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Iacob Negruzzi (1842-1932)
rumänischer Dichter
Serenade
Dichter düst'rer Nebel gleitet
Auf der Erden hin;
Dunkler liegt die Nacht gebreitet
Ueber meinem Sinn.
Mond mit sanften Strahlenwellen,
Komm, ach! komm! Du mußt
Ja die tiefe Nacht erhellen
Hier in meiner Brust.
Höre mich, im Liebesharme
Klagen, flüstern dir!
Zeige dich! Es harrt der arme
Sänger deiner hier.
Meiner Stimme traurig' Klingen -
Hörst du nur mich an -
Löst in süßes Freudensingen
Sich, in Wohllaut dann.
Mond mit sanften Strahlenwellen,
Komm, ach komm! Du mußt
Ja die tiefe Nacht erhellen
Hier in meiner Brust. (S.
309-310)
übersetzt von Carmen Sylva
(1843-1916)
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Sonett
In Schlaf versunken scheint des Gartens Rain,
Kein Vöglein singt auf den verlass'nen Zweigen;
Der Duft entströmt der Blumen tiefem Schweigen,
Und meine Seele saugt ihn selig ein.
Und die Gedanken mein nach rückwärts zeigen,
Auf längst verlor'ner Bilder Zauberschein,
Lebendig scheinen plötzlich sie zu sein,
Die mir entschwanden in des Lebens Reigen.
Ich sehe holde Nächte, süße Stunden
Und schwarze Tage voller Schmerz und Wunden,
Ein stolzes Bild mein Blick vor Allem streift.
Ich lächle wohl der Jugendträume heute,
Doch langsam falle ich dem Schmerz zur Beute,
Wenn mich der Unbestand der Welt ergreift.
(S. 311)
übersetzt von Mite Kremnitz
(1852-1916)
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Am Meere
Auf dem Fels am Meere, ferne
Von dir, meinem Liebessterne,
Ganz allein ich stand,
Und vor meinem Blick die Weiten
Des Weltmeeres sich ausbreiten
Bis zum Wolkenrand.
Wo's auch sei, im Wellenlauf,
Aus dem Meere tauchst du auf,
Lichtgestalt voll Wonne,
Und dein Mund stets zu mir spricht,
Und ich schau' in's ew'ge Licht
Deiner Augen Sonne.
Doch nur grausam ist dein Blick,
Giebt kein Mitgefühl zurück,
Keinen Liebesstrahl.
Und des Mundes Wort ist kalt,
Und durch meine Seele wallt
Eis'ge Todesqual.
Und ich schau' in Meeresferne,
Schau' hinauf und frag' die Sterne,
Was wohl tiefer wär':
Ob mein Leid, ob jene Weiten,
Die sich endlos vor mir breiten,
Das grundlose Meer? (S.
312-313)
übersetzt von Mite Kremnitz
(1852-1916)
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Poesie und Prosa
Ich, wie viel Andre,
Kannte einst das Glück;
Denn die heiß ich liebte,
Gab mir Lieb' zurück.
Doch der holde Wahnsinn
Von mir wieder wich,
Ohne je zu Liedern
Zu begeistern mich.
Jahre floh'n vorüber,
Und mit tiefem Schmerz,
Ohne Gegenliebe
Liebte treu mein Herz.
Da entquollen mächtig
Lieder meiner Brust,
Von den Schmerzen sang ich
Mir zu wilder Lust.
Glück ist nur die Prosa,
Die gar schnell vergeht,
Und die hier auf Erden
Jeder Mensch versteht.
Doch das Leid und Unglück,
Himmelsgaben sind,
Die ich nur als Dichter
Also schwer empfind'. (S.
314-315)
übersetzt von Mite Kremnitz
(1852-1916)
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aus: Rumänische Dichtungen
Deutsch von Carmen Sylva
Mit Beiträgen von Mite Kremnitz
Dritte Auflage Bonn Verlag von Emil Strauß 1889
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