Sufi - Weisheiten

Islamische Mystiker (7. - 13. Jh.)
(Teil 4)



El-Halladsch (gest. 921)

Ich bin Gott, und im Paradies ist Niemand als Gott.
Ich bin der, den ich lieb', und den ich lieb', ist Ich,
Wenn du mich siehst, siehst Ihn, und siehst du Ihn, siehst mich.
Ich wär' nicht, wenn ich wüsste, wie ich wäre,
Nicht wär' ich, wüsst' ich nicht, dass ich nicht wäre.
Ich suchte festen Ort in jedem Land,
In keinem Orte fand ich festen Stand,
Ich folgte meiner Lust in Sclaverei,
Genügsam wäre ich geworden frei.
Ich will dich nicht, damit du mich belohnest,
Ich will dich nur, damit du mich verschonest.
Ich habe Alles noch erlangt,
Was ich von meinem Herrn verlangt,
Nur nicht Geschmack der Süssigkeit,
Die dem Bestraften Straf' verleiht.
Er warf ihn mit gebund'nen Händen in das Meer,
Und rief dann: hüte dich, hüt' dich vor Nässe sehr.
Ich sucht' in jedem Land des Bleibens sich'ren Ort,
Doch fand in keinem Land' ich festen Sitz und Hort,
Ich war der Sclav' der Gier, die strafte mich gar sehr,
Denn hätt' ich mich begnügt, ich frei gewesen wär'.
(S. 253-258)

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Ahmed Ben Mohammed Ben Sachter el-Ademij (gest. 923)

Er sagte: die grösste Vernachlässigung eines Dieners ist die seines Herrn.
Die Wahrzeichen der Heiligen sind vier: die Bewahrung des Geheimnisses, das zwischen ihm und Gott, Bewahrung seiner Glieder, die Ertragung der Beschwerden zwischen ihm und Gott, die nachsichtige Behandlung der Leute nach Mass ihrer Geisteskräfte. (S. 259)

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Ahmed Ben Hamdan Ben Ali Ben Sinan (gest. 923)

Er sagte: wie kann Einer von euch seinem Bruder einer Sünde wegen grollen und nicht sich selber wegen vielen Sünden.
Das Zeichen der Aufrichtigkeit besteht darin, das Einen Nichts, was in beiden Welten, von Gott abzieht. (S. 259)

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Ali Abdol-Hamid (gest. 925)

Er sagte, dass er eines Tages an das Thor des grossen Mystikers Sirri es-Sakathi geklopft, und denselben beten gehört: o mein Gott! beschäftige mich mit Deinem Geschäfte, von Dir zu Dir. (S. 260)

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Ali Ben Mohammed Ben Beschar (gest. 925)

Er sagte dem Ibn Schiruje, der in einem wollenen Kleide bei ihm eintrat, O Ebu Mohammed! nicht deinen Leib, sondern dein Herz kleide in Wolle, und ziehe dann an, was du willst. (S. 260)

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Ahmed el-Dschoreiri (gest. 926)

Er sagte: Der Ssofismus ist ein Zustand des Kampfes und nicht des Friedens.
(S. 261)

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Ibrahim Ben Daud er-Raki (gest. 928)

Er definierte die Erkenntnis als den Beweis der Wahrheit, der über alle Einbildung erhaben. (S. 261)

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Mohammed Ben el-Fadhl el-Balchi (gest. 931)

Er sagte: der Islam verschwindet durch vier Arten von Menschen: durch die, so handeln nach dem was sie wissen, durch die, so handeln nach dem, was sie nicht wissen, durch die, so nicht lernen was sie nicht wissen, und durch die, so die Menschen im Lernen hindern.
Man fragte ihn, worin die Ascetik bestehe? - er antwortete: darin, dass man die Welt mit dem Auge der Geringschätzung anblickt, und sich von ihren Eitelkeiten abwendet. (S. 262)

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Ebul-Hosein er-Ressak (gest. 932)

