Liebeslyrik der Gegenwart

 



ich leg mein Ohr ganz sacht in Deinen
dicht bemoosten Muschelgrund ...


Liebesgedichte von Hans Brakhage


 

Liebesfieber


Über der sanften Wölbung
schweben ungeduldig Finger
hauchfeine Muskeln zittern
sich entgegen
still brennt die Taillenflanke
vor wilder Gier
Schamgefühl
erstickt in Atemlust

Venushügel
warmweiche Blüte
in tiefer Senke
Haare flatterflimmern
das Blut singt
Lustgebete
feuchte Lippen
liebkosen eine Brust
die Wölbung hebt sich
macht ihr Geheimnis offenbar
im schweren Duft
Wellentanz im Beugedelta
feucht schimmert Muschelglanz

_____




Unbezwingbar
ist deine Kühnheit
beim Sprung von der Klippe
auf dem Hochfelsen deiner Lust

doch sanftzärtlich
bezeugt dein Kuss
deine Schmeichelfinger
wie sehr du mich begehrst

Als sinfonisches Fortissimo
erklingen deine Lustgesänge
doch dein Verlangen
berührt mich zu Tränen

Sonnenhitze erzwingt Wasser
aus all deinen Poren
mich an den Rand
meiner Wahnseligkeit

Doch wenn wir still
beieinander liegen
streichel ich den weichen Pelz
deiner Seele

_____






Meine Zunge
ist verliebt
in den Salzgeschmack
deines Körperlandes
strolcht liebend gern
in ihm umher
geheimen Linien folgend
an deinem Hals
deiner wallenden Brust
nabelwärts schleckend
zur bittersüßen Grotte
deiner Weiblichkeit

Mein Herz aber
wird sich ergeben
und verlieren
im Irrgarten
deiner Seele
weit geöffnet

_____




ein erotischer tanz
aus körper und geist
ausdruck intensiven
wiederkehrenden
unersättlichen verlangens
ist die verschlingung
unserer nackten leiber
orgiastischer rhythmus
schwitzend und stöhnend
keuchend seufzend
mund an deinem schenkel
wange an meinem schwanz
fleisch gewordenes begehren
pure lust
silhouette unserer verzückung
dein lächeln
als brennende fackel
feuerwerk der ekstase
lustschreisinfonie
beim sprung
vom höhepunkt der lust
in die lockende tiefe

_____





Faszination
der Begierde
verschleiert die Vernunft
bleibend
der Wunsch
zu träumen
auf Liebeswolken
himmlisch gebettet
auf deiner Nacktheit Blässe

_____





Berühr mich
zärtlich
sanft
liebkosend
unbedacht
wie warmer Sommerwind

Liebe mich
wild enthemmt
scharfzähnig
kratzbürstig
erbarmungslos
überschäumend fordernd
weiße Tigerin

Wiege mich
In deinen Armen
mütterlich
schwesterlich
heilsam liebevoll
Quelle der Zuversicht

Begleite mich
ein großes Lebensstück
Wer-weiß-wohin
bleib nicht zurück
im Mondlicht
tanz mit mir
raube mir den Schlaf
die ganze Nacht

Lach mit mir
von ganzem Herzen
küss mich
sanft und wild und atemlos
schenk mir den Geschmack
von Lebenslust
auf deinen nassen Lippen

_____





Zärtliche Tage

Komm und leg Dein Ohr
ganz sacht auf meine Brust
zähl den Schlag meines Herzens
Horch
wie es leise lacht
vor lauter Lust
Reite
auf meinem hüpfenden Puls
mit mir davon

Zähl nicht die Tage
die wir uns lieben
sonst sind sie morgen schon
angstverkrüppelt

Komm
ich leg mein Ohr
ganz sacht in Deinen
dicht bemoosten Muschelgrund
nipp am frühen Liebestau
den wir gemacht
und
schlafen uns gesund

_____



Pure Lust - der Zyklus

 

