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Wilhelm IX Graf von Poitiers
(reg. 1037-1127)
Ihr muß sich jede Wonne neigen,
Die Macht ihr dienen weit und breit
Ob ihrer holden Freundlichkeit,
Dem milden Blick auch, der ihr eigen,
Laßt einen hundert Jahr erreichen,
Sie sättigt ihn zu keiner Zeit ...
Da es nichts Schön'res giebt im Leben,
Kein Mund es sagt, kein Aug' erblickt,
Behalt' ich sie, die mich beglückt,
Um mir die Seele zu erheben
Und frische Kraft dem Leib zu geben,
Daß ihn das Alter nimmer drückt.
Ich bin, will sie mir Gunst gewähren,
Zum Nehmen und zum Dank bereit,
Zum Huld'gen und zur Heimlichkeit,
Will stets erfüllen ihr Begehren
Und halten ihren Ruf in Ehren,
Ihr Lob verkünden weit und breit.
Nichts darf ich wagen ihr zu schicken,
Sie zürnt, und das nimmt mir den Muth,
Noch selbst - so bin ich auf der Hut -
Wag' ich mein Leid ihr auszudrücken;
Doch sie sollt' auf mein Bestes blicken,
Das ganz in ihren Händen ruht.
Nachgedichtet von Friedrich Diez (1794-1876)
Aus: Leben und Werke der Troubadours
Ein Beitrag zur nähern Kenntniß des Mittelalters
Zwickau 1829 (S. 7)
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Gar fröhlich wandt' ich meinen Sinn
Auf eine Lust, die steht mir an,
Und seit mein Frohsinn neu begann,
O wie ich wohl berathen bin!
Nur das zu denken ist Gewinn,
Wie ich sie schaun und sprechen kann.
Ihr wißt, ich prahlte nie zuvor,
Ruhmreden war mir nicht bekannt,
Doch wenn je Lust in Blüte stand,
Sproß diese wundersam empor,
Prangt über aller Blumen Flor,
Wie Sonnenglanz die Trübe bannt.
Wer auf der weiten Erde weiß
Ein Glück, so reich an Wünschen bang,
An aller Sehnsucht Ueberschwang,
Wie dieses so verlangend heiß;
Und wer erschöpfte seinen Preis,
Ob er ihn Jahr und Tag besang?
Jedwede Wonne neigt sich ihr,
Ihr eignet alle Herrschgewalt
Um ihre liebliche Gestalt
Und ihres süßen Blickes Zier.
Ihr Werth ist unergründlich mir,
Und würd' ich hundert Jahre alt.
Gesund wird, wen sie angelacht,
Ihr Zorn bringt frischen Leib zu Tod;
Es welkt des Schönsten Wangenroth,
Der Weise wird zum Narrn gemacht.
Wer fein, wird täppisch über Nacht,
Wer täppisch, fein vor Liebesnoth.
Da holder nichts als dieses Weib
Zu sehn, zu preisen Gott verlieh,
So heg' ich wie mein Kleinod sie
Zu meines Herzens Gramvertreib,
Zu süßem Labsal meinem Leib,
Daß dieses Haar ergreise nie.
Ich bin, will sie mir Gunst verleihn,
Froh zu Empfang und Dank bereit,
Zum Kosen und zur Heimlichkeit,
Zu thun nach ihrem Wunsch allein,
Zu hüten ihrer Ehre Schein,
Und sie zu rühmen weit und breit.
Ich send' ihr keinen Boten zu,
So fürcht' ich, daß sie Zorn befängt,
Noch wag' ich selbst, von Scheu beengt,
Daß ich mein Lieben kund ihr thu'.
Sie selbst bedenke meine Ruh,
Die ganz an ihren Gnaden hängt!
