Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik

 


Karoly Kisfaludy (1788-1830)
ungarischer Dichter


Die Macht des Blickes

Wenn mich ein Blick aus deinem Aug' erfreut,
Fühl' ich in Wonnen aufgelöst mein Leben;
Und beb' ich auch, wird Weihrauch dir gestreut
Von einem Andern, der sein Herz dir weiht;
Wenn mich ein Blick aus deinem Aug' erfreut,
Fühl' ich vertrauend meine Brust sich heben:
Der Himmel ist's, der Seligkeit mir beut.
So fühl' ich, Überglücklicher, kein Leid,
Wenn mich ein Blick aus deinem Aug' erfreut;
Ich fühl' in Wonnen aufgelöst mein Leben.

Übersetzt von Johann Graf Mailath (1786-1855)

Aus: Blumenlese aus ungrischen Dichtern
in Übersetzungen von Gruber, Graf Mailath, Paziazi,
Petz, Graf Franz Teleki d. Jüng., Tretter u.a.
Gesammelt und mit einer einleitenden Geschichte
der ungrischen Poesie begleitet von Franz Toldy
Pesth und Wien 1828 (S. 93)
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Lieder im Volkston

I.
Ist auch arm mein Schatz noch, - dennoch
Lieb' ich ihn wie keinen Reichen.
Viele Bursche sind im Dorfe,
Doch dem Pal nicht zu vergleichen.

Meine süße Mutter zürnet,
Daß so laut mein Liebster knallet
Früh am Morgen vor dem Hause,
Wenn er mit den Schaafen wallet.

Knalle nicht, mein guter Täuber,
Hast die Träume mir zerrissen;
Gut ist's, kann ich wach Dich sehen,
Doch im Traum kann ich Dich küssen.

Frischen Strauß hab' ich gebunden,
Brauner Bursch, will Dir ihn geben,
Steck ihn auf den breiten Hut Dir,
Denke meiner auch daneben.

Nimm hervor die kleine Flöte,
Spiel darauf ein Liedchen trübe,
Fangen werden es die Winde
Und es bringen Deiner Liebe.

Und ich sing', im Garten grabend,
Dann erwiedernd frohen Muthes;
Singe, daß Du bleibst mein Liebster
Bis zum letzten Tropfen Blutes.
(S. 78-79)


II.
Nimm die Sichel, Schatz, zum Schnitte
Eil' mit mir in schnellem Schritte;
Willst Du mir zur Seite stehen,
Wird die Arbeit rascher gehen.

Singe, Schatz! in Deinem Liede
Glüht, wie uns im Herzen, Liebe,
Schön klingt's Lied von Liebesschmerzen,
Ist's auch trüb, dringt's doch zum Herzen.

Sollst um's Haupt ein Tuch Dir winden,
Doch das Antlitz nicht verbinden,
Denn das ist mein Blumengarten,
Drinnen mein viel Freuden warten.

Mittags brennt die Sonne schwüle,
Leg' Dich hier drum in die Kühle
Auf den Szür her unterdessen,
Bis die Mutter bringt das Essen.

Erst will ich zum Quell noch springen,
Einen frischen Trunk Dir bringen,
Wirst Du mir ein Küßchen geben,
Geb' ich drei zum Dank daneben.

Mäh'n wir, bis die Sonne sinket
Und uns süßer Schlummer winket;
Wird mir Gott so Brot bescheeren,
Will ich Dich zum Weib begehren.
(S. 79-80)


III.
Schon schwindet die Sommerhitze,
Die Meise vom Gartensitze;
Scharf bläst schon der Wind auf der Halde,
Der Wolf auch, er schleicht schon im Walde.

O Wind, Du magst blasen noch grimmer,
Mein Täuber, der fürchtet Dich nimmer;
Auf nimmt er die Suba zur Stelle,
Auf sucht er sein Liebchen gar schnelle.

Und kommet mein Täuber gegangen,
Pocht's Herz mir, es glühn mir die Wangen,
Die Spindel, sie bleibt mir gleich stecken,
Der Faden, er reißt mir vor Schrecken.

Und sitzt er hier, zärtlichen Triebes,
Was sieht aus dem Aug' ihm nicht Liebes!
Ihr Augen, schön bräunliche Augen,
Ich kann ja nur Wonn' aus Euch saugen.

Das Lämpchen schläft ein, dann zu nippen
Schleicht leis' er sich mir an die Lippen;
Er küßt mich, - ich zürn' ob dem Glück
Und gebe den Kuß ihm zurück.
(S. 80-81)


IV.
(In den Volksmund übergegangen)
Hej! Du Veilchen, schönes Veilchen,
Niemals willst auf mich Du sehen?
Könntest doch in meinen Augen
Deines Herzens Bild erspähen.

Streif' zurück die braunen Haare,
Will in's Angesicht Dir schauen!
Schau es wohl zum letzten Male,
Da mir bald das Grab wird grauen.

Wär' ich eine rothe Rose,
Welkte ich in Deinem Schooße,
Aber Deines Herzens Härte
Machte mich zur weißen Rose.

