Ich
bin Gott, und im Paradies ist Niemand als Gott.
Ich
bin der, den ich lieb', und den ich lieb', ist Ich,
Wenn du mich siehst, siehst Ihn, und siehst du Ihn, siehst mich.
Ich
wär' nicht, wenn ich wüsste, wie ich wäre,
Nicht wär' ich, wüsst' ich nicht, dass ich nicht wäre.
Ich
suchte festen Ort in jedem Land,
In keinem Orte fand ich festen Stand,
Ich folgte meiner Lust in Sclaverei,
Genügsam wäre ich geworden frei.
Ich
will dich nicht, damit du mich belohnest,
Ich will dich nur, damit du mich verschonest.
Ich
habe Alles noch erlangt,
Was ich von meinem Herrn verlangt,
Nur nicht Geschmack der Süssigkeit,
Die dem Bestraften Straf' verleiht.
Er
warf ihn mit gebund'nen Händen in das Meer,
Und rief dann: hüte dich, hüt' dich vor Nässe sehr.
Ich
sucht' in jedem Land des Bleibens sich'ren Ort,
Doch fand in keinem Land' ich festen Sitz und Hort,
Ich war der Sclav' der Gier, die strafte mich gar sehr,
Denn hätt' ich mich begnügt, ich frei gewesen wär'.
(S. 253-258)
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Ahmed Ben Mohammed Ben
Sachter el-Ademij (gest. 923)
Er
sagte: die grösste Vernachlässigung eines Dieners ist die seines Herrn.
Die
Wahrzeichen der Heiligen sind vier: die Bewahrung des Geheimnisses, das
zwischen ihm und Gott, Bewahrung seiner Glieder, die Ertragung der
Beschwerden zwischen ihm und Gott, die nachsichtige Behandlung der Leute
nach Mass ihrer Geisteskräfte.
(S. 259)
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Ahmed Ben Hamdan Ben Ali
Ben Sinan (gest. 923)
Er
sagte: wie kann Einer von euch seinem Bruder einer Sünde wegen grollen
und nicht sich selber wegen vielen Sünden.
Das
Zeichen der Aufrichtigkeit besteht darin, das Einen Nichts, was in
beiden Welten, von Gott abzieht.
(S. 259)
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Ali Abdol-Hamid (gest.
925)
Er
sagte, dass er eines Tages an das Thor des grossen Mystikers Sirri
es-Sakathi geklopft, und denselben beten gehört: o mein Gott!
beschäftige mich mit Deinem Geschäfte, von Dir zu Dir.
(S. 260)
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Ali Ben Mohammed Ben
Beschar (gest. 925)
Er
sagte dem Ibn Schiruje, der in einem wollenen Kleide bei ihm eintrat, O
Ebu Mohammed! nicht deinen Leib, sondern dein Herz kleide in Wolle, und
ziehe dann an, was du willst.
(S. 260)
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Ahmed el-Dschoreiri (gest.
926)
Er
sagte: Der Ssofismus ist ein Zustand des Kampfes und nicht des Friedens.
(S. 261)
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Ibrahim Ben Daud er-Raki
(gest. 928)
Er
definierte die Erkenntnis als den Beweis der Wahrheit, der über alle
Einbildung erhaben.
(S. 261)
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Mohammed Ben el-Fadhl
el-Balchi (gest. 931)
Er
sagte: der Islam verschwindet durch vier Arten von Menschen: durch die,
so handeln nach dem was sie wissen, durch die, so handeln nach dem, was
sie nicht wissen, durch die, so nicht lernen was sie nicht wissen, und
durch die, so die Menschen im Lernen hindern.
Man
fragte ihn, worin die Ascetik bestehe? - er antwortete: darin, dass man
die Welt mit dem Auge der Geringschätzung anblickt, und sich von ihren
Eitelkeiten abwendet.
(S. 262)
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Ebul-Hosein er-Ressak
(gest. 932)
Er
sagte: das Leben des Herzens besteht in stets lebendiger Erinnerung.
