Cesare Betteloni (1808-1858)
italienischer Dichter
Wo, mein Benacus, sind die frohen Stunden,
Die du verheißen einst, die ich gedacht
In deiner Ufer Paradiesespracht
Mit ihr zu feiern, der ich treu verbunden?
Die ros'gen Gluten, wenn der Tag entschwunden,
Die Wonnen in des Ölwalds Schattennacht,
Das tiefgeheime Glück, das trunken macht
Zwei Herzen, die in Liebe sich gefunden?
Wo sind die süßen Nächte, wenn der Kahn
Die Wellen furcht, die schluchzend ihn umspielen
In des vertrauten Mondes Silberschein?
O todte Hoffnungen! Auf andrer Bahn
Fährt sie nun einsam hin, nach andern Zielen,
Und weder Roß noch Barke holt sie ein!
(S. 18)
_____
Es schwamm der Mond durch hohe Himmelsräume,
Und unser Kahn durchschnitt die stille Flut,
Die schimmernd wie gediegnes Silber ruht',
Umblitzt vom Funkelspiel der Wellenschäume.
Wie leuchtet' hell durch unsrer Wimpern Säume,
Geliebtes Herz, der Seelen tiefe Glut!
Ach, solch ein Augenblick macht Alles gut,
Und alle bittren Schmerzen scheinen Träume.
Da plötzlich wühlt empor die sanften Wogen
Ein Sturm und peitscht den See mit mächt'gen Schwingen,
Ringsum verlöschend jede Sternenspur.
Du hattst mich bebend an dein Herz gezogen,
Zusammen will der Abgrund uns verschlingen -
O Glück! - Da wacht' ich auf: - ich träumte nur!
(S. 18-19)
_____
übersetzt von Paul Heyse (1830-1914)
Aus: Paul Heyse Italienische Dichter in Übersetzungen
Lyriker und Volksgesang (darin: Italienisches Liederbuch)
Gesammelte Werke (Gesamtausgabe)
Reihe V Band 4
George Olms Verlag Hildesheim Zürich Neu York 1999
(Nachdruck der Ausgabe Berlin 1889)