Die Troubadours

Lieder - Nachdichtungen der Troubadours
 

 

 


Bertran de Born
(ca 1180-1195)



Rassa*, so wächst in Aller Munde
Der Ruhm der Frau, die keine Stunde
Von Falsch gewußt, daß in der Runde
Kein Weib ist, die nicht Neid verwunde,
Hört sie so vieler Anmuth Kunde.
So hold ist Seel' und Leib im Bunde,
Daß alle Kenner weit und breit
Nur rühmen ihre Lieblichkeit.
Der Preis gebührt ihr allezeit;
Doch sie ist so voll Züchtigkeit,
Nur Einem ist ihr Herz geweiht.

Rassa, wie ist sie frisch und fein,
Schmuck, zart und fröhlich im Verein!
Ihr Blondhaar hat Rubinenschein;
Die Haut - wie Weißdornblüte rein;
Die Brüste fest, die Gliederlein -
Kaninchen sind so weich allein.
Hat mich ein Kund'ger nicht belogen.
Wie freut mich's, daß sie mir gewogen!
Sie hat den Dienstmann vorgezogen,
Ob auch viel Grafen Knie gebogen;
Die hätten sie nur schnöd' betrogen.

Rassa, stolz ist sie zu den Reichen,
Jungfräulich spröde sonder gleichen,
Giebt keinem Mächt'gen Liebeszeichen,
Und wär' er Fürst von großen Reichen.
Nur echter Werth kann sie erweichen,
Nur edle Armuth Gunst erreichen.
Mich nahm zu ihrem Rath sie an;
Ach, sei sie auf der Hut fortan,
Daß von den Gecken keiner dann
Sich brüste, daß er Gunst gewann,
Weil sie erhört nur Einen Mann!

Rassa, wenn Reiche nimmer spenden,
In heitern Festen nie verschwenden,
Unschuldige mit Schmähen schänden,
Die Fleh'nden grausam von sich senden,
Den Rücken ihren Treuen wenden,
So doch gedient mit Herz und Händen:
Das grimmt mich sehr; und minder nicht,
Wer Geier zähmt und Eber sticht,
Und nichts als Flug der Falken spricht.
Nicht findet Lieb' und Ritterpflicht
Gehör vor Solcher Angesicht.

Rassa, mein Herze fühl' ich schlagen
Der schönsten Frau an allen Tagen.
Wer wagt es, Schimpf ihr nachzusagen?
Wer, schnöden Trugs sie zu verklagen?
Nur reut mich's, daß ich mochte wagen,
Ihr Lob so frei umherzutragen.
An ihren Wänglein rosenweiß,
An ihrer Tugend hohem Preis
Ein Jeder sie zu finden weiß;
Nun spürt man aus mit wenig Fleiß
Die Frau, die mich entflammt so heiß.

Rassa, mein Wort ist ohne Falten:
Feig ist, wem Kampflust mag erkalten,
Wer ruht, wenn Uebermüth'ge schalten,
Eh sie mit Unbill eingehalten.
Mag, wer da will, des Waidwerks walten,
Wenn Edle mich am Busen halten!
Mit Alguar, seinem Herrn, sodann
Hebt Moritz kühn ein Kämpfen an.
Es stürmt der Graf zuerst heran;
Fest steht der Vizgraf seinen Mann.
So schaun wir sie dort auf dem Plan.

Ihr, Marinier,** seid hochgeehrt.
Uns, statt des Fürsten kampfbewährt,
Ward ein Turnierfreund nun bescheert.
Daß nun dies Lied nicht Furcht beschwört,
Wenn Golfier de la Tour es hört!

Geh, Papiol! Sorge, daß es hört
Die Frau, die mir das Herz bethört.


* Mit  diesem Namen, dessen Bedeutung nicht zu ermitteln,
bezeichnet der Dichter Gottfried von Bretagne, Sohn Heinrich II. von England.
** d.h. Seemann. So bezeichnet Bertran den ältesten
Sohn Heinrich II. von England.