Nachgedichtet
von Paul Heyse (1830-1914)
Aus: Spanisches Liederbuch
von Emanuel Geibel und Paul Heyse
Berlin Verlag von Wilhelm Herz (Bessersche Buchhandlung) 1852
(Anhang: Provenzalische Lieder) (S. 221-223)
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Froh' biet' ich mich der Liebe dar,
Zu solcher Lust bin ich bereit,
Denn da ich mich der Lust geweiht,
Nehm' ich des besten Wertes wahr.
Sie lieben, Bestes ists fürwahr,
Sie sehn, Sie hören allezeit.
Nicht darf ich prahlen das ist klar,
Mit eigener Ruhmredigkeit:
Doch blüht mir jemals freudige Zeit,
Beut Sie mir schönste Wonnen dar,
Und glänzt vor Allen hell und klar,
Wie wenn der Tag sich dunstbefreit.
Nie legt man es zur Gnüge dar,
Wie Willenskraft, Beredsamkeit,
Gedank' und aller Sehnsucht Leid
Nie solche Freude preiset wahr.
Sie recht zu loben wär' ein Jahr
Selbst eine noch zu kurze Zeit.
Jedwede Lust weicht Ihr fürwahr,
Ihr dient, was Macht heißt, weit und breit,
So hold ist Ihre Freundlichkeit,
So mild der Augen süßes Paar;
Und lebte jemand hundert Jahr,
Sie sättigt' ihn zu keiner Zeit.
Sie heilt den, der verwundet war,
Schafft dem Gesunden Todesleid,
Macht toll den, der bisher gescheit,
Den Schönen aller Schönheit baar,
Zu Bauern macht Sie Ritter gar,
Und ritterlich die Bäurischheit.
Da nichts sich beut so Schönes dar
Dem Blick noch der Beredsamkeit,
Bleib' ich beständig Ihr geweiht,
Daß Leib und Seele wunderbar
Sie mir erfrische immerdar,
Mich wappne gegen Alters Leid.
Ich bin beut Gegengunst Sie dar,
Zum Nehmen und zum Dank bereit,
Zum Huldgen und zur Heimlichkeit,
Zu Rath und That unwandelbar,
Auch nehm' ich Ihres Rufes wahr,
Ihr Lob verkündend weit und breit.
Sie zu beschicken hat Gefahr,
Ihr Zorn gibt mir Muthlosigkeit:
Denn furchtsam bin ich, selbst mein Leid
Der Sehnsucht leg' ich Ihr nicht dar.
O nähme selbst Sie meiner wahr,
Der nimmer ohne Sie gedeiht!
Nachgedichtet von Karl Ludwig
Kannegießer (1781-1861)
Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 13-15)
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Mehr als sonst ist mein Gedank'
Und mein Herz voll Innigkeit,
Wie voll Ehrbeflißenheit:
Drum sei hold auch mein Gesang.
Ist so hold dann mein Gedicht
Daß es unsrer Huld entspricht,
Wohlgeziemend, froh und rein
Wird mein holdes Lied dann sein.
Wort, Wesen, Lächeln, That all eure Zier,
Die ich besing, erscheint geziemend mir.
Drum muß ich wohl haben Drang,
Lob und Dienstbeflißenheit
Euch zu weihn, o Lieblichkeit!
Und ich weiß es Amorn Dank.
Nehmt mich selbst! Verschmäht mich nicht!
Lohn ist das, drauf ich erpicht,
Wie für alle Noth und Pein,
So für holde Phantasein,
Die ihr mir schuft; Flucht, Schmeichelei, Begier,
Nachfolge, wie Entsagung nehmt von mir.
Ja, entsage, rechn' auf Dank -
Spricht Verstand - zu keiner Zeit!
Ihr seid schön, - spricht Sinnlichkeit -
Herrin, mehrt in mir den Drang.
Ja, ich folg', ich laß' euch nicht,
Wann ich schau' der Schönheit Licht,
Flieh' ob Afterrederein,
Schmeichle euren Zauberein,
Begehr' euch, zwar mein Leiden dann seid ihr,
Lieb' euch, denn nur zu sehr gefallt ihr mir.
