Endre Kunoss
(Andreas Kunosch) (1810-1843)
ungarischer Dichter
Liebeslied
Kaum erst erscheinst Du
Und lachst auf mich,
Machst Du bereit schon
Zum Abschied Dich.
O komm' doch endlich
Auf ewig her,
Der Sonn'strahl scheuche
Dich nimmermehr.
Du batest im Dunkel
Der stillen Nacht
Mög' ich nicht träumen,
Mög' halten Wacht.
Ich wach', wenn Du mir
Ein Küßchen giebst,
Mir treu willst bleiben,
Mich nicht betrübst.
Schon ist zur Ruhe
Die späh'nde Welt,
Ringsum die Stille
Jetzt Wache hält;
Nur noch ein Zeuge,
Mein Seufzer wacht,
Sei denn zur Ruhe
Auch er gebracht.
Drum eil' in Arm mir,
Eil' gleich dem Blitz,
Daß ich nicht wachend
Die Nacht hier sitz',
Auf Deinen Fußtritt
Stets lauschend bang,
Nach Dir mich sehnend
Vergeblich lang.
Der Stern auch harrt nur,
Bis daß es Nacht,
Dann längs dem Himmel
Hinschleicht er sacht,
Um - wenn nicht Sünde
Die Mähr so schön -
Rasch zu der Liebe
Besuch zu geh'n.
Aus: Album hundert ungrischer
Dichter
In eignen und fremden Übersetzungen herausgegeben durch
Karl Maria Kertbeny [1824-1882]
Zweite Auflage Dresden Pest Robert Schaefer Hermann Geibel 1854 (S.
129-130)
[Übersetzer nicht
explizit genannt]
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