Er
sagte: Der Herr Jesus sprach: Wohl dem Sprechenden in den Ohren der
Menschen, die sein Wort anhören.
Der
grösste Lohn des Redners ist in der Befolgung seiner Worte von den
Zuhörern.
Der
Fremde ist der, so keinen Freund hat.
Im
Pentateuchus steht, dass die Mütter grosser Sünden drei: Hochmuth, Neid
und Gier, aus diesen entspringen sechs andere: Völlerei, Schlaf, Faulheit,
Liebe des Geldes, Liebe des Beischlafs, Liebe der Herrschaft, so dass der
grossen Sünden neun.
(S. 211)
_____
Moschaid Ben Dscherbr
el-Machsumi (gest. 749)
Er
sagte: Du bist keiner der Gott oft Erwähnenden, wenn du seiner nicht
schlafend und wachend, stehend und sitzend gedenkest.
(S. 212)
_____
Rihant el-Medschnunet (um
750)
Die
Andächtige, berühmt durch ihre ausserordentliche Dinge, die sie verübte
und ihre Weisheitsworte. Sie sagte viele Gedichte aus dem Stegreife.
Ssalih el-Moseni erzählt, er habe gesehen, dass Rihanet, die
Wahnsinnige, auf ihre Stirne die folgenden Verse geschrieben:
Du bist mir Freude, Lust und Seelenruh,
Mein einz'ger Geliebter bist nur du;
Sehnsucht nach dir beseelet mich,
Mir viel zu lang, wenn ich nicht sehe dich.
Das Paradies zu seh'n verlangt mich nicht,
Da ich Nichts sehen will als dein Gesicht.
(S. 212-213)
_____
Rabiat el-Aldewije (gest.
752)
Sie
sagte: Verbirgt euere guten Handlungen, wie ihr euere Sünde verbergen
würdet.
Der
Scheich Schihabeddin Suhrwerdi führt von ihr in seinem Werke die Kunden
der Erkenntnisse die folgenden Verse an:
Ich habe in mein Herz gesetzt dich ein,
Mein Leib ist der Gesellschaft überlassen;
Mit dieser kann sich wohl mein Leib befassen,
Doch in dem Herzen ist mein Freund allein.
Sie
ward gefragt: wann die Ergebung des Menschen in den Willen Gottes
vollkommen? sie sagte: Wann ihn das Unglück eben so freut, wie das
Glück. Gehe
hinaus, sagte zu Rabiat ihre Sclavin an einem schönen Frühlingstage, um
die Werke des Schöpfers zu schauen; sie antwortete: Gehe in's Haus, in
dich selbst, dass du die Allmacht des Schöpfers erkennen mögest und
deine Ohnmacht, das Schauen des Schöpfers herabziehest vom Schauen der
Geschöpfe. (S. 213-214)
_____
Chalid Ben Madan el-Kilaai
(gest. 760)
Er
sagte: Jeder Diener Gottes hat zwei Paar Augen, das eine im Kopf, womit
er die Dinge dieser Welt beschaut, das andere im Herzen, womit er die
Dinge der anderen Welt betrachtet.
Wenn
Gott einem seiner Diener wohl will, öffnet er ihm die Augen des Herzens,
und schliesst sie ihm im entgegengesetzten Falle.
Die
Herzen sind aus Thon geschaffen, welche die Thränen erweichen.
(S. 215)
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Dschafer ess-ssadik (gest.
765)
Wenn
das Glück dem Menschen naht, verleiht es ihm die Tugenden von Anderen;
wenn es ihm den Rücken wendet, beraubt es ihn seiner eigenen guten
Eigenschaften.
Kein
Stammgut ist einträglicher, als die Vernunft, kein Unglück grösser, als
die Unwissenheit.
Wer
da glaubt, dass Gott in einem Ding, über einem Ding,
von einem Ding sei, irrt als Götzendiener; denn wäre Gott über einem
Dinge, so würde er von demselben getragen, in einem Dinge wäre er
beschränkt, von einem Dinge wäre er erzeugt.
