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Arnaut von Mareuil
(zwischen 1170 und 1200)
Süß wenn Lüfte mich umwallen
Im April, eh' Mai erwacht,
Häher dann und Nachtigallen
Singen durch die heitre Nacht,
Jeder Vogel seine Sprache
Fröhlich spricht, wie's ihm gefällt,
In der Kühle früh am Tage,
Seinem Weibchen zugesellt.
Und da alles seinem Triebe
Folgt, wenn sich das Grün erneut,
Kann auch ich mich einer Liebe
Nicht entziehn, die mich erfreut;
Neigung und Gewöhnung pflegen
Mich der Fröhlichkeit zu weihn,
Wenn sich süße Lüfte regen,
Neue Kraft der Brust verleihn.
Schöner Sie als frische Blüthe,
Weiß wie Helena nicht war,
Ganz voll Freundlichkeit und Güte,
Zähne blank, die Reden wahr,
Treu ihr Herz und ohne Tücke,
Farbe frisch, die Haare braun,
Gott, der sie erhob, beglücke
Stets die lieblichste der Fraun!
Gnädig ist's, wenn sie mich schonet,
Nicht durch lange Prüfung führt,
Und mit einem Kuß mir lohnet
Und noch mehr, wenn mir's gebührt.
Und dann mög' es oft sich fügen,
Daß wir uns im Feld ergehn,
Wahrlich, ihren holden Zügen
Kann ich nimmer widerstehn.
Nachgedichtet von Friedrich Diez
(1794-1876)
Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 124-125)
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Des Apriles Lüfte wehen
Lieblich, eh der Mai erwacht;
Dohl' und Nachtigall beleben
Singend dann die heitre Nacht,
Laßen ihre Stimme schallen
In der frischen Morgenzeit;
Sie mit ihres Gleichen allen
Jubeln voll Zufriedenheit.
Alle freun sich, die da leben,
Bei des Lenzes Zaubermacht,
Drum der Liebe mich ergeben
Will ich, die mich glücklich macht.
Süßes Loos ist mir gefallen,
Neigung und Beständigkeit
Ziehn, wann Frühlingsstimmen schallen,
Hin zu Ihr mich allezeit.
Wer wird Helena's erheben
Und der Lilien weiße Pracht?
Weißre Zähne kann's nicht geben,
Habt auch Ihrer Reden Acht,
Rein und lauter gleich Krystallen!
Braungelockte, ros'ge Maid!
Gott beschirm' ihr Erdenwallen!
Holdres nichts ist weit und breit.
Heil, wenn Sie nicht meinem Streben
Lange Prüfung zugedacht,
Daß Sie, wenn ich's werth, das Leben
Mir durch einen Kuss entfacht.
Oft dann soll das Feld durchwallen
Sie noch in des Freunds Geleit;
Ewiglich wird mir gefallen
Ihre süße Lieblichkeit.
Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)
Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 114-115)
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Frau, holder als ich weiß zu sagen,
Um die ich seufzen muß und klagen,
Eur Freund, Eur stets Getreuer, ich. -
Ihr prüfet mich, Ihr kennet mich, -
Er beut Euch Gruß, er beut Euch Heil,
Doch sucht er selber daran Theil,
Denn Gruß noch Heil geschieht ihm nie.
Wenn sie nicht Eure Huld ihm lieh,
O Frau, lang' hab' ich nachgedacht,
Wie ich sagt' oder kundbar macht'
Euch meiner Liebe tiefen Grund,
Ob selber, ob durch Botenmund;
Auf Botschaft thu' ich nun Verzicht,
Ich fürchte, das gefall' Euch nicht.
So hätt' ich es wohl selbst gesagt,
Doch macht mich Liebe ganz verzagt;
Wenn Euren Reiz ich seh', verstumm'
Ich, weiß nichts mehr, ein Bote drum
Ist's dennoch, der die Nachricht trägt,
Ein Brief, von meinem Ring beprägt,
Kein beßrer Bote wird erwählt,
Der treuer seinen Auftrag hehlt.
