Georg Eristawi (1811-1864)
georgischer Dichter
An Sophie
Ich sah dich, wie du gestern Abend
Dich an der Pracht des Frühlings labend
Zum schönen Himmel aufgeschaut,
Doch weisst du auch, dass alle Sterne,
Die dich erblickten aus der Ferne,
Erblasst nun sind und schier ergraut?
Ja, heute klagten sie's der Sonne,
Es sei ein Stern voll Reiz und Wonne
Neu aufgetaucht im Erdenreich
Und wenn er weiter sollte blinken,
So müssten sie in Nacht versinken,
Da ihm an Zauber keiner gleich.
Hierauf die Sonne sprach mit Trauer:
Die ganze Welt ist heute grauer,
Auch ich bin ohne allen Glanz.
Der Stern, der euch bei Nacht verdunkelt,
Bei Tage fast noch heller funkelt
Und so steh' ich im Schatten ganz.
(S. 110-111)
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übersetzt von Arthur
Leist (1852-1927)
Aus: Georgische Dichter
übersetzt von Arthur Leist
Neue, vielfach vermehrte Ausgabe
Dresden und Leipzig
E. Pierson's Verlag 1900