Ludwig (Lajos) Szakal
(1816-1875)
ungarischer Dichter
Bitt' euch, gnäd'he Herrn . . .
"Bitt' euch, gnäd'ge Herrn vom Comitate, bitt' euch schön,
Höret eines armen Mädchens banges Fleh'n!
Arm bin ich, damit fängt meine Klage an,
Hab' nicht Mutter noch Verwandte oder Ahn'.
Lieb' 'nen wackern Burschen, der ist meine Welt,
Ihn hat unser Herrgott mir zur Stütz' bestellt.
Der zog bei der Losung, ach, ein schwarzes Loos,
Auf 'nem langen Brief steht, ach, sein Name gross.
's taugt mein Liebster gar nicht zum Soldaten, hört,
's ist ein zarter, schwacher Bursche, schlecht zu Pferd,
Doch daheim versieht die Arbeit er ganz gut,
Will zum Weib mich nehmen, und ich folg' ihm wohlgemuth.
Nehmt ihn fort nicht, gnäd'ge Herrn vom Comitat,
Hört, was meine Bitt' für gute Gründe hat.
Keinen sanftern Jungen giebt es weit und breit,
Hat den Krieg gehasst, gemieden jederzeit.
's giebt im Dorf der Trunkenbolde ja genug,
Faul und gottlos, zänkisch und voll Lug und Trug,
Diese nehmt, denn denen weinet Niemand nach,
Sind daheim nur Störenfriede, uns zur Schmach."
Weinend, klagend, fleht ich so zum Comitat,
All' umsonst! denn ohn' Erfolg ich also bat.
"Das Gesetz verbiete's", lautet der Bescheid,
Und mein Liebster blieb Soldat, zu meinem Leid.
Ja, er blieb's, und eingekleidet als Husar
War gar schön er, taugt zum Hauptmann wohl fürwahr.
Doch was hilft das schöne Kleid ihm, noch so werth,
Wenn daheim sein Liebchen sich im Gram verzehrt.
Gestern zog nach Prag er mit dem ganzen Schwarm,
Schloss zum letzten Mal mich, ach, in seinen Arm,
O mein Gott! was wird aus mir in meinem Schmerz,
Seh' ich nie dich wieder, Liebster, bricht mein Herz.
(S. 210-211)
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Des Baumes Kron'
Des Baumes Kron' ist reich belaubt,
Und kranzgeschmückt des Mädchens Haupt.
Lang ist des Baumes Blütenzeit,
Des Mädchens - wenn man um sie freit.
Baumblüte reift zur Frucht im Thau,
Rothwangig Mädchen wird zur Frau,
Süss ist des Baumes Frucht und rund,
Süss auch der Kuss von Frauenmund.
Dürr ist der Baum nach kurzer Frist,
Und bleich des Frauchens Wange ist,
Du Baum, dein vieles Blühen ist
Dein Tod - du, Frau, hast viel geküsst.
Frisch schlägt des Baumes Wurzel aus,
Die Frau freut sich des Söhnleins kraus;
Es ziert den Baum der grüne Spross,
Die Frau - ein Kind auf ihrem Schoss.
(S. 211)
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Der zweite Geliebte
Früh schon blühte der Hollunder
Und erfror.
Mich verliess, den ich zum Liebsten
Mir erkor.
Bald blüht der Hollunder wohl zum
Zweitenmal,
Hab' dann auch 'nen zweiten Liebsten
Meiner Wahl.
(S. 211)
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Erinnerung
Weisst du's noch, mein süsses Leben,
Als ich dir mein Wort gegeben,
Dass zum Weib ich dich erkoren,
Weil ich Lieb' dir zugeschworen?
Weisst du, was dein Mund bekannte,
Als ich so zu dir mich wandte?
Hast bekannt mir deine Liebe,
Doch - dass Hoffnung nicht mir bliebe.
Sprach gleich damals: Nicht verstehen
Kann solch Wort ich - hör' mein Flehen!
Doch ausweichend meinen Fragen,
Täuschend stets war dein Betragen.
Dennoch hab' ich dir vertrauet,
Hab' auf meine Lieb' gebauet,
Hab' sie treu mit mir getragen,
Hofft' von ihr mein Glück mit Zagen.
All mein Hoffen ward betrogen,
Hast voll Arglist mir gelogen,
Stolz und Hochmuth nur verwehrte
Mir das Wort, das ich begehrte.
Falsche! - will dich nicht verfluchen,
Muss dich zu vergessen suchen,
Sei beglückt! Ich kann beim Scheiden
Leiden, doch dich nicht beneiden.
Brüder! wenn mit süssem Blinken
Mädchenaugen hold euch winken,
Spricht der Mund vom Liebesglücke,
Ist das Herz voll Falsch und Tücke.
(S. 212)
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übersetzt von Gustav Steinacker
(1809-1877)
Aus: Ungarische
Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit
(die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe
Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874