Diesen Zyklus schrieb ich nach mehr als einem Jahr Krankenhausaufenthalt bis zur Sterbestation, wo ich wider Erwarten und ohne jede Überlebenschance eine schwere Vergiftung überstand.
An einem kühlen Juli Wochenende des Jahres 1994 durfte ich mit meiner inzwischen verstorbenen Lebensgefährtin einen Wochenend-Urlaub auf der Nordseeinsel Amrum verbringen, wo sie mir zeigte, dass sich nichts zwischen uns geändert hatte, dass ich trotz schwerer Krankheit immer noch geliebt und begehrt wurde.
Innerhalb weniger Stunden, in jedem Augenblick der Besinnung schrieb ich an diesem Wochenende diesen Zyklus genau so
und habe ihn nie überarbeitet.

...für Karin

 


Auf eigenen Beinen stehen
kein Kabel
kein Schlauch
kein Monitor
kein Krankgeruch

dafür den warmen Sommerwind
auf den Wangen
auf dem Haupt
lange vermisst
die Nebel von gestern
verfliegen
der Kopf wird klar

Ich sehe dich
mit deinen graublauen Augen
wie zum ersten Mal
ahnte nichts mehr
von deinen Sommersprossen
und waren doch schon immer
Anders seh ich dich jetzt
bin gewiss deiner Liebe
Dafür liebe ich dich
Wie du lachend
mit mir läufst
gegen den Wind

Hast du mich vermisst ?

Unsagbar


_____




Ein riesiges Stück
Schwarzwälder
Kirsch mit Sahne
Du stippst
Deinen Finger
tief hinein
leckst mit weicher Zunge
und seufzt
zufrieden

Unmoralische Vorahnung

_____




Zwischen den Dünen
rieselt der Sand
steht der Wind
und lässt uns Ruhe
Ich und Du
wir sehen uns an
eine Haarsträhne
tanzt an deiner Schläfe
Meine Augen
sind müde
Die Kraft reicht nicht weit
noch nicht
Wohl wissend
nichts hat sich verändert
Ich begehre Dich
wie das Leben
dass ich
wie durch ein Wunder
zurückgewonnen habe

Hier haben wir uns
das erste Mal geküsst
vor Ewigkeiten

Wollen wir noch mal ?

_____




Befreites Lachen
rannte in den Wind
und träumte
unverschämt
vom Sommer
mitten im Frühling

_____




Und saß ich
berauschten Sinnes am Meer
das sich strotzend vor Licht
im warmen Sande brach
so wusste ich doch
nichts ist strahlender
als Dein Lachen
Dein befreites Lachen

_____




Möchte mich nackt
In die Wellen stürzen
das Leben spüren
das Wasser auf der Haut
das Salz auf meinen Lippen
die Erschöpfung
nach der Lust im Meer

Schade
dass nicht Sommer ist
die Luft zu kalt

Du lachst
und deine Stimme
klingt dunkel und schwer
„Bade in mir
ich will dich
hoch hinaus tragen
umspülen
tragen
außer Atem bringen
ertränken
in meiner Lust....“

Du hast mir immer
versprochen
dass es möglich sein wird
wenn ich die Kälte
der Station erst verlasse

Ich habe Angst
kann mich nicht
erinnern
wie das geht
es war in einem anderen Leben

"Ich zeig's Dir...."


Du löst deine Versprechen immer ein

_____




Dein Mund
und
Deine Hände
sind
meine Erde

_____




Warme Lust
auf deiner Haut
schmeckt nach Salz
und Wärme
treibt ein Spiel
auf meiner Zunge
im Herzen
deiner Gier
nach mehr

_____




Wind streicht
über mein Gesicht
dein Haar so sanft
wie ein Hauch
während dein Leib
verfällt
in schreiende Ekstase
stiebender Schweiß
in alle Richtungen
verfliegt
als pure Lust

_____




Was tust Du mit mir
Schonung
behutsamer Umgang
ist mir befohlen
doch Du
setzt dich lachend
hinweg
versprichst mir
dich zu kümmern
um mein Grab
ganz liebevoll
wenn mich ereilt
der Tod
während ich
schwitzend
in deinen Armen
vergehe

