Die Troubadours

Lieder - Nachdichtungen der Troubadours
 

 

 


Peire Vidal
(1175 - ca. 1215)
 


Aus der Luft saug' ich Erquicken,
Die mein Land Provence sendet,
Alles freut mich, was es spendet,
Ja, ich höre mit Entzücken,
Was man Gutes von ihm spricht,
Frage und ermüde nicht:
So kann mich sein Lob erfreuen.

Solch ein Land hat's nie gegeben,
Wie vom Rhonestrom nach Vence
Und vom Meer bis zur Durance,
Noch ein so vergnüglich Leben.
Drum ließ ich in lauter Glück
Froh mein Herz bei Ihr zurück,
Die den Trübsinn kann zerstreuen.

Nichts darf uns des Tags beschweren,
Wo wir ihrer uns besonnen,
Da sie Urquell aller Wonnen,
Und wer redet ihr zu Ehren,
Ihr, der besten ohne Streit
Und der schönsten weit und breit,
Was er sagt, er kann nicht lügen.

Was ich dicht' und sonst vollbringe,
Ihr verdank' ich's, da sie Kenntniß
Mir verliehen und Verständniß:
Darum bin ich froh und singe,
Und was Schönes mir gelingt,
Selbst was mir das Herz durchdringt,
Dank' ich ihren holden Zügen.
 

Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)

Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 163-164)

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Wehn aus der Provence die Winde,
Athm' ich ihnen tief entgegen;
Denn von dort kommt lautrer Segen.
Wo ich sie gepriesen finde,
Lausch' ich lächelnd fort und fort,
Scheint zu arm mir jedes Wort;
So erquickt mich, wer sie ehret.

Wo ist noch so lieblich leben,
Als vom Rhonestrom bis Vence,
Zwischen Meerflut und Durance?
Wo mag's süßre Wonne geben?
Ach mein Herz ist allezeit
In dem Land der Lieblichkeit,
Das die trübsten Seelen kläret.

O wer grämt sich an dem Tage,
Wo er an die Flur gedachte,
Die ihm Heil und Wonne brachte!
Was man ihr zum Preise sage,
Lügen wird man nimmerdar,
Denn in aller Welt fürwahr
Ist nichts Holderes zu schauen.

Was ich kann in That und Worten,
All mein Wissen und Verstehen
Trag' ich nur von ihr zum Lehen.
Deß frohlock' ich allerorten.
Alles was mir lieblich steht,
Auch dies Heimweh früh und spät
Dank' ich jenen klaren Auen.


Nachgedichtet von Paul Heyse (1830-1914)

Aus:
Spanisches Liederbuch
von Emanuel Geibel und Paul Heyse
Berlin Verlag von Wilhelm Herz (Bessersche Buchhandlung) 1852
(Anhang: Provenzalische Lieder) (S. 285-286)

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In die Brust zieh' ich die Winde,
Die der Heimat Land entschweben.
Gute Kund' aus ihm gibt Leben
Meiner Brust, berührt mich linde.
Hört' ich hundertmal sie an,
Nie sie mich ermüden kann:
Heimatlob ich stolz empfinde.

Denn kein Land so hold ich finde,
Als das Rhon' und Meer umgeben,
Vence  und Durance durchstreben,
Schließend es in ihr Gewinde.
Jenes heitre Volk gewann
Ganz mein Herz und that's in Bann:
Dort entweicht das Leid geschwinde.

Drum nicht haßenswerth ich finde
Tage, die mir Botschaft geben,
Wie so fröhlich dort zu leben.
Jedem, Greise sowie Kinde,
Herrn und Diener, Frau und Mann,
Der sie preist, steht wohl es an:
Schön ich nur die Heimat finde.

