Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik

 


Karoly Sükei (1824-1854)
ungarischer Dichter


In die Ferne . . .

I.
In die Ferne blick' ich sinnend,
Nach des Meeres Spukgebild,
Nach der Sonne, die wie minnend
Ausgießt rings die Strahlen mild.
Wie Gedanken süßer Wonne,
Heißverliebt, befällt es mich,
Suchend dich im Strahl der Sonne -
Engel mein, ich liebe dich!
(S. 135)


II.
Morgenträumen gleicht dein Leben,
Zaubergärten, lustdurchschwirrt,
Malt dir Fantasie ergeben -
Schlangenblick, der Vögel kirrt!
Steht ihr Träume! Weckt bald wieder
Zukunft dich stiefmütterlich,
Lull' ich ein dein Herz durch Lieder -
Engel mein, ich liebe dich!
(S. 136)



III.
Nebel deckt die Berge oben,
Unten rings die Thale auch;
Wie ein Schleier, leicht gehoben,
Bebt er bald im Windeshauch.
Klar wie meines Herzens Treue
Zeigt dann Berg und Fläche sich;
Träumend ruft das Herz, das scheue:
Engel mein, ich liebe dich!
(S. 137)


IV.
Was bei Laune reicht das Leben,
Weis' ich nimmer deinem Blick;
Keine Welt ward mir gegeben,
Nur ein süßes Mißgeschick.
Wie der Schwan, vom Pfeil getödtet
Dreht des Lebens Wirbel mich;
Hör' mein Schwanenlied, es flötet:
Engel mein, ich liebe dich.
(S. 138)

Aus: Klänge aus dem Osten.
Ungarische Dichtungen frei übersetzt von
Demeter Dudumi [1855]
Zweite Auflage Pesth Verlag von H. Geibel 1855

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Sagt, wie soll mein Lieben sein?

Sagt, wie soll mein Lieben sein?
Flammend, leidenschaftlich wetternd,
Aehnlich jenem glühen Stein,
Aus des Kraters Tiefe schmetternd,
Der da berstend Funken sprüht,
Daß sich rings die Luft entzünde,
Eh' er, nach und nach verglüht,
Kollert in des Meeres Schlünde?!

Sagt, wem sei mein Lieben gleich?
Sanftem Feuer sanfter Schäfer,
D'ran bei Nacht, an Frösten reich,
Ruhen süßerwärmt die Schläfer,
Ach, zu dem mit frohem Muth
Gern der müde Wandrer schreitet,
Dessen halbentschlaf'ne Gluth
Dennoch Wärme rings verbreitet?!

Sagt, wie sei mein Liebesbrauch?
Wie die Wärme uns'rer Erde,
Die da, ob der Himmel auch
Dicht umhüllt vom Nebel werde,
Ob der Winter auch verschneit
Ihre Jugend - Lenz, den losen -
Unter'm Schnee doch weit und breit
Keimen läßt viel tausend Rosen?!

Aus: Klänge aus dem Osten.
Ungarische Dichtungen frei übersetzt von
Demeter Dudumi [1855]
Zweite Auflage Pesth Verlag von H. Geibel 1855 (S. 139-141)

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Sternschnuppen

I.
Berauscht ist die Akazienblüthe
Vom Mondstrahl, der so weiß erglühte;
Ihr schwindelt und sie fällt.
O träume, Traum Du meiner Seele!
Den Traum von sel'ger Liebe wähle,
Bis sich die Flur erhellt.

Gleich wie ein Linnen eine Leiche
Bedeckt der Mondesstrahl, der bleiche,
Das dämmernde Revier . . . .
Wach' haltend, fühl' ich Sehnsuchtsschmerzen,
Die Thrän' im Aug', ein Lied im Herzen,
So einsam trauernd hier.

Wie aus dem Aug' hervor die Thränen,
Wie's Lied aus Dichterherzens Sehnen,
Aus blauen Himmelsschooß
Bricht's Morgenroth . . . ich aber, trübe
Besing ich Dich, und meine Liebe
Bewein' ich hoffnungslos.
(S. 403-404)


II.
Was nur sing' ich, daß erglänze
Regenbogengleich mein Lied
Auf den Wolken Deines Lebens,
Wenn so traurig Dein Gemüth?