Folgt' ich meinem Lobesdrang,
Lobt' euch mit Wahrhaftigkeit,
Eure Ehr' und Gastlichkeit,
Eurer Rede holden Klang,
Geistesschönheit, Augenlicht,
Locke, die sich schön verflicht,
Mienen, die euch Würde leihn:
Dann säh' auch der Dümmste ein,
Welch eine Frau ihr seid, wie würdig ihr
Der Neigung wie des Minnelieds von mir.
Euch zu sagen meinen Drang,
Fehlt es mir an Dreistigkeit.
Bin zum Tod' ich auch bereit,
Hoff' ich dennoch sonder Wank.
Seid ihr hold, nichts dann gebricht.
Amor kann, irr' ich mich nicht,
Hehrer Herzen nicht allein
Kann für mich auch Sieger sein.
Was zum Geschenk' ich fodr', ihr seid es, ihr;
Die höchste Lust, nichts weiter geb' er mir.
Schöne Frau, ihr seid die Schrank',
Euch, sonst Keiner ist geweiht
Meine Dienstbeflißenheit;
Amor übt mit Recht den Zwang.
Wen eur Feßelband umflicht,
Süßre Lage gibt es nicht.
Eurer Mienen Zauberein
Heißen Todte lebend sein;
Fehl und Verlust heilt und ersetzet ihr,
Die Müh' wird Lust, und sanft die Zornbegier.
Spröde Herrin, Wonne leihn
Können eure Zauberein.
Sprecht, handelt! Schön stets sprecht und handelt ihr,
Und euren Gliedern ward gleich edle Zier.
(Diß Lied wird auch dem unbekannten Troubadour
Prebost de Valensa zugeschrieben)
Nachgedichtet von Karl Ludwig
Kannegießer (1781-1861)
Aus: Gedichte der Troubadours
im Versmaaß der Urschrift übersetzt
von Karl Ludwig Kannegießer
Tübingen 1852 (S. 20-22)
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Der grave von Peitau war von den grössesten höfischen leuten
der welt und grössesten trügern von frauen; und guter ritter
zu streiten. Und onmaassen hinter frauen; und konnte wol
dichten und singen. Und gieng lange zeit durch die welt,
frauen zu verführen. Und het einen sohn, der het zu gemahele
die herzoginne von Normandie, von der er eine tochter het,
die ward Heinriches, königes von Engellande, gemahel,
mutter des königes jungen und herrn Richards
und des graven Jaufre von Britaine.
I.
Heergesell', ich will ein liedlein
gar gemeit,
das ist voller narretei
und nicht gescheit,
und ist ganz gebraut von Minn'
und von freud' und jugendzeit.
Und ein gauch müss' heissen
ders nicht unterscheidt,
noch zu lernen es nicht wäre
gern bereit -
wer nach wunsche Minne fand
da von scheiden ist ein leid. -
Zwo der ross hab ich am sattele
wacker beid,
gut und beide mir zu nutz'
und zu streit -
gehn mir doch fast nicht zusamm
weil eins das ander schier nicht leidt.
Möcht' ich sie zu wunsche zähmen
mir selbzweit,
ja so wollt' ich tauschen nie
mein schön gereit,
denn ich wärs beritten bass
denn kein mann in kristenheit.
Eines rannt' in berge wild, als
man mir seit,
schnell', und aber scheuch gewohnt
so lange zeit,
und als storr und als sperrig
dass's den striegel stösst zur seit.
Drunten zogen ward das ander
bei Cofleit,
und ich sah kein schöners nie
die weit und breit;
dieses ward noch nie vertauscht
noch um gulden noch geschmeid.
Rittersmann, eins zweifels thut
mir bescheid:
kiesen noch verkiesen hat mich
nie entzweit:
traun, i'nweiss mit wem ichs halt'
ob Adaltrut ob Adalheit.