Was ich sage, weiß, empfinde,
Alles hat sie, nicht bloß Leben,
Sangeskunst mir auch gegeben
Dichterkränze, die ich winde,
Was ich Gutes schaffen kann:
Ihre Huld ist schuld daran,
Selbst am Leid, das ich empfinde.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 145-146)

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Der Ros' im Frühlingsreich
Ist Sie an Farbe gleich,
An Weiße lilienbleich.
Als Gott Sie ließ entstehen,
Hat ers drauf abgesehen,
Daß Andres er nicht wollte,
Als daß durch Sie erstehen
Die Lieb' und Bulschaft sollte.


Nachgedichtet von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)

Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 147)

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Theure Freundin, süsse, reine,
wolgethane, schöne, gute,
euch ergibt mit frohem Mute
sich mein Herz, sonst liebt es keine.
Aber euch mit stätem Sinne
trag' ich still bescheidne Minne;
mehr als Lombardei und Franken
schätz' ich eure freundlich Danken.

Denn ihr seid dem Baum vergleichbar,
dran gedeiht der Freuden Blüte;
wer euch liebt mit Hochgemüte,
ist dem Unglück unerreichbar.
Eure Lieb', ein Quell der Freuden,
heilt mein Herz von jedem Leiden,
nimmt mir Wehe, nimmt mir Schmerzen,
gibt mir Freud' und Lust zu Scherzen.

Schönheit schmückt mit reichem Glanze
euren Leib in hellem Scheine,
eine Kaiserkron', ihr Reine,
ziemet' eurem Haupt zum Kranze.
Frei von Stolz und hold und gütig,
alle nennen euch einmütig
Königin der Freud' und Wonne
und der Ehr' und Tugend Sonne.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. IV)

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Wen eines andern Macht bezwingt,
der darf nicht thun was ihm gefällt,
weil dem, was jener besser hält,
er seinen Wunsch zum Opfer bringt.
Drum weil ich in der Liebe Macht,
bin ich auf ihren Wunsch bedacht,
thu' Recht und Unrecht, Bös und Gut,
denn das geziemt verliebtem Mut.

Wer in der Welt gedeihen will,
muss manches was ihm missbehagt
ertragen: ob er innen klagt,
er zeig' es nicht und schweige still.
Doch naht ihm rechter Ort und Zeit,
sei zur Vergeltung er bereit
und zeige dann sich träge nicht,
denn sonst verletzt er Recht und Pflicht.

Auf Ehr' und Jugend halt' ich sehr
und edlen Frauen dien' ich gern;
auch lieb' ich einen höfschen Herrn,
nicht Geld und Gut ist mein Begehr.
Und dennoch, wäre Macht nur mein,
kein Graf und Herzog sollte sein,
der sich so mild erzeigen sollt'
und weniger den Schlechten hold.

Ach! Herrin, Gott mein' ich zu sehn,
schau ich eur edles Antlitz an,
und weil ich so in eurem Bann,
mag Liebes mir von euch geschehn.
Denn eure Liebe hält mich fest,
besiegt, gebunden und gepresst,
ach! wären alle Länder mein,
ohn' euch würd' ich ein Bettler sein.

Ach! als ich von euch scheiden musst'
und ihr allein zurücke bliebt,
da starb ich fast, zum Tod betrübt,
so drängten Seufzer meine Brust.
Ach! Holde, Süsse, reich an Zier,
so helfe Gott und Gnade mir,
behaltet mich und meinen Sang,
macht's auch den Eifersüchtgen krank.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. VII-VIII)

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Ob herrlich naht     die Sommerzeit
mir ist es leid,     denn Traurigkeit
schafft meiner Brust
sie, die sonst Quelle meiner Lust.
Was hilft mir nun des Maien Blust,
wenn mir die Süsse nicht mehr hold,
die sonst nur Ehre mir gezollt?
Und büss' ich ein der Lieder Quell,
die Worte gut, die Weisen hell,
die ich in Liebeslust gemacht -
was bleibt dem Herzen, dass es lacht?

