Pietro Bembo (1470-1547)
italienischer Dichter
Amors Sieg
(Sonett)
Ich, der ich einst geglaubt vor vielen Jahren
Zu leben frei, mit Eis mich zu umgeben,
Daß mich zur Glut kein Feuer könn' erheben,
Ich brenne nun und ließ ins Joch mich scharen.
Allein wandr' ich, und mußte da gewahren
Ein Weib, wie nur dem Himmel konnt' entschwinden;
Ich schau', und fühl' die Waffe niederbeben,
Die mich geschützt vielleicht in den Gefahren.
In meiner Seel' entstand ein wildes Feuer,
Das sie verzehrt; von schöner Hand bezwungen
Beugt sich mein Nacken in demantner Kette.
Das, Herrscher Amor, forderst du als Steuer,
Ich klagte nicht, wenn sie, der Sieg gelungen,
Ein wenig auch der Glut und Banden hätte.
(S. 249-250)
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Sonett
An Elisabeth Gonzaga, Gemahlin des 1508 verstorbenen
Guidobalds I. v. Urbino Witwe,
als sie lange um ihre Gemahls Tod trauerte
Riphöus Haupt umfeuchtet nicht stets Regen,
Noch thürmt sich stets in Aegeus Meer die Welle;
Auch härtet Frost nicht stets des Ebro Quelle,
Noch mag den Wald der Nord stets wild durchfegen.
Ihr aber wollt stets neue Zähren hegen,
Und trübt im Naß des schönen Blickes Helle,
Es geht die Sonn' und kehrt zu ihrer Stelle,
Doch nur zum Weinen sieht sie euch sich regen.
Den ihr beweint, und den der Tod entrücket,
Er lächelt nun und spricht: "Ein besser Leben
Umfängt mich nun, als eh' mich's Grab umstricket;
Was willst du drum zu trauern stets nur streben,
O treue Gattin, da mich Freud' entzücket
Und ich in Sel'ge Scharen froh darf schweben?"
(S. 250)
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Aus: Handbuch der Geschichte der
Italiänischen Litteratur
Erläutert durch eine
Sammlung übersetzter Musterstücke
Herausgegeben von Dr. Fr. W. Genthe
Zweite Abtheilung: Die Italiänischen Dichter
Magdeburg Verlag von Ferdinand Rubach 1834
[Übersetzer sind nicht explizit genannt]