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Esteban Manuel de Villegas
(1589-1669)
spanischer Dichter
An den Zephyr
Sapphische Ode
Süsser Freund grünlaubiger Waldgehege,
Blüh'nden Lenzes ewiger Gast, der Mutter
Aphrodite lebenerfüllter Hauch, o
Schmeichelnder Zephyr!
Da du kennst mein liebendes, heisses Sehnen,
Der du meinen Klagegesängen lauschtest,
Hör's und sag - nicht fürchte dich! - meiner Nymphe,
Sag ihr, ich sterbe!
Einst, ach! wusste Phyllis um meine Schmerzen,
Einst, ach! weinte Phyllis um meine Leiden,
Mich geliebt einst hat sie, doch jetzo fürcht' ich,
Fürcht' ich ihr Zürnen.
Mögen dann die Götter aus Vaterliebe,
Mögen dann aus liebender Huld die Himmel,
Wenn du fröhlich schwärmest, nicht kalte Flocken
Senden der Erde!
Keine Wolke, dunkel und schwer, auch, ziehend
Hin an hochaufragenden Gipfeln, streife
Dir die Schulter! Böslicher Hagel deiner
Fittiche schone!
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 416-417)
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Lied
Selbstvertheidigung
Die Mädchen zu mir sprechen:
"Was, Don Estevan, ist es,
Dass ewig Du von Liebe
Und nie vom Kriege singest?"
Hierauf ich dies entgegne:
"Ihr art'gen Schwätzerinnen,
Weil garstig sind die Männer,
Und ihr mit Reiz gezieret."
"Wozu säng' ich in Tönen,
Drommetengleich erklingend,
Von Helden, die belastet
Den Arm mit einem Schilde?"
"Was würd' ich denn für Freude
Vom Lanzenbaum gewinnen,
Der wohl der Blätter tausend,
Doch keine Früchte bringet?"
"Wer zehrt von Pergamenten,
Hab' er gleich deren viele,
Und wer von seinen Wappen,
Davon er nichts beziehet?"
"So mag denn ich die Schlachten
Der Krieger nicht besingen;
Nein, nur die Mädchenkämpfe,
Denn das sind meine Kriege."
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 418-419)
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Lied
Amor und Lydia
An eines Bächleins Rande,
Hinperlend klar im Sande,
Beschattet dicht von Bäumen,
Wo Kühlung lockt zu Träumen
Bei Sommerglutenbrande,
In Schlummer sanft gewieget,
Der Welt zur Freude, lieget
Cythere's Sohn, der wachend,
Rings helle Glut entfachend,
Der Erde Kreis durchflieget.
Sein Köcher ruht daneben;
Die Schulter leicht umschweben
Sieht man ihn sonst; den Bogen -
Sein Arm, sanft eingezogen,
Hat ihn jetzt aufgegeben.
So, schlafend hingegossen,
Sieht Lydia ihn; entschlossen
Springt sie zum kleinen Sieger,
Wie der gereizte Tiger
Kommt auf den Feind geschossen,
Raubt Bogen ihm und Pfeile
Und zielt auf ihn in Eile.
Erwacht ruft da der Knabe,
Bemerkend, wie sie habe
Genutzt die günst'ge Weile:
"Wie, Rache Dir zu schaffen,
Willst Pfeile, Lydia, raffen
Du Thörichte zusammen?
Wo Deine Augen flammen,
Brauchst Du nicht meine Waffen."
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 422-423)
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Lied
Amor und die Biene
An einem Rosenstocke
Sich Bien' und Amor treffen,
Die beiden Plagegeister
Der Blumen und der Herzen.
Mit Pfeilen hat der Knabe
Den Köcher wohl versehen,
Die schärfste Spitze führet
Der Stachel des Insectes.
Die Biene mit Gesumme
In Kreisen sich erhebet,
Und Er, der Lose, kichert
Und trällt sich tausend Verschen.
Allein bald finden Rache
Die Blumen wie die Herzen;
Er geht hinweg verwundet,
Und sie bleibt todt zur Stelle.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 424)
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Lied
An Drusilla
So lange dieses feine
Gelockte Haar noch Deine
So stolze Stirn umkränzet,
Die gleich Crystallen glänzet,
Und Deine Liljenwangen
Im Reiz des Purpurs prangen,
Des Purpurs, dessen Schimmer
Weicht dem der Lippe nimmer:
Freu Dich, in Jugendfülle,
Deines Aprils, Drusille!
Pflück, pflücke Deine Rose,
Du Kalte, Liebelose,
Eh' sich die frost'gen Stunden
Des Alters eingefunden.
Genaht Dir, könnt' es wüthen
So feindlich Deinen Blüthen,
Dass Du, um nicht mit Grauen
Entstellt Dich so zu schauen,
Dich wirst vor Spiegeln hüten.
Übersetzt von Friedrich Wilhelm
Hoffmann (1785-1869)
Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857
(S. 425-426)
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Anakreontische Lieder
1.
Wie strömt mit Süßigkeiten
Dein Kuß mir durch die Seele,
O Lydia, schöne Blume!
Als ob vom holden Munde
Dir ewig Honig dufte,
Und mir, wenn ich ihn küsse,
Mir schwinden alle Sinnen.
Gegeben hast Du einen,
Mir dargeboten einen:
O laß das Paar vollenden,
Das wir so schön begonnen!
Du karges, böses Mädchen!
Dann bist auch Du zufrieden,
Ich Fod'rer bin befriedigt.
2.
O theile diese Nelken,
Die honigsüßen Nelken!
Und süß, wie Honigfladen,
Eröffne die Korallen!
Fühl' ich an meinem Munde
Den Druck der Rosenlippen,
So hören auf zu fließen
Der Augen Thränenströme, -
So kühlet sich die Flamme,
Die in den Adern brennet, -
So schweigen alle Qualen,
Die meine Ruhe stören, -
So lebet eine Seele, -
So sterben tausend Schmerzen!
Ein einzig Küßchen, Lydia,
Ist nicht so große Gabe!
Glaubst Du, dadurch entstünde
In meiner, Deiner Liebe
Ein Augenblick der Pause:
So irrst Du weit, Geliebte,
Denn eine Wonne locket
Uns stets zu neuen Wonnen!
Übersetzt von Sebastian Mutzl
(1797-1863)
Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann
(S. 132-133)
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