Ich übertrat     Befehle nie,
stets hielt ich sie,     doch weil ich hie
spät heimgekehrt,
wo sie regieret hochgeehrt,
so fürcht' ich, Neider, die den Wert
verliebter Herzen gern gesunken sähn,
erzeigten sich mir feindlich hier.
Doch ziemte Lohn und Ehre mir,
weil ich verbarg die Liebe mein,
doch will sie nur der Schuld mich zeihn.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. XXVII-XXVIII)

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Dem Armen gleich, der in des Reichen Haus
und nimmer klagt, so sehr ihn quält der Schmerz,
weil er zu kränken scheut des Herren Herz,
bricht auch mein Weh in keine Klagen aus.
wohl duld' ich Schmerz, da mir so stolzgesinnt
die Einzige, die meine Seele minnt,
um Gnade nicht wag' ich sie anzuflehn:
so zitter' ich, sie mir erzürnt zu sehn.

Gleich dem, der durch das helle Fenster blickt
und sich erfreut am lichten Sonnenglanz,
so macht ihr Angesicht mich trunken ganz,
und sie zu sehen mich mir selbst entrückt.

ich brach den Zweig, mit dem mich Liebe schlägt,
einmal in ihrem Schloss, das Lust umhägt,
raubt' ich ein Küsslein, das mich noch durchglüht -
wie weh ist dem, der nicht sein Liebstes sieht!

Beim grossen Gott, gar übel thut sie dran,
mein schönes Lieb, dass sie nicht Schutz verleiht,
denn ihr allein ist Lieb' und Herz geweiht,
das keiner andern Gunst begehren kann.
Ach Gott, so hold ist, was sie thut und spricht,
nur meine Lieb' allein erweicht sie nicht.
So meint sie wohl von mir befreit zu sein?
Nein! dulden will ich wie bisher die Pein!

So hält mein Lieb mich fest in ihrem Zaum,
dass trotz dem Weh ich stets ihr dienen muss,
denn mich entzückt ihr freundlich holder Gruss,
ach! keine zweite lieb' ich nur im Traum.
An jedem Tag ist meine Lieb' erneut,
sie anzuschauen ist mein Herz erfreut,
und denk' ich, welche Lust sie kann verleihn,
nichts kann auf Erden heissersehnter sein.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. XXXV-XXXVI)

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Sangbereit     stets gedeiht
mir Wort und Weise gut,
hinten weit     allezeit
lass' ich der Sänger Flut.
Mein Grund dazu ist gut.
Doch mein Lieb     ach! vertrieb
mich fort aus ihrer Hut,
wie den, der Böses thut
mit des Verräthers Mut,
ihre Lieb'     macht mir trüb
mein Herz so treu und gut.
Es schmerzt mich ihre Wut,
der ihr nur Liebes thut.
Sie will mir nimmer wohl - wofür?
Weil ich ihr diene mehr denn mir.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. XXXVII)

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Ach! wie süss, den Hauch zu saugen,
der von der Provence wehet,
wie mir das zu Herzen gehet,
wie mir lachen Mund und Augen,
wenn man Gutes von ihr sprach!
tausendmal frag' ich darnach,
so erfüllt's mich mit Behagen.

Kennt ihr wohl so schöne Auen,
wie von Rozer bis nach Vensa,
von dem Meere zur Durensa,
wo nur Freud' und Lust zu schauen?
Bei dem Volke brav und gut
blieb mein Herz in ihrer Hut,
die mir Trauer kann verjagen.

Sei gesegnet mir die Stunde,
wo ich denke meiner Schönen,
die mich lässt mit Freud' umkrönen.
Nimmer gab so wahre Kunde,
als wer Gutes von ihr spricht:
eine Bessre gibt es nicht
auf der Welt, das darf ich sagen.

