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Juan Melendez Valdes
(1754-1817)
spanischer Dichter
Sonett
Auf, meine Hirtinn, deine Hütte meide!
Enteil' ihr, du, mein Ruhm, mein süsses Leben!
O komm! der Osten sah den Tag sich heben,
Und golden schimmert schon die Bergesweide.
Komm, bring mit deiner Gegenwart die Freude
Dem armen Herzen, innig dir ergeben!
Du säumst? ach, und in Ängsten muss ich schweben;
O Herrinn, komm, und wehre meinem Leide!
Sieh! tausend Blumen, sich zum Kranz verschlingend,
Und eine duft'ge Ros' ich für dich habe;
O, Phyllis eil', den Schritt hieher zu wenden!
Dir schenk' ich, tausend art'ge Liedchen singend,
Dir schenk' ich sie, mein Schatz! Als Gegengabe
Sollst du mir, Kind! ein süsses Küsschen spenden.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 447)
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Sonett
Wie sich auf Blumenbeeten wohl im Kreise
Die munt're Bien' um tausend Rosen schwinget,
Bis ihr's, die schönsten auszuspähn, gelinget,
Und mit dem zarten Rüssel summet leise;
Doch fand sie die, in sanfter Flugesweise
Sogleich sich senkt, die leichten Flügel ringet,
Und in den Kelch der duft'gen Blätter dringet,
Sich labend an der würzig süssen Speise:
So schweift' in sel'ger Unruh durch die Lande,
Um dich, geliebtes Wesen zu erspähen,
Ich, sinnend, noch der Liebe nicht vereidet.
Dich fand ich und erlag. Mein Herz, in Brande
Durch deinen Reiz, fühlt Wonne, dich zu sehen,
Die deiner Augen Himmel ihm beneidet.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 449)
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Anacreontische Ode
Die Turteltaube
O süsses Turteltäubchen,
Belästige nicht länger
Mit deiner Schmerzesklage
Das stille Waldgehege!
Lass ab vom trüben Girren!
Nicht mehr zum Himmel richte
Den Blick voll Grams, noch ängstlich
Die andern Vögel meide!
Was nutzen, ach! die Klagen?
Horcht in des Todes finstrer
Behausung auf dieselben
Dir etwa dein Gebieter?
Willst du damit ihm schmeicheln?
Und kümmern sich um Thränen
Die Armen, die gebettet
Im kühlen Erdenschoosse?
Ach, nein; denn wo die Parze
Nach strengem Spruch sie hütet,
Dahin gelangt kein Seufzen,
Durchhall's auch weit die Lüfte.
Dein Klagen ist vergeblich.
Wohin eilst du, Betrübte?
Was suchest du die Schatten,
Dem heitern Licht entfliehend?
Lass ab, lass ab vom Harme!
Und deinen Witwenthränen
Lass folgen nun aufs neue
Der süssen Liebe Freuden.
Entwölke deine Äuglein!
Das schöne Hälschen putze,
Und sorglich dein Gefieder,
Beachte, das versäumte!
Dann sieh, wie dir im Busen
Umschafft ihr süsses Feuer
In Lachen und Vergnügen
Das Weinen und die Trauer.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 450-451)
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Anacreontische Ode
Die Turteltaube
Woher nur deine Klagen,
Empfindsam Turteltäubchen?
Weinst du verlornem Glücke?
Seufzst du in zarter Liebe?
In Lieb', in Liebe brennst du;
Dein spröder Starrsinn beugte
Sich endlich: deine Augen
Sie zeigen's, die Verräther!
Wie glänzen sie! wie kreisen
So schnell die Stern' in ihnen!
Wie zärtlich, wie voll Liebe
Zum neuen Herrn sie blicken!
Ihr Rollen scheint zu sagen:
Jetzt ist der Zorn vorüber,
Komm, und empfah zum Lohne
Nun tausend Wonnefreuden.
Er naht; und schwirrt und schwirret
Um dich herum der Blöde,
Und girrend er sich dränget
Ganz dicht an deine Seite.
O hochbeglückte Taube!
Wo fliegst du hin? Verweigerst
Die Gunst du? Soll dein Fliehen
Den Buhlen mehr befeuern?
Nun sitzest du; erwiederst
Das Girren; lockst verliebt ihn,
Und nun, um ihn zu küssen,
Das Schnäbelchen du neigest.
Dein bunt Gefieder sträubt sich,
Und blitzt im Sonnenscheine;
Die Flügelchen sich heben;
Du schüttelst dich und seufzest.
Heil dir, Heil deinem Buhlen!
Und dieser Blüthenhecke,
Die euch zu süsser Ruhe
Ein weiches Lager bietet!
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 452-453)
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Die Blume Zurguen's
Liedchen
Weilt, ihr Lüftchen, schwärmet
Unstätt nicht umher,
Denn in süssem Schlummer
Ruht mein Liebchen, seht!
Weilet, und aus Rosen
Einen Himmel webt,
Schützend vor der Sonne
Die Blume Zurguen's,
O verweilt, ihr Lüftchen,
Weilt, um sie zu sehn,
Die des Liebeblinden
Lied euch oft genennt!