_____



Staunend
sehen wir Lust
betrachten sie
von allen Seiten
auf deinen Fingern
die tief getaucht
in deiner Yoni
zutage förderten
was wir
an Liebestau
gemacht

_____




Der weiße Vogel
der sich schwang
ins erste Frühlicht
verkündete laut
schamlos
und unerwartet
die Lust
unserer Nächte

_____




Komm
her zu mir
du Schöne
ohne
deine wilden Küsse
wär ich längst
verloren

_____




Ich zünde
eine Kerze an
die kleine Flamme
hält uns wach
so seh ich
Dich
und du siehst
Mich

_____




Die Sonne
strahlt
am stahlblauen Himmel
der weiße Vogel
lässt sich treiben
im Wind
Sei gegrüßt
Bruder
Hast Du
auch geglaubt
der Frühling
käme nie zurück
Nein
du wusstest
um die Rückkehr


und ich
lass mich treiben
im Wind
Pure Lebenslust

_____




Ein Marienkäfer
hat viele schwarze Punkte
Krabbelt über deine Haut
schleicht zum Po
verweilt auf deiner Hüfte
und ersäuft
im Strom
der Lust
die aus deinen Poren strömt

Tut es weh
sein Bild zu stechen ?

_____




Wie ein
liebeskrankes Tier
streune ich
durch den Raum
in dem dein
Duft noch hängt,

und ich
vergrabe
mein Gesicht
in unser Laken,
als suchte ich nach
verborgenen Schätzen.

_____




Wenn Lust
durch meinen Körper zieht,
und alle Fasern meines
Körpers nach
dir schreien -
werde ich
auf dir sein
und über dir
und neben dir
und immer wieder
in dir,
und endlich die Sprache
deiner Zunge fühlen,
ehe sich mein Körper
aufmacht,
deiner Kraft zu begegnen,
von der Süße
deiner Lust
zu trinken,
meine Geliebte,
bis die Wellen
über uns zusammen
schlagen
und wir versinken
in der Verschlingung
unserer Körper.

_____




Das
sagst Du mir
hast mehr vermisst
als meine Lust
als meinen Schwanz
Mit mir in der Küche
zu sein
zuzusehen
wie ich aus Vielem
Etwas
für dich koche
deinen Gaumen
verrückt mache
Nein
ich bin kein Zauberer
Ich bin ein Wolf
der deine
geheimen Lüste
kennt

_____




Du
fühlst dich wund
hast lange nicht
so viel
so wild
so schamlos
so kraftvoll
so rasend
deiner Lust gefrönt
Ich salbe
deine Yoni

_____



und hör
Dich schon wieder
nach Luft schnappen

Kriegst du denn nie genug ?

_____




Auch das noch !
Du liebst
mich
und legst Hand an dich
Liebst dich
noch ein wenig mehr
noch ein wenig mehr
noch ein wenig mehr
Eine kleine Show
nur für mich

Ein kleiner Hinweis
Bleib wo Du bist
und schwitzt Dir
die Lust aus dem Leib
Schreist und stöhnst
wimmerst und hechelst
weinst und lachst
während deine Finger
galoppieren
Und machst weiter
machst weiter

machst weiter

Deine Augen
suchen verschleiert
vor Lust meinen Blick
und bietest mir
die warme Frucht
zum Genuss

Jetzt

_____




Tief in mir
steckt der Docht
meiner Zuneigung
zu Dir
Zünde ihn an
und dann Dich....
Ich möchte Flammen
auflodern lassen
in Dir
und mir
mit zärtlicher
Feuerzunge

_____





In deiner Nacht
vergaß ich mich
und tiefer
als der Tag gedacht
dacht ich
an Dich

und lachte

und lachte


und lebte

einfach so

_____

 



(c) Hans Brakhage
Homepage: http://www.hans-brakhage.de/belgaraths-turmzimmer/navigation.html



 


 

zurück

zurück zur Startseite