Die Liebe gab mir diesen Rath,
Die stets um Hülf' ich bitt' und bat,
Sie hieß mich schreiben unverzagt,
Was nicht mein Mund zu sagen wagt,
Und Wehr und Widerstand gebricht,
Sobald Gebietrin Liebe spricht.
Vernehmt denn, Herrin, wenn's gefällt,
Die Botschaft, die der Brief enthällt.
O Herrin, die Ihr hold Euch zeigt
Und klug, und Jedermann geneigt,
Mit allen Tugenden geschmückt,
In Wort, That, Denken ausgedrückt,
Eur' Huld und Eur' Holdseligkeit,
In milder Reden Trostgeleit,
Verständigkeit und Kraft und Mut,
Der holde Wuchs, der Farben Glut,
Das Auge, das so lieblich blickt,
Und was von Reiz mich sonst umstrickt,
All Euer Wort und Wesen macht
Schwermütig mich bei Tag und Nacht.
Für mich ist's, kann ich Euch nicht sehn,
Um alle Freud' und Lust geschehn.
Denn Freud' und Lust ist ganz vorbei,
Wenn ich nicht einlauf' in den Bai.
So langes Harren, bittrer Kummer,
Und vieles Wachen, wenig Schlummer,
Samt der Begierde, Euch zu sehn,
Erregen mir solch' Herzenswehn,
Daß Gott Euch, bitt' ich Nacht und Tag,
Sonst lieber Tod mir geben mag.
Weit mehr dann als der meine bin
Der Eure ich, o Herrscherin.
Durch Euch wird Alles nur zu Theil,
Was ich nur sprech' und thu', zum Heil.
Am ersten Tag, wo ich Euch sah,
Gleich fühlt' ich solch ein Feuer da
Im Herzen, daß, nachdem's entstand,
Nie mehr an Kraft nachließ der Brand,
Der Liebe Brand voll Gift und Graus,
Nicht Wein noch Waßer löscht ihn aus,
Er läßt dem Herzen nimmer Ruh,
Von Tag zu Tage nimmt er zu.
Hab' ich von Euch entfernet mich,
Nimmt zu die Brunst und doppelt sich.
Doch will's, o Herrin, das Geschick,
Daß sehend Euch nicht sieht mein Blick,
So ganz von Sinnen bin ich dann,
Als Falschheit immer sah ich an
Das Wort, das man bisweilen spricht:
"Was man nicht sieht, das schmerzt auch nicht."
Mir, Herrin, schmerzt das Herz fürwahr,
Wird Euch mein Auge nicht gewahr.
Nicht weiß ich, wie ich sehn Euch soll:
Drum bleibt mein Herz auch dorten wohl,
Wo es am ersten Tag Euch sah,
Und nimmer weichet es von da,
Bleibt, weichet keinen Finger breit,
Bei Euch zu Nachts- und Tegeszeit.
Euch, wo ich selbst auch weilen mag,
Huldigt's bei Nacht sowie bei Tag.
So kommt es denn, daß Andres ich
Nichts denken darf mehr, richt' ich mich
Auf Andres auch, 's will nicht gedeihn.
Bei Euch hab' ich 'nen Boten fein,
Mein Herz! Eur Hausgenoß ist's, dann
Sagt es von Euch mir Botschaft an,
Sagt, und erzählt, und schildert mir
All Eurer Glieder Reiz und Zier,
Das schöne Haar von lichtem Braun,
Die Stirne, lilienweiß zu schaun,
Das Augenlicht, das lächelnd wallt,
Die Nase, grad' und wohlgestalt,
Das frische muntre Angesicht,
So roth und weiß sind Blumen nicht,
Der kleine Mund, der Zähne Reihn,
Heller als hellsten Silber Schein,
Kinn, Hals und Brust, so weiß wie Schnee,
Und wie die Frühlingsblüt' am Schlee,
Und Eure schönen Hände dann,
Mit schlanken, glatten Fingern dran,
All Euer Wesen voll von Adel,
Daran zu finden ist kein Tadel.
