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Gutierre de Cetina
(1520-1557)
spanischer Dichter
Madrigal
Ihr Augen, klar und heiter,
Wenn Lob man eurem süssen Blicke spendet,
Was zürnet ihr, wenn ihr auf mich euch wendet?
Wenn Jeder, der euch siehet,
Je sanfter ihr, als schöner euch wird loben,
Warum muss ich nur euren Zorn erproben?
Ihr Augen, klar und heiter,
Blickt, wenn auch zürnend, blicket auf mich weiter!
(S. 102)
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Madrigal
Dass Eure Hand bedecken
- Sie gab mir Tod - die schönen Augen wollte,
War blosse List, die sollte
Mir - wie Euch dünkte - Doppelqual erwecken.
Allein mich hat mit Wonne
Mehr, als mit Schmerzen, diese List erfüllet,
Da, sehn wir ihn verhüllet,
Viel schöner ja der hohe Glanz der Sonne.
Weil Eure Absicht Ihr denn nicht erreichtet,
Der Augen Himmelsstrahl mir zu verhehlen,
Will ich auf Euch nicht schmälen;
Denn schöner die verdeckten Ihr ja zeigtet.
(S. 103)
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Anakreontisches Liedchen
An Dorida
Mit Deinem blonden Haare,
Dorida, meine Strenge!
Hat Amor seinen Bogen,
Den mördrischen, besennet.
Jetzt hüte Dich, so rief er -
Mit meiner Macht zu scherzen!
Und, einen Pfeil ergreifend,
Wollt' er auf mich ihn senden.
Den Bogen weg, o Knabe,
Den Pfeil! ich ihm entgegnet;
Wer könnte diesem neuen
Geschosse widerstehen?
(S. 104)
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Übersetzt von Friedrich
Wilhelm Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen
spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
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