Er sagte: das Leben des Herzens besteht in stets lebendiger Erinnerung.
Das Zeichen der Freundschaft mit Gott ist die Nachfolge seines Freundes des Propheten. (S. 262)

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Ebu Amru Demeschki (gest. 932)

Er sagte: so wie es eine Pflicht der Propheten, ihre Wunder vor den Menschen zu verbergen, so ist es eine Pflicht der frommen Männer, ihre frommen Werke den Augen der Welt zu entziehen. (S. 263)

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Ahmed Ibn Mohammed el-Ollaf er-Rudbari (gest. 932)

Er sagte: Der Jünger, welcher el-Murid, d. i. der Wollende, heisst, ist derjenige, welcher Nichts will, als was Gott will.
Denen, die sich nach Gott sehnen, ist der Augenblick, wo sie zu ihm kommen, süsser als Honigfladen.
Die Gedanken sind vierfach, die an die Verse des Korans erzeugen die Liebe Gottes, die an die Belohnung der guten Werke erzeugen das Verlangen nach denselben, die Gedanken an die Strafen die Furcht, und die Gedanken an die Betrübnis der Seele die Scheu vor der Hölle. (S. 263-264)

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Mohammed Ben Musa (gest. 932)

Er sagte: Die Gelehrten in Gott sind die, deren Geister im Verborgenen des Verborgensten fest, im Geheimnisse des Geheimsten, und denen Gott Wissenschaften mitgetheilt, die Andere nicht besitzen, und ihnen Zeichen (Wunder) gewährt, die keinem Anderen gewährt sind und die Enthüllung verborgener Schätze, so dass sie unter jedem Buchstaben des Korans die Wunder seines Sinnes entdecken, dass sie aus dessen Meeren die Perlen und Juwelen zu Tage fördern und Weisheit sprechen.
Vielleicht ist der, welcher betet, nachlässiger im Gebet, als der, so desselben gänzlich vergisst.
Wenn die Wahrheit (Gott) sich offenbaret, verschwinden Furcht und Hoffnung.
Der Ärmste der Armen ist der, vor dem Gott seine Wahrheit verbirgt.
Die Liebe vererbt die Sehnsucht, die Sehnsucht vererbt die Vertraulichkeit; der blos sich sehnt ohne vertraut zu sein, ist kein Liebender.
Die Andacht besteht in sechs Dingen: in Vergrösserung, Scham, Furcht, Hoffnung, Liebe, Ehrfurcht; ohne diese sechs ist der Gehorsam nur unvollkommen. (S. 264-265)

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Mohammed Ben Ali Ben el-Hasan et-Tirmidi (gest. 932)

Er sagte: Der wahrhafte Heilige verbirgt seine Heiligkeit, während die Welt davon spricht; während der vorgebliche Heilige von seiner Heiligkeit spricht, indess die Welt Nichts davon weiss.
Den Namen eines Wissenden verdient nur der, so nie in seinem Leben Gottes Gebote übertreten.
Dein grösstes Capital ist dein Herz und deine Zeit; du beschäftigst dein Herz mit Nichtigkeiten und verlierst darüber deine Zeit.
Die Welt ist die Braut der Könige und die Witwe der Asceten.
Betrachte den, der sich deinen Blicken nicht entzieht, danke dem, der dir seine Wohlthaten nicht entzieht, erniedrige dich vor dem, dem keiner seine Herrschaft auszieht (vor Gott). (S. 266-267)

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Mohammed Ben Said el-Werrak (gest. 932)

Seine Worte: Das Leben des Herzens besteht in der Erwähnung Gottes, der nicht stirbt, und das leichteste Leben ist das mit Gott.
Die Furcht der Trennung von Gott verbrennt die Herzen der ihn Erkennenden.
Die Dankbarkeit besteht in der Betrachtung der Gnade. (S. 267)

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Mohammed Ben Ali Ebubekr Dschafer el-Kitani (gest. 934)

