Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik

 


Pal (Paul) Guylai (1826-1909)
ungarischer Dichter



Als sie schied

Die Stunde war so kurz, doch schwer
Der letzte Augenblick, der traute;
Dein weißes Tuch seh' ich nicht mehr,
Wie könnt' ich hören deine Laute?
Wind, Schiff und Welle sputen sich,
Und jetzt, da ich allein geblieben,
Erst fühl' ich, daß ich liebe dich,
Und daß unendlich sei mein Lieben!

Den Wohlgeruch von deinem Haar
Verträgt der Wind nach allen Wegen,
Und aus den Wellen strahlt dir klar
Dein Auge, dein Gesicht entgegen.
Ach wär' mein Herz ein Westwind doch,
Mein Arm gleich Wellen, brausend immer,
Dich trüg' ich weit, stets weiter noch,
Getreu und stolz, zu fesseln nimmer!

Bang sucht mein Herz dich allerwärts,
Nie wirst vielleicht du mehr erscheinen;
Sprich, mußt' ich schließen dich ins Herz,
Nur um mich blind um dich zu weinen!
Doch ob du kehrst, ob scheidend mich
Du hast zum Schwanensang getrieben,
Jetzt fühl' ich, daß ich liebe dich,
Und daß unendlich sei mein Lieben!

Der Strahl der Morgensonne blinkt
Von deinen Segeln, treulos fliehend;
Nur eine dunkle Stelle winkt
Noch aus der Strömung, rastlos ziehend.
Ach, wäre meine Seele doch
Die Sonne und mein Blick ihr Schimmer,
Dir folgt' ich weit, stets weiter noch,
Getreu und stolz, zu fesseln nimmer!


Aus: Klänge aus dem Osten.
Ungarische Dichtungen frei übersetzt von
Demeter Dudumi [1855]
Zweite Auflage Pesth Verlag von H. Geibel 1855 (S. 37-39)
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An Emilie

Ich würde Dich Blume nennen,
Dem jungen Lenz entsprossen,
Vom Morgenroth mit Weiße
Des Schnees übergossen;
Doch eine Blume fühlt nicht . . .
Magst mir drum Blume nicht sein,
Bleib' nur ein liebes Mädchen
Und's treue Liebchen mein.

Auch könnte ich Stern Dich nennen,
Der hell des Abends flimmert,
Bewachend süße Träume
Und Herzensräthsel, schimmert.
Doch kalt ist Sternenflimmer . . . .
Magst mir drum Stern nicht sein,
Bleib' nur ein liebes Mädchen
Und's treue Liebchen mein.

Könnt' Morgenroth Dich nennen,
Bei dessen Früherscheinen
In Wollust Erd' und Himmel,
Durch Thränen lächelnd, weinen.
Doch frühroth ist so flüchtig . . .
Sei drum kein Morgenschein,
Bleib' nur das liebe Mädchen
Und's treue Liebchen mein.

Wohl, oder sei eine Blume,
An meiner Brust erblühend,
Sei Stern, in meines Unglücks
Nächtlichem Dunkel glühend;
Und Morgenroth, mich letzend
Mit Freudenthau so rein:
O, sei in großer Welt denn
Mein Alles Du allein.

Aus: Album hundert ungrischer Dichter
In eignen und fremden Übersetzungen herausgegeben durch
Karl Maria Kertbeny [1824-1882]
Zweite Auflage Dresden Pest Robert Schaefer Hermann Geibel 1854 (S. 289-290)

[Übersetzer nicht explizit genannt]
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