(S. 216)
_____
Ebu Haschim der Ssofi
(gest. 767)
Ebu
Haschim war krank, Einer fragte ihn, wie er sich befinde? Die Krankheit,
sagte er, ist ein Unglück, allein es wird überwogen von dem Glück der
Freundschaft und Liebe.
(S. 216)
_____
Wehb Ibnol-Werd
el-Machsumi (gest. 770)
Seltsam,
dass der Gelehrte lachen mag, da er doch weiss, dass sein die Schrecken
des Gerichtes harren.
Die
Ascetik besteht darin, dass du über das, was vorbei, dich nicht
betrübest; auf das, was kommt nicht freuest.
(S. 218)
_____
Abdallah Ben Jesid
el-Dschoromi (gest. 771)
Er
sagte: wenn dir Gott Wissenschaft verlieh, so erweise dich ihm dankbar
dafür durch Andacht, und bekümmere dich nicht um das, was die Menschen
sagen.
Keiner
will Gutes oder Böses, der nicht in seinem Herzen eine ihn heissende
oder abwehrende Stimme finde.
(S. 218)
_____
Abdallah Ben Amru
el-Ewsaai (gest. 774)
Er
sagte: Jede Stunde wird dem Menschen am jüngsten Tage vorgehalten, und
jede Stunde, in der er Gottes nicht gedacht, wird er bereuen.
Das
Possenreissen der Gelehrten ist besser, als die Weisheit der
Unwissenden. (S.
220)
_____
Ibrahim Ben Edhem (gest.
777)
Von
der Wissenschaft genügt die Furcht Gottes, und von der Unwissenheit,
dass der Mensch sich in seinem Handeln wohlgefällt.
Die
Menschen gehen durch zwei Dinge zu Grunde, durch Überfluss des Geldes
und Überfluss des Wortes.
Wie
viele von euch fliehen vor dem Glücke, wenn es ihnen sich naht, und wie
Viele verfolgen es, wenn es sich zurückzieht.
Wer
traurig, muss fürchten, dass er von den Bewohnern der Hölle sei, denn
die Bewohner des Paradieses sagen: Lob Gott! der von uns die Traurigkeit
genommen.
Die
grösste Sünde vor Gott ist, wenn der Mensch von dem spricht, was ihm
Gott verdeckt hat.
Keiner
erlangt den Grad der Frömmigkeit, bis er nicht über sechs Abgründe
gesetzt, sechs Thore geschlossen und sechs andere geöffnet hat, bis er
nicht die Thore des Wohllebens, der Ehre, der Ruhe, des Schlafes, des
Reichthums, der Hoffnung geschlossen, die der Widerwärtigkeit,
Erniedrigung, Ermüdung, des Wachens, der Armuth, der Bereitung zum Tode
geöffnet. (S. 221)
_____
Ebu Obeide Abad (gest.
778)
Ein
Scheich des beschaulichen Lebens, der auf der Gasse immer sang: Ich
sehne mich nach dem der mich sieht, und den ich nicht sehe.
(S. 221)
_____
Schakik Ben Ibrahim (gest.
780)
Er
sagte: Die Tugend eines Mannes wird in drei Dingen erkannt: in dem was
er nimmt, verweigert und spricht.
Die
Würde des Scheichs besteht nicht darin, dass er Gerste isst und in Wolle
sich kleidet, sondern in der Erkenntnis Gottes und in der Ergebung in
dessen Willen, und wenn er auf das, was in seinen Händen, sich mehr
verlässt, als auf das, was in den Händen der Menschen.
Die
Frömmigkeit des Menschen besteht aus zehn Theilen, neun derselben sind
die Flucht vor den Menschen, der zehnte das Stillschweigen.
