"Gottes ist der Orient! Gottes ist der Okzident! ..."

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) und Hafis (1320-1390)
Aus den Diwanen beider Dichter
 

 

 

 

Mein Herz hab' ich gebunden
An dich, getrennt von Andern,
Es kennt nicht Freund und Fremde
Wer einmal dir gehöret.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 21
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Du, deren Wangenglanz
Erfrischt das Tulpenbeet des Lebens,
Komm'! ohne dein Gesicht
Verwelkt der Frühlingsglanz des Lebens.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 7
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Mein Liebchen hat nie Schulen besuchet,
Mein Liebchen hat nie schreiben gelernet,
Und doch ist es durchs Winken der Augen
Ein grundgelehrter Meister geworden.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 128
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Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Okzident!
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Welchen Geschmack von der Frucht
Des Paradieses hat der Mann,
Der in den Apfel des Kinns
Des Liebchens nie gebissen hat.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 92
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Dir mein Herz zu eröffnen verlangt mich,
Und von deinem zu hören verlangt mich.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 62
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Wer Gott zu lieb auf dieser Welt
Kein Körnlein pflanzet,
Der wird mit keinem Körnlein auch
Des Daseyns froh.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 40
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Die Frühlingstage und die Jugend
Die Zeit der Freude und des Weins,
Vier Tage sind es nur o wehe!
Benütze die Gelegenheit.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 14
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Ehrenstellen verschmäht Hafis aus höherem Sinne:
Gold und Ehre reizt liebende Herzen nicht viel.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 9
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Wessen Zunge die Lieb' beseelet, stirbt nicht.
Ewig bleibet mein Ruhm im Weltenbuche.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 3
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Nähme mein Herz in die Hand der schöne Knabe aus Schiras,
Gäb ich fürs Maal Samarkand und Buchara.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 8
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Lieb um Liebe, Stund um Stunde,
Wort um Wort und Blick um Blick;
Kuß um Kuß vom treusten Munde,
Hauch um Hauch und Glück um Glück.
So am Abend, so am Morgen!
Doch du fühlst an meinen Liedern
Immer noch geheime Sorgen;
Jussuphs Reize möcht ich borgen,
Deine Schönheit zu erwidern.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Einen Vers vom Schönheitskoran
Hat mir dein Gesicht enthüllet.
Deßhalb athmen meine Verse
Hohe Schönheit, reine Anmuth.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 10
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Vor vielen Tagen kam zu mir
Von deinem Lockenschmuck ein Duft,
Noch riecht das Herz von demselben.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 6
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Ich und mein Herz, du weißt, wir bleiben getrennt vom Geliebten.
O wie lange noch raubt feindliches Loos mir mein Glück!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 13
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Würde mein Haupt von der Welt mit Schwerdtern und Kolben geschlagen,
Nimmer schlüge man mir Treue für dich aus dem Haupt.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 13
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Seit deine Schönheit dem Verliebten
Die Hoffnung zum Genuße gab,
Hat sich mein Herz und meine Seele
Gestürzet in dein Maal und Haar.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 14
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O es kommt noch ein Tag wo der Freund mit Wohlseyn zurückkehrt;
Froher seliger Tag! Kommt er mit Wohlseyn zurück!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Elif 13
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Der Garten deines Genusses
Verleiht dem Paradiese Glanz.
Das Feuer deiner Entfernung
Entflammt der Hölle Gluth.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Be 4
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Bist du von deiner Geliebten getrennt
Wie Orient vom Okzident,
Das Herz durch alle Wüsten rennt;
Es gibt sich überall selbst das Geleit,
Für Liebende ist Bagdad nicht weit.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Der Frühling hat die Reize
Von deiner Schönheit nur erklärt,
Das Paradies erinnert
Mit jedem Schritt an dich.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Be 4
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Bey dem Geiste des Herrn, beim alten Recht, und dem Bündniß
Schwör' ich, es bleibet dein Heil immer mein Morgengebet.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 1
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Ich will vom Glas und vom Rubin des Freund's
Nicht lassen. Frommer! halt' dies
Glaubensbekenntniß mir zu gut.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 7
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Wo trinkt der Rabe meines Kiels?
Bey Gott! aus seinem Schnabel
Träufet des Lebens Quell hervor.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 7
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Seit ich an dem Quell der Liebe
Mich nach Brauch gewaschen habe,
Hab' ich ja mit einem Worte
Allem übrigen entsaget.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 8
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Mein Herz gab ich als Bothengeld
Und schäme mich fast dessen,
Solch eine schlechte Münze ziemt
Nicht für die Hand der Freundinn.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 10
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Wenn beide Welten in dem Sturm
Des Untergangs zerstöben,
So blieb mein Blick noch unverwandt
Gesenkt zum Pfad der Freundinn.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 10
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Ist es möglich! Stern der Sterne,
Drück ich wieder dich ans Herz!
Ach, was ist die Nacht der Ferne
Für ein Abgrund, für ein Schmerz!
Ja, du bist es, meiner Freuden
Süßer, lieber Widerpart;
Eingedenk vergangner Leiden,
Schaudr ich vor der Gegenwart. (...)