Das
Zeichen der Freundschaft mit Gott ist die Nachfolge seines Freundes des
Propheten. (S. 262)
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Ebu Amru Demeschki (gest.
932)
Er
sagte: so wie es eine Pflicht der Propheten, ihre Wunder vor den
Menschen zu verbergen, so ist es eine Pflicht der frommen Männer, ihre
frommen Werke den Augen der Welt zu entziehen.
(S. 263)
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Ahmed Ibn Mohammed
el-Ollaf er-Rudbari (gest. 932)
Er
sagte: Der Jünger, welcher el-Murid, d. i. der Wollende, heisst, ist
derjenige, welcher Nichts will, als was Gott will.
Denen,
die sich nach Gott sehnen, ist der Augenblick, wo sie zu ihm kommen,
süsser als Honigfladen.
Die
Gedanken sind vierfach, die an die Verse des Korans erzeugen die Liebe
Gottes, die an die Belohnung der guten Werke erzeugen das Verlangen nach
denselben, die Gedanken an die Strafen die Furcht, und die Gedanken an
die Betrübnis der Seele die Scheu vor der Hölle.
(S. 263-264)
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Mohammed Ben Musa (gest.
932)
Er
sagte: Die Gelehrten in Gott sind die, deren Geister im Verborgenen des
Verborgensten fest, im Geheimnisse des Geheimsten, und denen Gott
Wissenschaften mitgetheilt, die Andere nicht besitzen, und ihnen Zeichen
(Wunder) gewährt, die keinem Anderen gewährt sind und die Enthüllung
verborgener Schätze, so dass sie unter jedem Buchstaben des Korans die
Wunder seines Sinnes entdecken, dass sie aus dessen Meeren die Perlen
und Juwelen zu Tage fördern und Weisheit sprechen.
Vielleicht
ist der, welcher betet, nachlässiger im Gebet, als der, so desselben
gänzlich vergisst.
Wenn
die Wahrheit (Gott) sich offenbaret, verschwinden Furcht und Hoffnung.
Der
Ärmste der Armen ist der, vor dem Gott seine Wahrheit verbirgt.
Die
Liebe vererbt die Sehnsucht, die Sehnsucht vererbt die Vertraulichkeit;
der blos sich sehnt ohne vertraut zu sein, ist kein Liebender.
Die
Andacht besteht in sechs Dingen: in Vergrösserung, Scham, Furcht,
Hoffnung, Liebe, Ehrfurcht; ohne diese sechs ist der Gehorsam nur
unvollkommen. (S.
264-265)
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Mohammed Ben Ali Ben
el-Hasan et-Tirmidi (gest. 932)
Er
sagte: Der wahrhafte Heilige verbirgt seine Heiligkeit, während die Welt
davon spricht; während der vorgebliche Heilige von seiner Heiligkeit
spricht, indess die Welt Nichts davon weiss.
Den
Namen eines Wissenden verdient nur der, so nie in seinem Leben Gottes
Gebote übertreten.
Dein
grösstes Capital ist dein Herz und deine Zeit; du beschäftigst dein Herz
mit Nichtigkeiten und verlierst darüber deine Zeit.
Die
Welt ist die Braut der Könige und die Witwe der Asceten.
Betrachte
den, der sich deinen Blicken nicht entzieht, danke dem, der dir seine
Wohlthaten nicht entzieht, erniedrige dich vor dem, dem keiner seine
Herrschaft auszieht (vor Gott).
(S. 266-267)
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Mohammed Ben Said
el-Werrak (gest. 932)
Seine
Worte: Das Leben des Herzens besteht in der Erwähnung Gottes, der nicht
stirbt, und das leichteste Leben ist das mit Gott.
Die
Furcht der Trennung von Gott verbrennt die Herzen der ihn Erkennenden.
Die
Dankbarkeit besteht in der Betrachtung der Gnade.
(S. 267)
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Mohammed Ben Ali Ebubekr
Dschafer el-Kitani (gest. 934)
Er
sagte: Gehöre dieser Welt mit deiner Hand, der anderen mit deinem Herzen
an.