Daß als süßer Sehnsucht Strahl Dir
Flieg mein Lied in's Herz hinein,
Wie die Sternschnupp' in den stillen
See versinkt, o Engel mein?

Was nun sing' ich, daß mein Dichten
Deiner Jugend Träume zier',
Wie der Farbenstaub die Schwinge
Eines Falters im Revier?

O, ich weiß wohl, was ich singe:
Unserm Herzen ist die Liebe
Farbenstaub, Stern, Regenbogen -
Sing' drum nur von ihrem Triebe!
(S. 404-405)


III.
Ich will gestehen ihr meine Liebe,
Verbergen nimmer, was mich erfüllt,
Und sinken zu der Liebsten Füßen,
Gewiß hebt sie mich auf dann mild.
Des Glückes Thränen will ich ihr weinen
Auf's kleine Händchen, ist hold sie mir; -
Ich neige mich sanft auf ihren Nacken
Und küsse selig die Locken ihr.

Auf mich blickt sie in tiefem Sehnen
Mit halbgeöffnetem Auge dann,
Erglänzen wird durch den Wimpernschleier
Bezaubernd ihres Blickes Bann;
Und meine Seele, sie wird erzittern,
Wie Sternenstrahlen im Frührothsglanz;
Mein Herz sprüht, gleich dem Demant, Funken . . .
Im tiefsten Innern berauschet ganz!

Ich will gestehen ihr meine Liebe,
Verbergen nimmer, was mich erfüllt . . .
Doch flammen im Zorn da ihre Augen
Und schossen Blitze auf mich wild:
Verzweiflung erfasset meine Seele,
Dem armen Vogel bin ich gleich,
Ob dem die Waldung in Brand gerathen,
Der flammend steht im Gluthbereich.
(S. 405-406)


IV.
Hörest Du das Wetter donnern,
Hörst Du pfeifen schrill den Wind:
Komm und wirf Dich an die Brust mir,
Warme Ruh ist hier, mein Kind.

Wenn sich Deine Sonne dunkelt,
Die gestrahlt in Wonne Dir:
Komm und wirf Dich an die Brust mir,
Finden sollst Du Sterne hier.

Wenn die Zeit die junge Schönheit
Dir geraubt und ließ die Reu:
Komm und wirf Dich an die Brust mir,
Lieben will ich Dich getreu.

Wenn aus Deiner Seele Himmel
Du als Engel fielst betrübt:
Komm und wirf Dich an die Brust mir,
Die Dir neuen Himmel giebt.

Ist genug mein Blut und Leben,
Bess'res Loos Dir zu erwerben:
Komm und wirf Dich an die Brust mir,
Stolz sei mir's, für Dich zu sterben.
(S. 406-407)


V.
Ich weiß es nicht, werd' ich Dich sehen
Jenseits der Erde einst? - indessen,
Wenn ich Dich sehe, werd' ich sicher
Mein ganzes Leben gleich vergessen.
Nicht irdische Erinnrung trübe
Dann meines Geistes Strahlenfluth,
Daß Du mich siehst in reinem Glanze,
Wie Heil'ge in der Gloriengluth.

Doch, wenn ich jenseits Dich verlieren,
Versinken werd' ob meinen Sünden:
Dann will mein Paradies ich dennoch
In der Erinnrung wiederfinden.
In der Erinnerung Deiner Liebe,
Die ich dann wiederfühle rein,
Und glücklicher als alle Engel
Im Himmel Gottes will ich sein.
(S. 407-408)

Aus: Album hundert ungrischer Dichter
In eignen und fremden Übersetzungen herausgegeben durch
Karl Maria Kertbeny [1824-1882]
Zweite Auflage Dresden Pest Robert Schaefer Hermann Geibel 1854

[Übersetzer nicht explizit genannt]
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