Die Troubadours

Lieder - Nachdichtungen der Troubadours
 

 

 


Giraudet der Rothe
(gegen 1150)



Gegrüßt im letzten Liede seid,
Weil ich des Singens müde bin.
Ich will nicht anderen Gewinn,
Da Sie nicht ihre Huld mir will gewähren.
Hang' ich der Lieb' an? Soll ich mich erwehren?
Ich schwörs euch, Herrin, edel, schön und fein:
Euch liebend oder nicht, der Tod ist mein.

Doch sterb' ich wohl zu beßrer Zeit,
Lieb' ich euch mit getreuem Sinn,
Hab' ich auch nicht des mehr Gewinn.
Was ihr mir anthut, dient nur mich zu ehren,
Und sollte sich mein Mut auch drob verzehren.
Der Mensch hängt von der Zeit ab, fällt mir ein,
Und eine Jahreszeit kann dauernd sein.

Auch mischt die Liebe Freud' in Leid;
Und blickt Sie lächelnd auf mich hin,
Dann wird mir wohlgemut der Sinn,
Dann fühl' ich Heil und Hoffnung wiederkehrn,
Sie werde, was Sie scheint, mir auch bewähren;
Denn sollt' Ihr widerlich mein Anblick sein,
Sie würde mir kein süßes Lächeln weihn.

Mitleidlos war zu keiner Zeit
Noch wird sein edlen Weibes Sinn;
Und Sie erstattet mit Gewinn.
Auch sah ich Stolz mit nichten ewig währen;
Nicht schreibe zwar ich Stolz Ihr zu, der hehren,
Vielmehr trag' ich vielmehr des Stolzes Schein,
Drum bitt' ich Sie, mir gnadenvoll zu sein.

Ohn' euch gibts Heil nicht für mein Leid,
Doch schweig ich still, Gebieterin.
Denkt, wie mir wohl ist, wenn ich bin
Eur Diener, mag mich Schrecken auch versehren.
Mein Herz gehört euch ja, der holden, hehren,
Mir raubt es euer Augen heller Schein,
Mich schließt ein Kerker, doch ein holder, ein.

Gott schuf Sie so; und Lieblichkeit
Wohnt Ihren schönen Gliedern inn,
Weshalb ich vollen Glaubens bin,
Nichts Schönres könne Gott der Welt bescheren.
Drum gönnt Sie mirs auch, Ihren Ruhm zu mehren,
Und denkt mir insgeheim hülfreich zu sein;
Gedeihend hoff' ich auf noch mehr Gedeihn.

Wohl weiß ich, was ihr thut, und allgemein
Nehmt ihr, Herr Dauphin, so die Herzen ein. -
Seid mild! Für euch wird, hohe Herrin mein,
Dem Tod sich Giraudet, der Rothe, weihn.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 58-60)

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Biographie: Giraudet lo Ros, wie er sich in seinen Gedichten nennet, oder (wie er in der provenzalischen Biographie heißt) Giraudos lo Ros (der Rothe), war der Sohn eines armen Ritters aus Toulouse, und kam als Hofdichter an den Hof seines Lehnsherrn, des Grafen Alphons Jordan von Toulouse, welcher im Jahre 1148 starb. Hier verliebte er sich in die Tochter des Grafen, und die Liebe zu ihr lehrte ihn dichten und er machte viele Canzonen. Von den sieben von ihm noch übrigen Gedichten findet man fünf bei Rayn III. S. 5-14. Seine Geliebte führt darin den Namen Alixandres, und scheint von ihm recht innig geliebt worden zu sein. Er war der älteste Kunstdichter, der aus Toulouse hervorging.

Aus: Die provenzalischen Troubadours nach ihrer Sprache, ihrer bürgerlichen Stellung, ihrer Eigenthümlichkeit, ihrem Leben und Wirken
aus den Quellen übersichtlich dargestellt von Dr. Ed. Brinckmeier
Halle 1844 (S. 138)



 

 


 

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