Von Gimèl hab ich die burg
und herrlichkeit,
und um Nîol beut ich truz
der mir's beide sind geschworn
und verpflichtiget mit eid.
übersetzt von Rudolf Borchardt (1877-1945)
Aus: Rudolf Borchardt Übertragungen
Herausgegeben von Marie Luise Borchardt
unter Mitarbeit von Ernst Zinn
Ernst Klett Verlag Stuttgart 1958 (S. 213-215)
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II.
Ich will mach'n ein liedlein neue
eh es wind' und regen' und schneie -
Meinfraue prüft mir mancherleie
müh, was maassen ich sie minn -
je doch, wie mir's trutze und dräue,
löst sie ihr band nie drin ich bin.
Ja mich gib ich ihr für eigen,
dass mich's könnt an briefe zeigen;
und des nemt mich nicht für feigen,
ob ich mein Herzfrauen minn:
denn ohn sie ist kein beleiben,
so hungrend nach ihr minn' ich bin.
Denn sie'st weiss'r als elfenbeine,
drum ich anders keine meine;
so mir bald nicht helf' erscheine,
wie 'ch mein Herzfrauen minn -
sterb ich, bei Sant Rôns gebeine:
küsst mich's nicht am hag oder drin.
Was frommt' euchs gross, fraue süsse,
ob eur minne mich verstiesse?
wollt Ihr euch zu nonnen schliessen?
und wisst, denn ich als' euch minn -
ich besorg's mit schmerz zu büssen,
so mein klag an euch lohn nicht g'winn.
Was frommts euch, wollt ich verklostern
und für euch nur paternôstern?
all die welt wird uns ein ostern,
frau', und werden wir geminn -
fern zu meinem freund Daurôstern
sags und beut ichs mit sang dahin -
Wol nach dieser zittr' und beb ich,
solcher herzminn' ich sie minn:
wähn' auch, wuchs gleich ihr nie lebig
von stamm' Adâms ein Königin.
übersetzt von Rudolf Borchardt (1877-1945)
Aus: Rudolf Borchardt Übertragungen
Herausgegeben von Marie Luise Borchardt
unter Mitarbeit von Ernst Zinn
Ernst Klett Verlag Stuttgart 1958 (S. 215-216)
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III.
Mit süss' in dieser maien welt
laubet der wald, und hallt und schellt
ein jeglichs vöglein seinen leis,
und stimmt den ton auf neuen sang -
mit recht' alsò stellt man den fleiss
dar nach man je zu meiste rang.
Von dàn, da mir zu meist gefällt,
wird mir nicht schrieben noch gemeldt,
drob mir verleidet trank noch speis,
noch weiss, zu richten meinen gang,
bis dass ich das gelingen weiss,
ob mirs gedieh, wie 'chs da verlang:
Die minn' in uns steht solcher weis,
als wie des rosendornes reis
steht über baume rank und krank
des nachts, in dem regn' und der kält,
bis an die früh, und sonne drang
durch die äst' und das grün gezelt.
Noch, war ein morgen, den ich weiss,
da wir geendt den streit so heiss,
und sie mir gab so gross ein dank -
ihr buhlenschaft und ringvergelt -
noch lass mich leben Gott so lang,
dass übr mein händ' ihr mantel fällt!
Denn was, ob Fremdenzunge heiss
was fern mir hält der welte preis -
ich weiss von worten, wie mir's klang,
wo man die kurze zwiesprach hält -.
von minn' hat mancher sing-und-sang,
- und wir den beutel und das geld!
übersetzt von Rudolf Borchardt (1877-1945)
Aus: Rudolf Borchardt Übertragungen
Herausgegeben von Marie Luise Borchardt
unter Mitarbeit von Ernst Zinn
Ernst Klett Verlag Stuttgart 1958 (S. 216-217)
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Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_IX._(Aquitanien)
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