Geh hinaus nicht auf die Wiese,
Wo ich weinend heut gesessen;
Von dem Thaue meiner Augen
Würd'st Du Dir die Füße nässen.

Gott mit Dir, Du süßes Schätzchen,
Kann mir ferner nimmer rathen;
Werber sind im Dorfe unten,
Gleich geht's unter die Soldaten.
(S. 81-82)


V.
(In den Volksmund übergegangen)
Gestern flogen zwei Tauben fein
In der Nachbarin Hof hinein;
Wenn mir's aber den Kopf auch bricht:
Welche schöner? ich weiß es nicht.

Frisch ist eine, wie's Fischlein klein,
Wie das Frühroth ihr Wängelein;
Gar kein Wunder, zwei Sonnen glühn
Ihr in den Augen ja und sprühn.

Tag's ist nachtschwarz ihr Haar ja schier,
Rosen blühen um's Mündchen ihr,
Wenn zu Küssen entbrennen die:
Machen Gift selbst zu Honig sie.

Schön ist die zweite wie ein Schwan,
Schwimmt er dahin auf glatter Bahn;
Wie die Kornblum' in grüner Au'
Ist ihr Auge so himmelblau.

Auf dem Antlitz voll Lilienschein,
Auf dem Mündchen voll Perlenreih'n
Spielet die Freude im Liebesscherz,
Fliegt von dort in des Schauers Herz.

Heija! flögen sie nur hieher!
Jene Blonde, die liebt' ich sehr;
Doch die Braune auch brächt' mir Lust,
Läg' gleich gerne an ihrer Brust.
(S. 82-83)

Aus: Album hundert ungrischer Dichter
In eignen und fremden Übersetzungen herausgegeben durch
Karl Maria Kertbeny [1824-1882]
Zweite Auflage Dresden Pest Robert Schaefer Hermann Geibel 1854

[Übersetzer nicht explizit genannt]
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Liebesreichthum

War einst auch ein armer Schlucker,
Eh' ich Lieb' gekannt,
Aber reich bin ich, seitdem mich
Ihre Fessel band.

Fehlt's an Geld - schau' Ihr in's Antlitz,
Wo ein Schatz mir winkt,
Euer spott' ich, Noth und Sorgen,
Wenn Sie mich umschlingt.

Lieblich tönt der Sang der Lerche
Bei des Lenzes Weh'n,
Aber süsser singt mein Liebchen
Bei der Spindel Dreh'n.

Wie so schön ihr Wuchs, ihr Antlitz -
Aber still, mein Lied,
Sonst gefiel' sie wohl auch Andern,
Welches Gott verhüt'!

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 38)

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An der Donau

An der tiefen Donau Strand
Seufzt ein Jüngling, schmerzgebannt;
Nur hinüber steht sein Sinn,
Aber ach! er kann nicht hin.

"Warum zog ich über'n Fluss
Nach des falschen Glückes Gruss?
Arm, so wie ich drüben war,
Bin ich ja noch immerdar!"

"Aber drüben harret mein
Ach! ein schönes Mägdelein;
Steht, wie ich, am Ufersrand,
Seufzt und weint und ringt die Hand."

"Wäre doch ein Nachen hier,
O, wie schnell flög' ich zu ihr!
Wär' ich doch die Flut! Mit Lust
Kos'te ich an Liebchens Brust."

Doch nicht jetzt, nicht später fand
Sich ein Schiff am Donaustrand;
Aus den Beiden ward kein Paar,
Weil zu arm ein Jedes war.


übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 38-39)

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Am Plattensee

Weithin glänzt der Balaton,
Winkt mir, und ich komme schon.
Ach! ich weiss, woher der Schein;
Mein süss Liebchen sah hinein.

Blicke, Liebchen, auch auf mich!
Auch mein Herz erhelle sich;
Gleicht es doch der Wogenbahn,
Aufgewühlt durch den Orkan.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 39)

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Die Sternlein

Ei, ihr gold'nen Sternelein!
Könnt' ich da, wo ihr seid, sein,
Wollt' ich in kein Wasser, traun,
Nur in Liebchens Auge schau'n.

Ei, ihr gold'nen Sternelein!
Seht so weit und seht so fein;
Sagt mir, ist es euch bewusst,
Ruht sie bald an meiner Brust?

Ei, ihr gold'nen Sternelein!
Naht sie, glänzt mit hell'rem Schein,
Doch wenn sie nach Andern blickt,
Dann verlöscht, dass sie erschrickt.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 40)

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An der Theiss

Am Strand der Theiss, bekränzt vom Hain,
Späh' ich nach meinem Liebchen fein.
O Theiss, o Theiss, sag' an, sag' an!
Wo ich die Holde finden kann?

O Theiss! du ziehst so froh dahin,
Gewiss hat sie gebadet d'rin;
Seit sie in deinen Wellen stand,
Hat sich dein Braun in Weiss gewandt.