Er sagte: Gehöre dieser Welt mit deiner Hand, der anderen mit deinem Herzen an.
Ein Wahrzeichen der Ascetik ist die Freude des Herzens über Verlust und Mühseligkeit; die Ssofi sind die Knechte der äusseren, die Herren der inneren Dinge.
Die Andacht hat zweiundsiebzig Capitel, welche die Scham vor Gott, und Eines, welches alle Arten von Tugenden umfasst. (S. 267-268)

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Ebubekr Abdallah en-Nessadsch (um 940)

Es wurde erzählt, er habe eines Tages, als er Gott um die Aufklärung gefleht, worin denn die Weisheit seiner Schöpfung liege, eine Stimme gehört, welche gesagt: die Weisheit meiner Schöpfung liegt darin, dass in deinem Geiste sich meine Schönheit, in deinem Herzen meine Liebe abspiegele. (S. 268)

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Ishak Ebu Ibn Mohammed (gest. 941)

Er sagte: Der, den Speise sättigt, hört nicht auf zu hungern; der, den Reichthum zufrieden macht, bleibt für immer arm; wer nach dem Menschen gierig, wird stets des Genusses entbehren, und wer seine Hilfe auf etwas Anderes setzt als auf Gott, wird hilflos sein.
Die Welt ist das Meer, die andere das Gestade.
Die Entfernungen der Welt werden mit Bewegung der Füsse, die der anderen Welt durch Bewegung der Herzen zurückgelegt. (S. 273)

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Ebul-Hasan Ibness-ssaigh ed-Deineweri (gest. 941)

Er sagte: Wer weiss, dass er nicht sich, sondern Anderen angehört, wird nicht mit seiner Seele geizen.
Begeisterungen sind wie Blitze, wenn sie bleiben, so wird daraus Überlieferung.
Wenn du die Wissenschaft der Alten und Neuen besitzest, die Begeisterungen der Heiligen und Cherubim, so gelangst du doch nicht zu den Stufen der Erkennenden, bis du nicht ganz ruhig bist über das, was dir Gott beschert und zutheilt. (S. 273-274)

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Ibrahim Ben Scheiban el-Karamani (um 940)

Wer das sagt: mein Scheich und mein Napf, der beschäftiget sich mit anderen Dingen als mit Gott.
Der Adel liegt in der Demuth, die Ehre in der Furcht Gottes, die Achtung in der Genügsamkeit. (S. 274-275)

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Ebubekr ess-Ssaidelani (um 940)

Er sagte: Sprecht mit Gott, und könnt ihr dieses nicht, so sprecht mit jenen, die mit Gott sprechen, damit ihr des Segens Gottes theilhaftig werdet.
Der Vernünftige ist der, so nach Bedürfnis spricht, und von Allem, was überflüssig, die Hand abzieht. (S. 275)

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Ebu Abdallah Ibn Chafif (gest. 942)

Man fragte ihn: was die Mystik sei? er antwortete: die Gegenwart Gottes zur Zeit der Sorglosigkeit. Er sagte das Distichon:
Ich will, dass du in jedem Orte Sie erwähnst,
Dass Leila du in jedem Ort erkennst.
(S. 276)

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Ebubekr Besdania (um 945)

Er sagte: Die Engel sind die Wächter des Himmels, die Überlieferer die Wächter des Sunna, die Ssofi die Wächter Gottes.
Die Erkenntnis ist die Überzeugung des Herzens von der Einheit Gottes.
Der Grund der Liebe ist die Übereinstimmung (mit dem Geliebten).
Der Liebende ist der, welcher die Zufriedenheit des Geliebten in allen Dingen zu verdienen strebt. (S. 277)

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Aus: Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Erste Abtheilung
Die Zeit vor Mohammed und die ersten
drei Jahrhunderte der Hidschret
Vierter Band
Unter der Herrschaft der Beni Abbas, vom zehnten Chalifen
Motewekkil bis zum einundzwanzigsten Chalifen Mattaki
d. i. vom Jahre der Hidschret 232 (846) bis 333 (944)
Wien 1853
 

 

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