Kann ich Gutes thun und treiben,
ihr der Dank, die mir gegeben
Kraft und Willen, um zu streben,
froh und liederreich zu bleiben.
Was ich Wackres that, die Schuld
geb' ich ihrer Liebeshuld,
auch mein Sehnen und mein Klagen.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. XXXIX)

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Nun ich in der Heimat wieder
und es meinem Lieb gefällt,
sing' ich, dank- und lustgeschwellt,
ihr das schönste meiner Lieder.
Denn mit Huldigen gewinnt
man von seinem guten Herrn
Ehr' und Gab' und Huld, wer gern
Ehre seinem Herrn gewinnt,
drum auf Lob mein Herze sinnt.

Weil ich Böses nie gesonnen,
trag' ich Hoffnung in der Brust,
dass das Leid sich kehr' in Lust,
da das Spiel so schön begonnen.
Drum wer liebet treu und gut,
werd' in mir sein Mut erneut,
der ich keine Müh' gescheut:
aus dem Eise schöpft' ich Glut,
süssen Trank aus bittrer Flut.

Nimmer würd' es gut sich fügen,
trüg' ich Demut nicht zur Schau,
denn es lässt die hohe Frau
nur von Demut sich besiegen.
Demut neben freiem Sinn
macht den Stolz sich unterthan,
doch zu ihr bricht keine Bahn
Helfer mir und Helferin:
Flehn ist einzig mein Gewinn.

Wer da schilt ein lang Erwarten,
klein bedünkt mich sein Verstand,
Artus selbst im Brittenland
kam ja wieder, dess sie harrten,
Auch mein langes Harren liess
mich gewinnen süssen Dank,
einen Kuss, den Liebeszwang
mich der Liebsten stehlen hiess:
doch jetzt schenkt sie ihn gewiss.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. XL-XLI)

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Nicht Schnee und Regen, Sturm und Wind,
benimmt mir Freud' und Heiterkeit,
ob einer Lust, der ich geweiht,
dünkt finster Tag mir klar und lind.
jetzt dien' ich einer holden Fraun,
sie ist so schön und lieb zu schaun,
könnt ich gewinnen ihre Minn',
in alle Lüfte flög' ich hin.

Ein Falke der im Netz sich fängt,
und, bis gezähmt, sich wild erzeigt,
doch dann zur Sanftmut gern sich neigt,
wenn man ihm gute Pflege schenkt,
dann gilt er mehr als einer je -
so ist es denn, und war es eh',
der wirbt um junger Frauen Kuss,
weil man zuerst sie zähmen muss.

Langsam im Feuer schmelzt das Gold
der Meister, bis es sich geklärt,
dann ist das Werk auch doppelt wert;
drum wenn mein Lieb mich quälen sollt',
ich klage nicht: ach! wenn die Glut,
der Lieb' entflammte ihren Mut,
ich sänge wohl von Freuden dann.
doch nicht verzagen soll der Mann.

Verliebten Herzen steht es gut
besonnen und bedacht zu sein,
nach rechtem Mass und höflich fein,
nicht klagen mit gesunknem Mut.
Denn Trauer hilft zur Liebe nicht,
nur Dank und Mass ist Liebespflicht,
und wer da recht und innig liebt,
sei immer froh und nie betrübt.

Die Abenteuer von Gawein
vollbracht ich all' und andre noch,
und sitz' ich auf dem Rosse hoch,
dann schlag' ich alles kurz und klein.
wohl hundert streckt' ich auf den Sand,
von hundert nahm ich Waffenpfand,
macht' hundert Frauen wohl betrübt
und hundert froh, die mich geliebt.


Nachgedichtet von Karl Bartsch (1832-1888)

Aus: Peire Vidal's Lieder
Herausgegeben von Dr. Karl Bartsch
Berlin Fred. Dümmlers Verlagsbuchhandlung 1857
(S. LIX-LXI)

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Biographie (engl.): http://en.wikipedia.org/wiki/Peire_Vidal

 

 

 


 

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