Das
Thor der göttlichen Leitung und Begünstigung wird dem Menschen durch
sechs Dinge verschlossen: erstens durch Undankbarkeit für empfangene
Gnaden, zweitens durch Erlernung der Wissenschaft der Welt, drittens
durch Unterlassung guter Handlungen, viertens durch das Gespräch mit
Frommen, ohne Nachahmung ihrer Handlungen, fünftens durch die Begrabung
von Todten ohne Erbauung daran, sechstens durch das Treiben zur Sünde.
(S. 223)
_____
Abdallah Ibnol-Mobarek
(gest. 797)
Er
sagte: Wenn ihr den Koran leset, so vernachlässiget die Wissenschaft
nicht, denn diese lehrt euch den Sinn desselben.
Wer
es mit den Gelehrten zu leicht nimmt, verliert die andere Welt, wer es
sich mit den Emiren zu leicht nimmt, verliert diese Welt.
Du
verdienst nicht den Namen eines Gelehrten, bis nicht dein Herz leer von
der Liebe der Welt.
Das
Wahrzeichen, dass Einer sich selbst kennt, ist, wenn er sich geringer
achtet als einen Hund.
(S. 225)
_____
Malik Ibned-Dinar (gest.
797)
Er
sagte: Die Kinder dieser Welt bringen von derselben nichts Besseres in
die andere als Erkenntnis Gottes.
Die
Beglückten werden durch nichts mehr beglückt, als durch Gottes
Erwähnung.
Der
Dirhem der Armen ist Gott wohlgefälliger als der Dinar der Reichen.
Ein
Herz, in dem keine Traurigkeit, geht zu Grunde wie ein unbewohntes Haus.
Das
Zeichen der Liebe Gottes ist die oftmalige Erwähnung desselben, denn
wovon das Herz voll, davon geht der Mund über.
Die
Hochzeit der Gottesfürchtigen ist das jüngste Gericht.
Jesus,
als er die Krämer vom Tempel aus vertrieb, sagte: O Schlangengezücht!
wollt ihr Gottes Betort zum Markte machen.
(S. 226-227)
_____
Mohammed Ben el-Jusuf
el-Issfahani (gest. 800)
Er
sagte: Diess ist keine Zeit, wo man auf Tugend, sondern auf Rettung
sieht.
Groll
und Religion vertragen sich nicht.
Der
ist auf falschem Wege, der sich mehr nach der Welt als nach Gott sehnt.
(S. 228)
_____
Abdallah Ben Abdolasis
el-Omri (gest. 800)
Er
sagte: Ich kenne keinen beredteren Prediger als das Grab, und keine
grössere Erhebung des Islams als die Einsamkeit.
Einer
sagte ihm: Predige mir. Abdallah nahm eine Handvoll Sand und Kies von
der Erde und hielt sie ihm hin als hinlängliche Ermahnung an Gottes
Allmacht.
(S. 229)
_____
Fodhail eth-Thalakani
(gest. 803)
Harun
Reschid sagte ihm eines Tages: Wie enthaltsam bist du, Fodhail? - Du
bist, antwortete dieser, enthaltsamer als ich, denn ich habe nur dieser
Welt entsagt, du aber auch jener; diese Welt ist vergänglich, jene aber
dauert immer. (S.
230)
_____
Jusuf Ben Esbath (gest.
807)
Er
sagte: Trage geduldig, was dir zustösst, denn wer einem bestimmten Übel
entfliehen will, fällt in ein grösseres; nehmt euch ein Beispiel an
Jesus, der aus Demuth in die Wüste floh, und dem die Israeliten dann
nebst Gott dem Herrn dienten.
Wer
den Koran liest und noch der Welt dient, nimmt die Verse desselben für
Spiel und Scherz.
Der
Gelehrteste ist kein Gelehrter, bis nicht die besten seiner Handlungen
ihm mehr schaden als seine Sünde.
Hütet
euch vor dem Entgegenkommen der Menschen, was ein Unheil; freue dich
nicht dessen, was dir entgegenkommt, betrübe dich nicht über das, was
sich von dir abwendet.
