Koschadschim
(gest. 961)
O die du einzig in der Schönheit bist
O die du einzig in der Schönheit bist,
Du, zwischen deren Wimpern sitzt Harut!
Du, deren Hüften dünnen Wuchs erheben,
Auf deren Knöchelring die Locke ruht!
O zürne nicht dem Jüngling, der zufrieden
Mit Einem Blick von dir, als höchstem Gut,
Der das Geheimniss so bewahrt, dass er
Sich selbes zu gesteh'n nicht hat den Muth.
_____
Granatenblühfarb' ging der volle Mond
Als Sonne mir am lichten Morgen auf,
Von Dienerinnen war Sie rings umgeben,
Wie Vollmond mitten in der Sterne Lauf;
Sie ist nicht mehr gekrümmt als Bambusrohr,
Das knotenlos den Turban setzet auf,
Wie Nacht auf weissem Saffian, so ringelt
Die Locke ihrer Schläfe sich als Knauf.
_____
Eine Sclavin, wie die Sonn' am Tage,
Vollmond mitten in dem Sterngelage,
Die sich schwenket, wie das Rohr der Weide,
Welche blind ist wie die Kuh der Haide,
Die einher stolzirt in weissem Staate,
Deren Wange Blüthe der Granate,
Die mit ihrem Glanz trägt durch die Lüfte
Lebensodem und der Aloe Düfte,
Deren Hals wie and'ren Mädchens Arm,
Deren Arm ein Land bewahrt vor Harm.
Rechts und links bewunderet die Welt,
Wie sie huldvoll sich bewegt und hält;
Nimmer kann ich missen Eine Stunde,
Von Mittag bis zu des Abends Stunde.
Als sie endlich singend Abschied nahm,
In den Mund mir diese Rede kam:
Könnt' ich sie nur tausend Mal noch sehen,
Gerne litte ich noch tausend Wehen.
_____
Zauber löset sich von ihren Blicken,
Geister stürzen nieder ihrer Macht,
Morgentrunk, der reinste, ist ihr Speichel,
Aus der schwarzen Locke Moschus lacht;
Eine Sclavin, deren Schön're Niemand
Noch gesehen hat in schön'rer Tracht.
Wer noch nie gesehen hat was Perlen,
Sehe ihre Zähn' an, wenn sie lacht;
Die Verliebten stehen an in Reihen,
Wenn die Runde sie der Geister macht,
Schönheit hat den Wangen eingeschrieben,
Alles Blut vergossen unbedacht.
_____
|