Carsten Hauch (1790-1872)
dänischer Dichter
Die Geliebte
Die weißesten Perlen weiß ich zerstreut
Im Meer, wo die Wogen wallen,
Den Schatz, den du suchst, ich beschreib ihn dir heut',
Der ist doch der beste von allen.
Zuerst muß sie haben den lieblichsten Fuß,
Um den Rocken so sittig zu treten,
Treu muß ihr Muth sein und herzig ihr Gruß,
Sie muß theilen mein Jauchzen und Beten.
Eine Brust muß sie haben so voll und so warm!
Zwei Arme von lieblichem Runde!
Eine Zunge wie Gold, so ächt, ohne Harm,
Stumm und redend zu rechter Stunde!
Sie muß flechten auch klug der Gedanken Netz
Und ihr Lächeln zeug' von Verstande,
Daß an ihrem Gange mein Auge sich letz'
Sei er leicht, wie die Wellchen am Strande.
Ihr Auge muß gleiten so sanft durch den Raum,
Wie das Mondlicht mit sinnigem Schimmer,
Und ihr Herz muß träumen manch' süßen Traum,
Doch sagt ihn die Lippe nicht immer!
Die Nachtigall in dem grünen Hain
Vertraute mir, wo sie verborgen,
Ich hörte es sinnend beim Sternenschein,
Doch - vergessen hatt' ich's am Morgen.
übersetzt von Edmund Lobedanz (1820-1882)
Aus: Album Nordgermanischer Dichtung
von Edmund Lobedanz
Erster Band: Album Dänisch-Norwegischer Dichtung
Leipzig 1868 Verlag von Albert Fritsch
(S. 98-99)
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