Ein Wahrzeichen der Ascetik ist die Freude des Herzens über Verlust und
Mühseligkeit; die Ssofi sind die Knechte der äusseren, die Herren der
inneren Dinge.
Die
Andacht hat zweiundsiebzig Capitel, welche die Scham vor Gott, und
Eines, welches alle Arten von Tugenden umfasst.
(S. 267-268)
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Ebubekr Abdallah
en-Nessadsch (um 940)
Es
wurde erzählt, er habe eines Tages, als er Gott um die Aufklärung
gefleht, worin denn die Weisheit seiner Schöpfung liege, eine Stimme
gehört, welche gesagt: die Weisheit meiner Schöpfung liegt darin, dass
in deinem Geiste sich meine Schönheit, in deinem Herzen meine Liebe
abspiegele. (S.
268)
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Ishak Ebu Ibn Mohammed
(gest. 941)
Er
sagte: Der, den Speise sättigt, hört nicht auf zu hungern; der, den
Reichthum zufrieden macht, bleibt für immer arm; wer nach dem Menschen
gierig, wird stets des Genusses entbehren, und wer seine Hilfe auf etwas
Anderes setzt als auf Gott, wird hilflos sein.
Die
Welt ist das Meer, die andere das Gestade.
Die
Entfernungen der Welt werden mit Bewegung der Füsse, die der anderen
Welt durch Bewegung der Herzen zurückgelegt.
(S. 273)
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Ebul-Hasan Ibness-ssaigh
ed-Deineweri (gest. 941)
Er
sagte: Wer weiss, dass er nicht sich, sondern Anderen angehört, wird
nicht mit seiner Seele geizen.
Begeisterungen
sind wie Blitze, wenn sie bleiben, so wird daraus Überlieferung.
Wenn
du die Wissenschaft der Alten und Neuen besitzest, die Begeisterungen
der Heiligen und Cherubim, so gelangst du doch nicht zu den Stufen der
Erkennenden, bis du nicht ganz ruhig bist über das, was dir Gott
beschert und zutheilt.
(S. 273-274)
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Ibrahim Ben Scheiban
el-Karamani (um 940)
Wer
das sagt: mein Scheich und mein Napf, der beschäftiget sich mit anderen
Dingen als mit Gott.
Der
Adel liegt in der Demuth, die Ehre in der Furcht Gottes, die Achtung in
der Genügsamkeit.
(S. 274-275)
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Ebubekr ess-Ssaidelani (um
940)
Er
sagte: Sprecht mit Gott, und könnt ihr dieses nicht, so sprecht mit
jenen, die mit Gott sprechen, damit ihr des Segens Gottes theilhaftig
werdet.
Der
Vernünftige ist der, so nach Bedürfnis spricht, und von Allem, was
überflüssig, die Hand abzieht.
(S. 275)
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Ebu Abdallah Ibn Chafif
(gest. 942)
Man
fragte ihn: was die Mystik sei? er antwortete: die Gegenwart Gottes zur
Zeit der Sorglosigkeit. Er sagte das Distichon:
Ich
will, dass du in jedem Orte Sie erwähnst,
Dass Leila du in jedem Ort erkennst.
(S. 276)
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Ebubekr Besdania (um 945)
Er
sagte: Die Engel sind die Wächter des Himmels, die Überlieferer die
Wächter des Sunna, die Ssofi die Wächter Gottes.
Die
Erkenntnis ist die Überzeugung des Herzens von der Einheit Gottes.
Der
Grund der Liebe ist die Übereinstimmung (mit dem Geliebten).
Der
Liebende ist der, welcher die Zufriedenheit des Geliebten in allen Dingen
zu verdienen strebt.
(S. 277)
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Aus:
Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Erste Abtheilung
Die Zeit vor Mohammed und die ersten
drei Jahrhunderte der Hidschret
Vierter Band
Unter der Herrschaft der Beni Abbas, vom zehnten Chalifen
Motewekkil bis zum einundzwanzigsten Chalifen Mattaki
d. i. vom Jahre der Hidschret 232 (846) bis 333 (944)
Wien 1853