Die
Demuth besteht darin, dass du Keinen suchst, den du für nicht besser
hältst als dich.
Handle!
die Handlung des Mannes geht nicht verloren; vertraue! durch Vertrauen
erreicht der Mann doch nur, was ihm von ewig her das Loos zugeschoben.
Vor
dem, der Gott fürchtet, fürchten sich alle Dinge und er fürchtet keines
derselben.
Die
grösste Wissenschaft ist die Furcht Gottes.
Hüte
dich vor zu künstlichen Koranlesern und zu tief forschenden Gelehrten,
denn sie führen den Menschen vom rechten Wege ab.
Wissenschaft,
die zur Begierde der Welt führt, ist eine schädliche, wie der, so ein
Schwert für einen Strassenräuber kauft.
(S. 231-232)
_____
Hodeife Ben Kitade
el-Meraschi (gest. 807)
Er
sagte: Bewahre vier Dinge: deine Augen, Zunge, Lust und Herz; lass deine
Augen nicht auf Verbotenem weilen, deine Zunge nichts sprechen, von dem
Gott weiss, dass du anders darüber denkest, zähme deine Begier und lass
keinen Groll in deinem Herzen.
(S. 232)
_____
Maruf el-Kerchi (Gest.
816)
Er
sagte: Der wahre Ssofi sei auf der Erde ein Gast; die gute Lebensweise
erfordere, dass der Gast dem Gastfreunde nicht zu lange zur Last falle.
Einem,
der von Maruf einen Rath begehrte, gab er den folgenden: Hüte dich, dass
dich Gott nie anders als in der Gestalt eines Armen (Meskin) sehe.
Maruf,
über die Liebe gefragt, sagte, dass die Liebe nicht durch menschlichen
Unterricht erlernt werde.
(S. 234)
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Ed-Darani (gest. 820)
Er
sagte: Wer bei Tage gute Werke übt, wird durch dieselben bei Nacht
unterstützt und umgekehrt.
Wenn
es einem Menschen Ernst mit seiner Bekehrung, so nimmt Gott die Lust der
Sünde aus dessen Herzen weg, denn er ist zu gerecht, um ein Herz zu
bestrafen, worin er die Lust der Sünde gelassen haben würde.
Der
Fakir muss die Reinheit seines Leibes nicht der seiner Seele vorziehen.
Die
Genügsamkeit ist der Beginn der Ergebung in den Willen Gottes, und die
Eingezogenheit der Beginn der Ascetik.
Das
Herz ist wie ein Spiegel, der nur, wenn geglättet, das Vorgehaltene
zeigt.
(S. 235)
_____
Fathimet en-Nisaburijet
(gest. 838)
Einer
der frömmsten und andächtigsten Frauen, welche mit Sulnun el-Missri
Umgang hatte, und von Ebu Jesid el-Bosthami besucht ward. Beide
bezeugten, dass sie nie eine vollkommenere Frau gesehen; sie hielt sich
zu Mekka auf.
Sie
sagte: Der Aufrichtige (Ssadik) und der sich Gott Annähernde (el-Mokarrib)
ängstigen sich auf stürmischen Meere, dessen Wogen über ihnen
zusammenschlagen, und sie beten zu Gott das Gebet des Ertrinkenden um
Rettung. Sulnun el-Missri, mit dem sie zu Jerusalem zusammengekommen,
sagte ihr: Gib mir Ermahnung und Rath; sie sagte: Sei der Aufrichtigkeit
zugethan, und kämpfe wider deine Begierden an.
(S. 237)
_____
Aus:
Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Erste Abtheilung
Die Zeit vor Mohammed und die ersten
drei Jahrhunderte der Hidschret
Dritter Band
Unter der Herrschaft der Beni Abbas, vom ersten Chalifen
Ebul Abbas bis zum Tode des neunten Chalifen Wasik,
d. i. vom Jahre der Hidschret 132 (749) bis 232 (846)
Wien 1852