Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik

 


Luis Martinez de la Plaza (1585-1635)
spanischer Dichter




Komm, liebe Nacht, du meinen Gluthgefühlen
Vertraute Freundinn! komm, emporgetragen,
Führ durch die Schatten deinen dunkeln Wagen,
Weil Meereswogen Phöbus Licht umhüllen.

Laß deinen Thau des Busens Flammen kühlen;
Mein Auge trockne mir, verweint in Klagen;
Leg an den milden Zaum den herben Plagen,
Womit dein Feind, der Tag, mich will zerwühlen.

Und willst du stillen dieses Herzens Qualen,
Weil mir in dir nur winkt zwiefache Wonne, -
O Nacht, so bringe mir die ferne Liebe!

Getäuschter ich von inn'ger Sehnsucht Triebe!
Die Nacht soll bringen eine schöne Sonne,
Die alles Dunkel scheucht mit ihren Strahlen?


Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 101)
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Von dunkelm Schleier war die Sonn' umzogen;
Der Sturm rang mit dem Meer, das, wild geschwollen
Und an der rauhen Klippenwand zerschollen,
Empor zum Himmel warf beschäumte Wogen;

Auf Berge flammte es vom Himmelsbogen;
In Thälern scholl des Donners dumpfes Rollen;
Die Flur deckt' Eis, den Wolken rasch entquollen,
Die wetterschwer und schwarz herniederzogen.

Da leuchteten mit Sonneblickes Helle
Die schönen Augen der geliebten Holden,
Sie, die um ihren Glanz Aurora neidet:

Schnell ruhte Sturm und Zorn der Meereswelle;
Der Donner schwieg; die Wolken glänzten golden;
Mit duft'gen Blumen stand die Flur bekleidet.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 102)
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Ich seh', Sennora, bey dem Klang der Saiten,
Hat mein Gesang Euch, Himmlische, genannt,
Die Bäche freudig lauschen, festgebannt,
Die Winde ruh'n, die Berge näher gleiten. -

Wenn meines Jammers Töne sich verbreiten,
Da flieh'n die Bäche, schaudernd weggewandt,
Taub meiner Klage starrt die Felsenwand,
Die Winde heulend meinen Schmerz begleiten.

Nicht wundert's mich: denn, wo Eu'r Fußtritt wandelt,
Wird Gold der Sand, sind ewig grün die Höhen,
Und Düfte weht der West, der Euch berühret: -

Mein Jammer Gold in schlechten Staub verwandelt;
Den Bergen bring' ich kalten Winters Wehen,
Dem Wind die Flammen, die mein Busen führet.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 104)
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Im Golf der Liebe treib' ich, fern vom Lande,
Auf Schifferstrümmern ohne Mast und Steuer,
Wo alle Meereswogen sind von Feuer,
Und sich an Herzen brechen, nicht im Sande.

Hier wein' ich, eng umschlungen von dem Bande
Eines Gedankens; meinem Irrthum treuer
Als meinem Heil, hofft' ich da Friedensfeier,
Wo Glut das Wort ist, so der Mund entsandte.

Auf diesem Meer, dem Untergange bebend,
Streck' ich die Augen aus, vom Weinen müde,
Und fern, ach, fern mein Friedenshafen winket:

Doch kaum jauchz' ich ihm zu, aufs Neu' erlebend,
Auf wacht des Busens Wurm, weg ist mein Friede,
Fort stürmt das Schiff, des Hafens Bild versinket.


Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 105)
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An eine Rose

Junge Rose, die stolz unter den Blumen prangt,
Du des blumigen Mays Schmuck und des Wiesenthals,
Frost und eisiger Nordhauch
Wehe schonend vorüber dir!

Dann - dein schöneres Loos - blüh' in der süßen Hand
Meiner Herrinn, und hold ziere das goldne Haar:
Glüh' dann, Rose, noch höher,
Siehst ihr himmlisches Auge du!

Hüll' im purpurnen Schooß, hülle die Thräne mir,
Die mein Auge vergießt: tief in der Blätter Pracht
Liegt dann, kommt sie gewandelt,
Still verborgen mein Seelenwunsch.

Denn, ach, drücket sie sanft hin an die Lippe dich,
Und berühret ihr Mund dich, o du Glückliche!
Dann wird Honig die Thräne,
Die vom sehnenden Auge quoll!

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 135)
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Die Biene

Es ging mit ems'ger Mühe,
Hinab zum Schooße blickend,
Mein Liebchen, sich zum Kranze Blumen pflückend;
Doch eh' sie flicht, so nippen
An jeder Blume ihre Rosenlippen,
Daß sie des süßen Athems Duft ihr liehe.
Sieh, eine Biene war, zu ihrem Glücke,
In einer Blume Schooße,
Und stahl vom süßen Honig dort;
Und in dem Augenblicke,
Da sie sich fand auf schöner Lippen Rose,
Stach sie erstaunt, sog Honig, eilte fort.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 136)
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