So sag' mir denn, wo jetzt sie weilt?
Ob wohl mein Arm sie bald ereilt?
Ob ihre Brust ein Seufzer dehnt,
Ob sie zurück nach mir sich sehnt? -

Doch, neid'scher Fluss! du sprichst kein Wort;
Stumm fliesst du zwischen Inseln fort,
Zur wüsten Insel ward auch ich:
Die Flut des Grams umrauschet mich.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 40-41)

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Getäuschte Hoffnung

Knospe blüht zur Blume auf,
's gab mein Schatz die Hand mir d'rauf,
Dass zu Ross, gar bunt verziert,
Nach der Les' er heim mich führt.

Nun, gekeltert steht der Wein,
Und die Mädchen spotten mein;
Hatt' 'nen schmucken Liebsten, doch
Immer fehlt die Haube noch!

Längst im Laub die Elster pfeift,
Oft mein Blick durch's Fenster schweift:
Ob denn noch der ferne Freund
Zu der Hochzeit nicht erscheint.

Aber ach! die Zeit vergeht,
Und umsonst mein Auge späht,
D'rum, was auch ihr Mund verspricht,
Mädchen, traut den Männern nicht!

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 41)

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Zur Ernte

Nimm die Sichel sonder Weilen,
Schätzchen, lass zum Schnitt uns eilen!
Kann den Kopf nach dir ich wenden,
Geht die Arbeit flink von Händen.

Sing' eins, Liebchen! Herz und Lieder
Tönen ja von Liebe wieder;
Liebeslied, ob auch voll Schmerzen,
Klingt so süss und dringt zu Herzen.

Willst um's Haupt ein Tuch dir winden,
Musst dein Antlitz nicht verbinden,
Denn das ist mein Blumengarten,
Wo mich Freud' und Lust erwarten.

Bei des Mittags Sommerschwüle
Lag're, Schätzchen, dich in's Kühle
Zu den Kreuzen, unterdessen
Kommt die Mutter mit dem Essen.

Ich indess zum Brunnen springe,
Einen frischen Trunk dir bringe;
Sollst mit süssem Kuss mich laben,
Und zum Dank drei andre haben.

Dann geht's wieder frisch an's Schneiden,
Bis der Abend winkt zum Scheiden;
So wird Gott uns Brot bescheeren,
Dass wir bald uns ganz gehören.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 41-42)

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Am Bache

Munter rauscht der Bach im Hain,
Liebchen, ach! schau' nicht hinein;
Fällt dein Blick auf seine Flut,
Ist's gescheh'n um seinen Muth.
Ihm ergeht's, wie mir, er zieht
Klagend durch das Waldgebiet.
Klagend, mit gebroch'nem Sinn,
Zieh'n auch meine Tage hin.

Viel sind Bakony's Bäume - weit
Mehr der Thränen weint' ich heut'.
Darum ist der Wald so grün:
Meine Thränen nässten ihn.
Aber - sterb' ich nun vor Schmerz,
Weinst auch du - mir sagt's mein Herz -
Doch säh'st jetzt du hold mich an,
Thät'st du ungleich besser d'ran.


übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 42-43)

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Warnung

Endlos ist der Donau Flut,
Seid vor Mädchen auf der Hut!
Sonst wird Jene früher leer,
Als Ihr bannt der Sorgen Heer.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 43)

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Liebchens Garten

Könnt' als Bach ich mich ergiessen:
Müsst' in Liebchens Garten fliessen,
Dass, nach Sommertages Schwüle,
Meine Flut als Bad sie kühle.

Könnt' als Baum ich mich erhöhen:
Müsst' in Liebchens Garten stehen,
Dass mein Laub vor Sonnenhitze
Ihre zarten Wangen schütze.

Könnt' als duft'ge Blum' ich glühen,
Müsst' in Liebchens Garten blühen,
Dass sie heitern Muths mich pflücke,
An des Busens Schnee erquicke.

Könnt' als West ich mich erheben:
Müsst' in Liebchens Garten schweben,
Würd' im Schlaf von ihren Lippen
Tausend süsse Küsse nippen.

Könnt' als Nachtigall ich singen:
Müsst' in Liebchens Garten dringen,
Dass, gerührt durch meine Treue,
Sie zuletzt ihr Herz mir weihe.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 43-44)

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Verschmähte Liebe

O Liebchen! süsses Liebchen, du!
Was kehrst du mir dich nimmer zu?
Und fändest doch, säh'st du mich an,
Im Aug' ein Herz, dir zugethan.

Streich' weg dein dunkles Lockenhaar,
Dass ich dein Antlitz schaue klar;
Dass ich es schau' zum letztenmal,
Denn bald verzehrt mich meine Qual.

Könnt' ich als rothe Rose glüh'n,
Würd' ich an deiner Brust verblüh'n;
Doch hätt' dein Herz, das meiner lacht,
Zur weissen Ros' mich längst gemacht.

Geh' nicht hinaus in's grüne Gras,
Es ist von meinen Thränen nass,
Dort würden dir nur gar zu leicht
Von Gramesthau die Füsse feucht.

Leb' wohl, leb' wohl, du süsses Herz!
Nicht länger trag' ich meinen Schmerz:
Hörst du Musik dem Dorfe nah'n?
Dort werb' ich als Soldat mich an.

übersetzt von Gustav Steinacker (1809-1877)

Aus: Ungarische Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit (die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874 (S. 44)

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