag ich von meinem Nest dem bäu'rischen,

Sie nahte sich, bis dass vorbei die Schnellberittenen,
Verschleiert, stolzen Gang's die schönen wohlgelittenen,

Die Sehnsucht zog mich hin nach den von Lieb' Gepeinigten,
Die Seel' zerstückten mir die Spuren die gereinigten,

Doch ich ermahnte mich, und Ehrgefühl des Schicklichen
Wusch durch die Thränen aus die Sehnsucht des Unglücklichen.

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Mohammed en-Nomeiri: ein Gaselendichter, der zu Thaif geboren und erzogen. Er liebte Seineb, die Tochter Jusuf Ibnol Hakem's, die Schwester des Hadschadsch. Als Abdolmelik von dieser Kassidet [auf Seineb] gehört, schrieb er an Hadschadsch: Ich habe von den niederträchtigen Versen auf Seineb gehört, lass ihn laufen, denn wenn du ihn ausschiltst, machst du ihn nur verliebter, und wenn du ihn verfolgst, so gibst du ihm Recht. Nomeiri flüchtete vor Hadschadsch zu Abdolmelik. Lass' mich die Verse hören, sagte Abdolmelik, die du auf Seineb gemacht. Er begann sie; als er das Distichon gesagt:
Sie geh'n vorbei wie Blitz am Abend dem schon fallenden,
Sie singen Preis dem Herrn, die nach der Omra Wallenden.
sprach Abdolmelik: Du hast Recht, Seineb ist eine fromme, fastende Pilgerin, und als er gesagt:
Mit Fingerspitzen roth gleich Wurm im Sand gefundenen,
Durchziehen sie die Nacht mit Köpfen wohl umwundenen,
Du hast Recht, diess ist Seineb's Thun, und so durchwallen fromme moslimische Frauen die Nacht; aber wehe dir, ich sehe, der Anlauf den du nimmst, ist der eines Zweifelnden, doch will ich dir, weil dein Wort frei, Sicherheit gewähren.
Als Seineb diese und andere derlei Verse gehört, weinte sie; die Zofe fragte sie, was sie denn weinen mache? ich fürchte, dass dieser Unwissende Alles, war er von mir sagt, zuletzt selbst für Wahrheit nehme.


 

Aus: Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Erste Abtheilung
Die Zeit vor Mohammed und die ersten
drei Jahrhunderte der Hidschret
Zweiter Band
Unter der Herrschaft der Beni Omeije vom Jahre der Hidschret 40 (661)
bis 132 (750)
Wien 1851
(S. 491-492)

 

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