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Charles Sedley (1639-1730)
englischer Dichter
Liebesnoth
Die Liebe hat noch was vom Meer,
Von ihrer Mutter Wiege:
In Zweifeln, ruhlos, treibt umher
Sie ihre Sclavenzüge.
Windstille kommt bei blauer Luft,
Und Sturm in trüben Tagen,
Und die der Blitz nicht bringt zur Gruft,
Vergiftet kalt Versagen.
Oft glaubt man sich im Hafen schon,
Doch böse Winde jagen
Das Schifflein, und mit Spott und Hohn
Wird es ins Meer verschlagen.
Erst schreckt Verachtung ab und Stolz,
Und mußten die erliegen,
Wird Eifersucht zum Marterholz,
Und Nebenbuhler siegen.
Und will nach manchem Widerstreit
Gemach die Freude kommen,
Wird, was man uns in Summa beut,
Am Ende wenig frommen.
Das Leid verlängern, grausam ist's;
Und, kargst mit Liebesgaben
Du zaudernd, Mägdlein, so verdrießt's,
Glaub mir, den Flügelknaben.
Nicht, wenn Millionen Eid' ich schwör',
Wird deine Furcht vertrieben;
Und schau' ich tausend Jahr' noch her,
Ich kann nicht inn'ger lieben.
(S. 257-259)
Übersetzt von Otto Leonhard Heubner (1812-1893)
Aus: Englische Dichter Eine Auswahl englischer Dichtungen
mit deutscher Übersetzung
von O. L. H ...r [Otto Leonhard Heubner]
Leipzig Verlag von Georg Wigand 1856
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