Die betrübt durch ihre
Grausamkeit mein Herz,
Sie, der Ruhm des Tormes,
Die Blume Zurguen's.
Sternlein ihre Augen,
Eine Nelk' ihr Mund,
Rosen ihre Wangen
Und ihr Haar das Netz,
Darin tausend Herzen
Schlau die Liebe fängt,
Lässt im Wind es spielen
Die Blume Zurguen's.
Flieget in die Thäler,
Reinsten Balsam, den
Blumen dort verhauchen,
Führt ihn eilends her!
Sehet, Zephyretten,
Wie mit Wollust dann
Athmet seine Düfte
Die Blume Zurguen's.
Weht empor die Hülle,
Die zu schaun mir wehrt,
Wie ihr Busen wechselnd
Senket sich und hebt!
Ihr schneeweisser Busen,
Darin mir zum Schmerz,
Birgt so vielen Kaltsinn
Die Blume Zurguen's.
Ach, du reiner Busen,
Wer von seinem Weh
Fänd' ein einzigmal dich
Mitleidsvoll bewegt!
Aber ach! vergebens
Dies mein Wunsch ersehnt;
Denn so schön als spröd' ist
Die Blume Zurguen's.
Bitt' ich sie - die Stolze
Glaubt nicht meinem Flehn;
Seufz' ich - kein Gehör sie
Meiner Stimme schenkt:
Sagt mir doch, ihr Lüftchen,
Was beginn' ich, sprecht,
Dass ihr Ohr mir leihe
Die Blume Zurguen's?
Auf, Beglückte, schwebet
Leisen Fluges her,
Und dem weissen Füsschen
Küsse für mich gebt!
Kommt, vor ihrem Ohre
Meine Treu erhebt!
Freundlicher wohl hört euch
Die Blume Zurguen's.
Naht mit lindem Säuseln,
Und nicht Sorge hegt,
Da sie ruhig schlummert,
Vor dem Trotz, so keck!
Naht, und für mich Armen
Mitleidsvoll dann fleht.
Und Gehör euch gebe
Die Blume Zurguen's!
Zurguen: Ein schönes, nahe bei
Salamanca gelegenes,
vom Tormes durchflossenes Thal führt diesen Namen.
Hier lebte das reizende Mädchen, über dessen Härte der Dichter
in diesem Liedchen sich beklagt.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 454-457)
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Das Bächlein
Anakreontische Ode
Wie deine sanften Fluthen
In diesem Blüthenthale,
O anmuthsvolles Bächlein,
Hin so geräuschlos wallen!
Wie deine klaren Wellen
Befreit nun von den Banden,
In die sie schlug der Jänner,
Mir süss das Ohr erlaben!
Wie freundlich sie sich schlängeln,
Und bei dem muntern Tanze
Die frischgekeimten Gräschen
Bethaun mit ihrem Nasse!
Zum weichen Teppich schlingen
Die grünen, zarten Halme
Sich bald und schmücken deine
Anmuthigen Uferrande;
Bald weichen sie, sich wiegend,
Dem wohlgefäll'gen Drange
Von deinen sanften Schritten,
Nach ihr Gekräusel ahmend;
Oder beim Westgetändel
Du ihren Kuss empfahest,
Indess mit art'gem Ringen
Du wieder sie umarmest.
Ein Distelfink begleitet
Herab von einem Aste
Dort dein harmonisch Murmeln
Mit tönendem Gesange.
O dass, beglücktes Bächlein,
Du Lisi nicht gemahnet,
Den Unbestand zu lernen
Von deinem irren Gange!
Du, der mit leichten Wellen
Hinhüpftest muntern Tanzes,
Gebeutst, ein sel'ger Herrscher,
Im ganzen Raum des Thales.
Bald birgst du dich in Binsen,
Bald, wenn ein Fels wo raget,
Schlau die Gefahr du meidest
Und wendest dich im Gange.
Bald leise hin du schleichest,
Und in den Wellen malest
Du dann die nahen Weiden
Im reinsten Wiederglanze.
Der Sand in deinem Bette
Ist, Gold, das, immer wallend,
Tausend Geschäft' und Bilder
Zurück dem Auge strahlet.
Es wohnen tausend Fischchen
In deinem stillen Wasser,
Die, fröhlichen Gewimmels,
Da kommen, gehn und tanzen.
In deinem reinen Spiegel
Die Sonne sich betrachtet,
Der schimmernder ihr zeiget
Und heller ihre Strahlen.
Du schäumst in eitel Perlen,
Die dann an ihrem Rande
Die Rosen und die Liljen
In reiche Schnüre sammeln.
Von Amor hergeführet
Die Schäferinnen fragen
Dich um die Macht, den Zauber
Von ihren Reizgestalten.
Du legst ihr Haar in Locken;
Die Blume hin du pflanzest
An ihren Götterbusen,
Und schmückst ihr Aug' mit Glanze.
In deinen klaren Wellen
Findet der Durst Erlaben,
Der Leidende Zerstreuung,
Der Frohe Wohlgefallen.
