Niklas Szemere
(1804-?)
ungarischer Dichter
Des Reiters Lieb
Seht mein blondes Liebchen an,
Süsser ist's, als Marzipan,
Muntrer, als des Baches Welle,
Als der Amselschlag, der helle,
Auf der Heide weitem Plan.
Frisch, gleich junger Tannen Zier,
Tönnt es von den Lippen ihr.
Ohne Zorn und ohne Galle,
Hüpft, bei ihres Lachens Schalle,
Froh das Herz im Leibe mir.
Mein Lachtäubchen, hold und klein,
Möchte wohl dein Räuber sein!
Möcht' als Adler fort dich tragen,
Wo du meinen Horst siehst ragen,
Deines Frohsinns mich zu freun.
Rings umstarrt von Felsgestein
Thront mein Nest still und allein,
Düster ist's auf jenen Matten,
Blitz und Donner dort sich gatten,
Sturm und Wetter heulen d'rein.
Warum zagst du, kleines Herz?
Bist gesichert allerwärts!
Meine Flügel warm dich hegen,
Meine Küsse sanft dich pflegen,
Mich nur treffen Leid und Schmerz.
Komm, mein Täubchen, sei nicht bang!
Dir nur lebt des Herzens Drang.
O beglückt's mit deinem Lachen,
Das die Nacht zum Tag kann machen,
Wintersturm zum Lenzesklang.
Und dereinst - welch Freudensitz -
Wenn im Nest, bei Sturm und Blitz,
Hier - der Mutter Bild - ein Täubchen,
Lachend, wie das holde Weibchen,
Dort - dem Sturme ohne Grauen
Kühnen Blicks ins Auge schauen
Junger Adler Muth und Witz! -
übersetzt von Gustav Steinacker
(1809-1877)
Aus: Ungarische
Lyriker
von Alexander Kisfaludy bis auf die neueste Zeit
(die letzten 50 Jahre)
In chronologischer Reihenfolge metrisch übertragen
und mit literar-historischer Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen versehen
von Gustav Steinacker
Zweite Ausgabe
Leipzig Joh. Ambr. Barth Buda-Pest
Grill'sche (vormals Geibel'sche) Buchhandlung 1874
(S. 136-137)
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