Jan Huskowski (1883-nach 1913)
polnischer Dichter
Im gelblichen Scheine
Im gelblichen Scheine der Straßenlaterne
Bemerkte ich dich - deinen hungernden Blick . . .
Du locktest mit künstlicher, üppiger Schönheit
In schamloser, schändlicher Demut das Glück.
Und ringsum wars stille und dunkel und öde,
Und grau lag ob allem ein nebliger Schein,
Dein Blick barg ein stummes und niedriges Flehen . . .
Und ich ging mit dir . . . um nicht einsam zu sein . . .
Doch als ich dir sah in die glanzlosen Augen
Und sinnlich berauscht an mich dich gedrückt,
Empfand ich das wortlose Weh deiner Seele,
Das ohne dein Wissen die Brust dir bedrückt.
Ich nannte im Stillen dich nun meine Schwester
Und fühlte, wie nah - wie nah ich dir steh . . .
Ich teilte mit dir deine käufliche Schande,
Dein böses und sündiges Tun und dein Weh . . .
Und als ich dir später das Geld hab gegeben
Als Lohn für die Liebe, mit Dank nahmst es hin
Und kehrtest zurück zu deiner Laterne,
Nicht ahnend, daß ich wie ein Bruder dir bin . . .
übersetzt von Lorenz
Scherlag (1881-1941)
Aus: Moderne polnische Lyrik
Eine Anthologie deutscher Übertragungen
Herausgegeben von Lorenz Scherlag
Amalthea Verlag Zürich Leipzig Wien 1923 (S. 36-37)
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