Nachgedichtet von Paul Heyse (1830-1914)

Aus:
Spanisches Liederbuch
von Emanuel Geibel und Paul Heyse
Berlin Verlag von Wilhelm Herz (Bessersche Buchhandlung) 1852
(Anhang: Provenzalische Lieder) (S. 262-265)
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I.
Rassa, so wächst und steigt und raget,
die allem falsch' ist ab gesaget,
ihr ruhm ihrs gleichen missbehaget,
der nicht ein' ist, dran nicht was naget;
denn das schaun ihrer schön' erjaget
ihr die wackersten - klags, wers klaget, - -
denn die besten, und die's verstehn,
kämpfen für sie onversehn,
als der hehrsten, die stehn und gehn,
und wird nie von ihrm stolz abstehn:
einem gönnte sie, will nur den.

Rassa, frau hab ich frisch und franke,
zierlich und frohgemut und schlanke,
eine falbe an ihrm vliesse, und blanke
an leib, als die schlehn an der ranke, -
harte tütten ob weicher flanke,
wie ein häslein schmieg um die kranke -
an der farbe frischen wie schlehn,
an dem stolz' und dem wolanstehn
leicht gelingt, die beste zu spähn
den', so sich dünken klug, zu sehn
welcherhalb ich anbet' und wen.

Rassa, mit reichen trutzt sie - grosse
weisheit übt meine dornenrose,
dass sie dankt Peitau, noch Tolôse,
noch Britaine, noch Saragôse,
denn sie geizt nach so stolzem loose:
kühne minnt sie und erbelose!
da sie mich zu ratgeb ersehn,
heiss ich's, teur müss' ihr minn' ihr stehn
und es geh ihr ein held auf lehn
vor graf und herzog Trug-lug-wen,
der sie nach liess' in schanden stehn.

Rassa, fürst, so nicht geb' und leihe
noch tisch' und lad' und freut nicht freie,
und ohn ursach schelt' und verschreie
und, wer gnad' ihn fleht, nicht verzeihe
verdriesst mich, und brut allerleie
die sich dienst zu entgelten scheue,
und der birschfürsten nach reh'n
grimmt michs, und die beizen mit krähn
und's zu falk' in fluge blähn
den' auch fechten und frauen flehn
nie bei ihn' zu gespräch' anstehn.

Rassa, dies wollt ich, dass euch freute. -
fürstlicher mann, den kriegs nie reute,
noch von ihm lässt, was ihm auch dräute,
bis dèn reut, der ihn reizt' um beute, -
taugt bass denn hatz und wassermeute,
die nicht lädt noch herzt kühne leute!
Maurîn und Aigâr sind ihr zween,
die in sprüchwort für stürmer stehn,
und der Lehnsgraf wehr sich ums lehn,
und der Graf soll auf seins bestehn,
und auf lenzmond wolln wirs sehn.

Papiôl, lass mein singen ergehn
an hofe meiner Argschön-feen.


übersetzt von Rudolf Borchardt (1877-1945)

Aus: Rudolf Borchardt Übertragungen
Herausgegeben von Marie Luise Borchardt
unter Mitarbeit von Ernst Zinn
Ernst Klett Verlag Stuttgart 1958
(S. 239-240)
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II.
Nachgrad z'imbisse wär es just nicht früh,
wer sich gut herberge fand,
und säss' in fleisch und brot und malvesî,
und fachte hell buchen' brand:
aller wochen tag hehrst' ist, den wir haben,
ziemet' ihm auch feierstand,
gefiel Frau Lân' halb so mein wolgehaben,
wie dem Graven übers land.

Zu grusse schwing ich um gen Lemosî,
allen die da schön' erkannt; -
mein Belseguir und mein Belsembelî
sucht zu lob' euch sonst jemand!
ich hab funden die aller welt an gaben
reichst' und die schönste benannt,
drum ist ihr minne alsô in mich ergraben -
von den andren rück ich d' hand.

Schön, junger leib, freimut und echt wie sie,
königlich von burt und stand -
um euch fahr ich in fremd' aus land' allhie
fern jenseit Anschôuen land.
und weil Ihr als' ob allen hoch erhaben,
steht eur ruhm übern rand,
denn sich ehrte durch euch die krone Schwaben,
wenn eur haubet sich drein band.

