Frans Jozef De Cort (1834-1878)
niederländischer Dichter
Die Blume des Festes
Was war sie schön, wenn sie das Ballkleid schmückte,
Das liebe Mädchen, aller Augen Lust!
Ihr blaues Aug', woraus die Unschuld blickte,
Entzündete zur Liebe jede Brust.
Sie lächelte auf hoher Kinder Weise,
Die Wangen sah in Rosenglut man steh'n;
Wenn sie erschien, rief jeder Jüngling leise:
Was ist sie schön! o Gott, was ist sie schön!
Wie um die Blumen bunte Falter schweben,
So drängen sich die Jünglinge zu ihr,
Ein Jeder will die Hand zum Tanz ihr geben
Und fleht auf Knie um einen Blick von ihr.
Wohin sie tritt, rauscht Jubel ihr entgegen,
Und, blühend gleich der Rose anzuseh'n,
Hört sie entzückte Stimmen allerwegen:
Was ist sie schön! o Gott, was ist sie schön!
Die Frühlingssonne webte achtzehn Male
Ihr Zauberlicht um's liebe Köpfchen her,
Jetzt trifft sie auf ein Grab mit ihrem Strahle,
Des Festes Blume, ach, sie ist nicht mehr.
Als sie der Todesengel in den Himmel
Getragen, zu den ewig gold'nen Höh'n,
Da klang es durch das helle Lichtgewimmel:
Was ist sie schön, o Gott, was ist sie schön!
(S. 171-172)
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Bei dem Gang durch's Abenddüster
S'Sönnchen sagte guten Abend
Eh' es himmelabwärts fuhr,
S'Möndchen glänzte herzelabend,
Neune schlug des Thurmes Uhr.
Und ich sah das hübsche Käthchen,
Rosenfrisch, das liebe Mädchen
Mit dem Peter der Frau Trud!
Was der Bursche da geflüstert
Bei dem Gang durch's Abenddüster,
Das entsinn' ich mich gar gut.
"Liebste", sprach der Bursche kosend,
"Meiner Seele Schatz bist Du!"
Und ihr Köpfchen hing das Mädchen,
Aber sagte Nichts dazu.
"Warum lässest Du mich fragen,
Sonder Antwort mir zu sagen?
Zweifeln ist wie Höllenglut!"
Was sie darauf halb geflüstert
Bei dem Gang durch's Abenddüster,
Das entsinn' ich mich gar gut.
Und sie zogen flüsternd weiter,
Mancher Seufzer ward gehört,
Viele Liebesküßchen wurden
Ausgetauschet ungestört.
Aber wie es noch geendet,
Und wohin sie sich gewendet -
Niemand schlich sich hinterher,
Und was weiter sie geflüstert
Bei dem Gang durch's Abenddüster,
Das entsinn' ich mich nicht mehr.
(S. 172-173)
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Ich lieb' dich noch
Ich kam, um Gnade dich zu fleh'n,
Um dich zu seh'n - ich sah dich wieder,
Doch du, du schlugst die Augen nieder,
Und bleich und sprachlos blieb ich steh'n.
Kein Blick, kein Roth auf deinen Wangen,
Kein Wort - dein Herz blieb kalt und stumm,
Ich bebt' und glühte vor Verlangen,
Du gingst vorbei, sahst nicht dich um -
Willst du, Kind, mir wiedergeben,
Was ich unverdient verlor,
Nimm zum Tausch mein ganzes Leben,
Nur sei hold mir wie zuvor.
Ich lieb' dich noch, wenn gleich den Eid
Du brachest, den du mir geschworen;
Hast das Gedächtniß du verloren,
Bei mir ist's wie zu alter Zeit.
Ich wollte meinerseits dich lassen
Und, dir entflohen, glücklich sein,
Ich wollte dich vergessen, hassen,
Doch ach, mein Herz, das sagte: Nein!
Willst du, Kind, mir wiedergeben,
Was ich unverdient verlor,
Nimm zum Tausch mein ganzes Leben,
Nur sei hold mir wie zuvor.
Ja, ohne Frucht hab' ich gestrebt,
Aus meiner Brust dich zu vertreiben,
Mein Ideal wirst stets du bleiben,
Auch wenn mir keine Hoffnung lebt.
Und drückten gleich die schönsten Frauen
An Brust und Lippen mich voll Glut,
Ich stände kalt sie anzuschauen,
Und brennte noch so heiß mein Blut.
Willst du, Kind, mir wiedergeben,
Was ich unverdient verlor,
Nimm zum Tausch mein ganzes Leben,
Nur sei hold mir wie zuvor.
O nur noch ein Mal heiße mein,
O nur noch ein Mal laß dich küssen!
Und solltest du gleich lügen müssen,
Sprich doch: ich werde glücklich sein.
Sag', daß du Alles willst vergessen,
Und auf den Knieen dank' ich dir,
Und einst vielleicht - wer kann's ermessen -
Kommt auch dein Herz zurück zu mir.
(S. 174-175)
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übersetzt von Ida von Düringsfeld (1815-1876)
Aus: Von der Schelde bis zur Maas
Das geistige Leben der Vlamingen
seit dem Wiederaufblühen der Literatur
Biographien, Bibliographien und Proben
von Ida von Düringsfeld (Erster Band)
Leipzig Ad. Lehmann Brüssel Fr. Claassen 1861