Die Scherze voll Holdseligkeit,
Der freundlichliebliche Bescheid,
Die Hulde, womit Ihr mich empfahn,
Als wir zum erstenmal uns sahn,
Wann des mein liebend Herz gedenkt,
Dann steh' ich tief in mich versenkt,
Dann weiß ich nicht, woher, wohin,
Erstaunt, daß ich noch lebend bin,
Da Mut und Farbe mich verläßt.
So ward die Liebe mir zur Pest;
Und leid' ich Tags schon harten Strauß,
Macht sie mir Nachts fast den Garaus.
Denn, wann ich nun zu Bett gegangen
In Hoffnung, Ruhe zu erlangen,
Und die Gefährten all verstummt
Im Schlaf, und Nichts mehr rauscht und summt:
Dann dreh' und wend' ich mich umher,
Und denk' und sinn', und seufze schwer.
Zum Sitzen richt' ich mich empor,
Und leg' aufs neu mich wie zuvor.
Bald hält der rechte Arm mich, bald
Wird mir der linke Stütz' und Halt;
Kaum stieß ich von mir ab die Decke,
Als ich sofort mich drunter strecke.
Zerquält, ermattet ganz und gar
Steck' ich hinaus der Arme Paar,
Die Hände ineinanderlegend,
Die Augen samt dem Leib zur Gegend,
Wo ich Euch, Herrin, weiß, gedreht,
Als ob Ihr hörtet mich und säht.
O Herrin, süßgebenedeit,
Wenn meine Liebe doch die Zeit
Erlebte, sei es Tag, sei's Nacht,
Geheim und wohl vom Glück bedacht,
Ich Euren holden Leib erblickte,
Wie innig ihn mein Arm umstrickte,
Auf Aug' und Mund den Mund zu drücken,
Mich hundertfältig zu entzücken;
Kein Tadel sollte mich erfaßen.
Sagt' ich zu viel? Ich kann's nicht laßen,
Einmal sprech' auch die Lippe nach,
Was tausendmal die Seele sprach.
Mehr Redens zwar wird auch nicht taugen,
Ich seufz' und schließe meine Augen,
Im Seufzen schlaf' ich ein zumeist:
Dann macht sich auf und eilt mein Geist,
Zu Euch geht gradeswegs er hin,
Um Euch zu sehn, Gebieterin,
So Tag wie Nacht, nach dem Verlangen,
Das ganz und gar mich hält gefangen,
Und geht mit Euch um, wie er kann,
Umarmt und küßt und rührt Euch an.
So lang' ich lieg' in solchem Schlaf,
Bin sel'ger ich als Fürst und Graf,
Und läg' in ewgem Schlummer lieber,
Als hinzuschmachten wach im Fieber.
Nicht Rodocesta, nicht Biblis,
Noch Blancflos, noch Semiramis,
Nicht Thisbe, Leda, noch Helene,
Antigone nicht, samt Jemene,
Isolde nicht, die lockenfalbe,
Sie alle hatten nicht die halbe
Herzwonne, paarweis, Frau und Mann,
Glaubt mir's, wie ich mit Euch alsdann.
Doch einen Ruck im Schlafe machend
Vor Süßigkeit, und so erwachend,
Schau ruhig ich, Gebieterin,
Als lägt Ihr dort, zur Seite hin.
Find' ich Euch dann nicht, seh' Euch nicht,
Schließ' ich aufs neu das Augenlicht,
Hoffend, indem die Händ' ich falte,
Und mich auf solche Weise halte,
Den Schlummer wieder zu erzwingen.