Seit sie mir klar in blick' hold antlitz lieh,
schlug mich die minn' in ihr band,
und mich setzte Meinherre nah an sie
auf kaiserlich pfühl von sammt.
und ward süsses gespräch' und hold gehaben
hövlich an sprüche gewandt,
und gemach, wie's zu Katalâne haben
und Fanschôuer wolanstand.

Am zarten wort' und lachen das ergie -
- und sah zähne von demant -
und den leib schlank und zärtlich, frisch wie nie,
gar zu schmuck in gewand -
und die farb war ihr rosenfrisch von traben -
zwang sie mein herz in ihr pfand,
mehr hab ichs freud' als wer mir gäb' Arâben,
ihr zu lieb bin ich entbrannt -

Ob allen ist sie: Maêr: die erhaben',
soviel see und erd' umspannt!


übersetzt von Rudolf Borchardt (1877-1945)

Aus: Rudolf Borchardt Übertragungen
Herausgegeben von Marie Luise Borchardt
unter Mitarbeit von Ernst Zinn
Ernst Klett Verlag Stuttgart 1958
(S. 241-242)
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III.
Ich verwahr mich, frau, dass ichs nicht verdien,
des mich vor euch han lügener geziehn:
bitt euch gnaden, man störe nicht zu streit
eur herze treu, freigemut, aufrecht, kühn,
leutselig, frank, hövlich und wolgediehn
mit meinem, frau, durch lügen die man seit.

Im ersten wurf müss mir mein falk verfliehn,
schlügen mirn schlechte blaufüss auf mein' knien
und trüg'n ihn, dass ichs rupfen säh von weit,
liebt ich nicht mehr, um euch in sinn erglühn,
denn von ein andrer spiels gewähret sîn,
die mirs gönnt' und mich hielt zu schlafens zeit.

Stärker verwünschung sei ich nicht verziehn,
und fluchte nie mir ärgerlicher mühn -:
fehlt' ich gen euch auch nur gedanken breit, -
wenn wir zur kammer giengen od'r ins grün
verschlags mirs g'mächt, zu handeln mein amîen,
so dass ichs nicht behelfe, was mich feit.

So ich vors brettspiel sessen, wollte ziehn,
gescheh mirs, dass ich nicht ein deut verdien,
noch ein' stein bringen mag zur gegenseit,
ja müsst' in zug auf rückzug bergen ihn, -
wenn ich ander frau wirb, noch um sie dien,
denn euch, die 'ch minn und will und mich an weid!

Erb' einer burg-auf-teil sei mir verliehn,
und sein's in turn quartieret vier partien,
und keins ein and sich lieb, und all sich leid,
ja, bedürft' immer ärzt' und medizin,
armbrüster, thorhut, knecht in ring und schien, -
het ich je mut zu minnen anderweit!

Meinfrau verrate mich um andr amîn
und thät mir danach not, mich um sie mühn,
und flau' der wind auf see zu schiffens zeit;
an königs hof hab' ein knecht mich bespien,
und sei in treffen vorderster zu fliehn,
so ers nicht log, ders sprach, und euch mir neidt.

Frau! - wenn mein enten-habech mir gediehn
blank ausgemaust, winkzahm und beizekühn,
jeden vogel zu stossen ungescheut -
kranch, reiher, schwan, galander schwarz und grün -
wünscht ich ihn mausrig? den die hühner fliehn?
feist, störzig, sich zu schwingen nie bereit?

Falsch, neidisch lügnervolk, gottunverziehn,
die mir wolln abhold machen, der ich dien,
ich rats euch wol, belasset mir den streit.


übersetzt von Rudolf Borchardt (1877-1945)

Aus: Rudolf Borchardt Übertragungen
Herausgegeben von Marie Luise Borchardt
unter Mitarbeit von Ernst Zinn
Ernst Klett Verlag Stuttgart 1958
(S. 243-244)
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Biographie: http://de.wikipedia.org/wiki/Bertran_de_Born

 

 

 


 

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