Ich, ihnen folgend, glaube
Zu sehen, wie mir lachen
Der Frohsinn und die Wahrheit
In ihrem klaren Nasse.
Denn, wie dem Blick sie schwinden,
Mit linden Zaubers Walten
Einwiegen sie den Geist mir
Nach ihrer Wellen Tacte.
O, du beglücktes Bächlein!
Wenn du, so klein entstanden,
In unbeständ'gem Laufe
Zum Flusse bist erwachsen:
Wenn andre Büsch' und Auen
Mit reicherm Wasserstrahle
Aus deiner milden Urne
Ein Flüchtiger du labest:
Dann sag' ach! meiner Lisi,
Dass sie vom Starrsinn lasse,
Und durch dein Beispiel lehre
Vergessen sie und wanken.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 458-462)
_____
Idylle
Aus meinen Kinderjahren
Ein zarter Knabe selber,
Den Wald ich mit der kleinen
Dorila froh durchstreifte,
Uns duft'ge Blumen pflückend,
Aus denen art'ge Kränze
Mit anmuthsvollem Reize
Ihr Händchen flocht und webte
Zum Schmucke für uns Beide.
So, unter Kinderspielen,
Bei Scherzen, Tändeleien
Entschwanden uns Beglückten
Die Stunden und die Tage.
Allmählich floh'n mit ihnen
Dahin die Kinderzeiten,
Und über sprang die Unschuld
Zur Schalkheit und Verstellung.
Ich weiss nicht: doch es lachte,
Wenn sie mich sah, Dorila,
Und ich auch musste lachen,
Sprach sie das kleinste Wörtchen.
Mein Herz begann zu pochen,
Wenn ich ihr Blumen reichte
Und wenn sie mich bekränzte,
Dann stockte sie verlegen.
Drauf sah'n wir eines Abends
Ein Turteltauben-Pärchen,
Das mit den leichten Schnäbeln
Einander zärtlich küsste.
Ihr Beispiel uns ermuthigt,
Und unsre süssen Leiden
Gesteh'n mit zücht'gem Kosen
Verlegen wir uns Beide.
Und schnell, gleich einem Schatten,
Entschwand vor unserm Blicke
Die Kindheit, doch uns schenkte
Ihr Glück dafür die Liebe.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 463-464)
_____
Sonett
Zum Licht aufblickend, und nur mehr erblindet,
Stürzt sich Leander in beschäumte Wellen,
Und fleht in Fluthen, die im Sturme schwellen,
Zu Meer und Himmel, gegen ihn verbündet.
Die Woge braus't, die seine Flamm' empfindet:
Da ruft er, fühlend ihr erzürntes Schwellen,
"O duldet mich, der tiefe heil'ge Quellen,
Und tödtet dann, wenn ihr mich kehrend findet!" -
Umsonst! die Fluth löscht seiner Liebe Gluthen;
Des Meeres Zorn begräbt sein hoffend Sehnen;
Den letzten bangen Ruf verweh'n die Winde.
O dreimal glücklich, der ersank in Fluthen!
Unglücklich ich, der nach der Wonne Thränen
Hoffnung und Ruh' verlor und nimmer finde!
Übersetzt von Sebastian Mutzl
(1797-1863)
Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann
(S. 108)
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Sonett
Unruhig schwebt das Immlein auf und nieder
Den Blumenplan, wo tausend Rosen glühen,
Und summt, zu finden wo die schönsten blühen,
Mit süßem Flötentone hin und wieder:
Nun sah es sie, und schwebet gleich danieder
In sanftem Flug; mit emsigem Bemühen
Schwelgt es, wo Blätter düftevoll erblühen
Im tiefen Kelch und schwingt sein zart Gefieder.
So schweifte mein Gedank' in blum'gen Thalen,
Um, Liebe! Dich zu finden durch die Auen
In sel'ger Unruh, frei von Amors Leiden:
Da fand ich Dich: versengt an Deinen Strahlen
Saugt Wonnen Herz und Will' aus holdem Schauen,
Die sie dem Himmel Deiner Augen neiden.
Übersetzt von Sebastian Mutzl
(1797-1863)
Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann
(S. 109)
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Sonett
So lebe wohl, gehängt an diese Fichte
Und unbeschirmet vor des Wetters Strenge,
O Cither, die mir klang in Lustgesänge
Von froher Lieb' und ihrem Zauberlichte!
Stamm, schirme sie, des Weges Zier! berichte
Die Treue zweier Hirten, rein und strenge,
Daß, die nur eitle Sitte kennt, die Menge
Ein göttlich Lieben lern' aus der Geschichte.
Weil meiner Herrinn frohe Tage flossen,
Da scholl es hell von ihrer Saiten Golde,
Und wilde Thiere zähmt' ihr Klang voll Minne; -
Doch nun, da unter Göttern weilt die Holde,
Dieß Grab die kalte Asche hält umschlossen,
Schweig' jedes Lied, und Weinen nur beginne!
Übersetzt von Sebastian Mutzl
(1797-1863)
Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann
(S. 110)
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