Doch will es leider nicht gelingen,
Es wird ein Streit, wird eine Schlacht,
Die mich kasteit und todt mich macht.
Kein Hunderttheil steht zu Gebot
Dem Mund, zu schildern von der Noth,
Von all dem Jammer, all der Plage,
Die ich, weil ich Euch lieb', ertrage.
Ich lodr', ich flamm', ich steh' in Glut,
Erbarmt Euch, Herrin, drum, seid gut!
Verzeiht mir, wenn ich mich vergangen
Hört und vernehmet mein Verlangen,
Ihr, holdestes Geschöpf der Welt,
Das je Natur an's Licht gestellt,
Mehr, als zu sagen ich's vermag,
Mehr schön als schöner Maientag,
Als Märzsonn' und als Sommerschatten,
Mairos', Aprilschaur für die Matten,
Spiegel der Liebe, Schönheitsblum',
Ehrgipfel, Schlüßel für den Ruhm,
Mehr als Huldgabe, Preis der Jugend,
Wurzel und Gipfel aller Tugend,
Ort aller Freud' und Höflichkeit,
O Herrin, angeflehet seid:
Da ich Euch ganz ergeben bin,
So wählet mich mit holdem Sinn,
Und habt Erbarmen und versprecht
Mild Eure Liebe Eurem Knecht!
Denn mehr zu bitten, will ich meiden.
Verbleibet es Euch zu entscheiden
Was mir sonst werden soll zu Theil.
Es ist ja ein viel höher Heil,
Wer sich in Hoffnung Euch ergibt,
Als wenn ihn eine Andre liebt.
Wenn ich darum mich Euch ergeben,
So laßt mich nur in Hoffnung leben!
Ein solch Versprechen tilgt die Noth,
Und macht mich treu bis in den Tod,
Daß ich bis an mein Ende harre,
Und in Verzweiflung nicht erstarre.
Doch nun mit Bitten halt' ich ein.
Gott schenk' Euch Segen und Gedeihn,
Und gebt mir Antwort, wenn Ihr meint!
Denn Euch hat sich mein Herz vereint.
So mag denn Amor Euch besiegen,
Er, dem die Ding' all' unterliegen,
Herrin!
[Bai - Meerbusen, Bucht]
Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)
Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 116-124)
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Schön ist's, wenn sich Lüfte regen
Im April, eh' Mai erwacht.
Nachtigall und Elster pflegen
Sangs die ganze heitre Nacht.
Will der Morgen dann erscheinen,
Schallt's von neuem fröhlich laut,
Und ein jedes von den Kleinen
Hat sein Weibchen süß und traut.
Und wenn alle Knospen springen,
Alle Erdenwelt sich freut,
Regt sich's auch in mir, zu singen
Von der Liebe Seligkeit;
Und Natur und Sitte geben
Neigung mir zu Lust und Scherz,
Wenn in sanfter Lüfte Weben
Mir so selig wird ums Herz.
Weißer ist sie als Helene,
Schöner als die Knospe zart,
Ihre blendenweißen Zähne
Bergen Worte holder Art.
Reines Herz voll edler Güte,
Frische Wange, blondes Haar -
Gott erhalte diese Blüte,
Die er schuf so wunderbar!
Ließ' sie mich ihr Herz erkennen,
All mein Sehnen würde still,
Einmal möcht' ich mein sie nennen
Und noch oftmals, wenn sie will.
Im Vereine woll'n wir ziehen
Oft dann in die Frühlingsau -
All dies Glück kann mir erblühen
Von der holden, schönen Frau.
Nachgedichtet von Hermann Suchier (1848-1914)
Aus: Geschichte der Französischen Literatur
von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart
Von Prof. Dr. Hermann Suchier
und Prof. Dr. Adolf Birch-Hirschfeld.
Leipzig und Wien 1905 (S. 73)
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Biographie (engl.):
http://en.wikipedia.org/wiki/Arnaut_de_Mareuil
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