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Bis an den jüngsten Tag wird jener
Nicht die Trunkenheit lassen,
Der so wie ich am Tag des Looses
Trank vom Becher der Freundinn.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 11
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Ihren Genuß verlang ich sehnlichst,
Ihr Verlangen ist Trennung,
Gerne vergeß ich meine Wünsche,
Wird vergnüget die Freundinn.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 11
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O Morgenwind gehst du vorbei
Beim Aufenthalt der Freundinn,
Bring einen Hauch vom Wohlgeruch
Des Ambrahaars der Freundinn.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 12
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Komm! es ruht der Pallast der Hoffnung auf lustigen Pfeilern,
Komm und bringe mir Wein, unsere Tage sind Wind.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 13
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Zwar durch den Rausch der Liebe bin ich schon gänzlich zerstöret,
Aber mein Daseyn blüht aus der Zerstörung hervor.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 20
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Deinen Rubin zu beschauen, wird ein Auge der Seelen erfordert,
Ferne, o ferne davon stehet das irdische Aug.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 22
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Wer das Bittere der Liebe
Nicht genossen und Genuß wünscht,
Will das Pilgerkleid anziehen,
Ohne sich vorher zu waschen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 26
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Seit die Rose hat gesehen
Deines Wangenthaues Anmuth,
Sank, auf Eifersucht verbrennet,
Sie in Rosenwasser unter.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 29
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Was für eine hohe Straße
Ist die Straße deiner Liebe!
Denn der Ocean des Himmels
Ist nur Wasserschein dagegen!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 29
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Locken, haltet mich gefangen
In dem Kreise des Gesichts!
Euch geliebten, braunen Schlangen
Zu erwidern hab ich nichts.

Nur dies Herz, es ist von Dauer,
Schwillt in jugendlichstem Flor;
Unter Schnee und Nebelschauer
Rast ein Ätna dir hervor.

Du beschämst wie Morgenröte
Jener Gipfel ernste Wand,
Und noch einmal fühlet Hatem
Frühlingshauch und Sommerbrand.

Schenke her? Noch eine Flasche!
Diesen Becher bring ich ihr!
Findet sie ein Häufchen Asche,
Sagt sie: Der verbrannte mir.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Man wußte von zwey Welten nichts, da war schon Liebe,
Die Zeit hat nicht erst heut dazu den Grund geworfen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 41
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Du der vom Buche der Vernunft
Die Liebe lernen willst,
Ich fürchte, du hast diesen Punkt
Nicht wie du sollst erkannt.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 47
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Von der tief verborgenen Gluth,
Die im Busen flammet,
Ist die Sonne nur ein Funke,
Den der Himmel ergriffen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 48
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So vertraulich war die Liebe,
Daß die Schaam die Flucht ergriffen,
Und so gnädig war die Freundinn,
Daß der Feind die Flucht ergriffen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 49
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Herrlich ist der Orient
Über's Mittelmeer gedrungen,
Nur wer Hafis liebt und kennt
Weiss was Calderon gesungen.

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Alle sieben Himmel tönen
Nichts als Liebe! Liebe wieder,
Sieh! der Blöde hat aus Allem
Nur ein einzig Wort ergriffen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 49
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Ohne deinen Wangenglanz
Ist kein Tag für mich geblieben,
Nichts als eine finstre Nacht
Ist für mich zurückgeblieben.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 52
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Wenn du dein Herz der Liebe giebst,
Ists gute Zeit und gute Dinge,
Brauchen nicht Rath erst.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 55
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O! dass der Sinnen doch so viele sind!
Verwirrung bringen sie ins Glück herein.
Wenn ich dich sehe wünsch ich taub zu sein,
Wenn ich dich höre blind.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Was den Zungen entströmt, das ist nicht Rede der Liebe,
Schenke, bring' uns Wein, kürze das leere Geschwätz.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 58
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Du so ferne dem Blick, und meinem Herzen so nahe,
Täglich will ich Gebete dir schicken.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 63
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Glaub' nicht, daß ich die Hand von deinem Saume
Lasse, bis mich das Tuch des Grabes umwickelt.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 64
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Ich roch der Liebe Gerüche,
Ich roch den Blitz des Genußes.
Komm Morgenwind, denn ich möchte
Vor deinem Dufte vergehen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Lam 8
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Bei Mondenschein im Paradeis
Fand Jehova im Schlafe tief
Adam versunken, legte leis
Zur Seit ein Evchen, das auch entschlief.

Da lagen nun, in Erdenschranken,
Gottes zwei lieblichste Gedanken. -
Gut !!! rief er sich zum Meisterlohn;
Er ging sogar nicht gern davon.

Kein Wunder, daß es uns berückt,
Wenn Auge frisch in Auge blickt,
Als hätten wirs so weit gebracht,
Bei dem zu sein, der uns gedacht.
Und ruft er uns, wohlan, es sei!
Nur, das beding ich, alle zwei.
Dich halten dieser Arme Schranken,
Liebster von allen Gottes-Gedanken.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Es liegt im Winkel des Herzens
Nach deinem Munde die Sehnsucht;
O laß' sich's Keiner gelüsten
Solch einen Wunsch zu verfolgen!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Lam 8
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Wenn es von mir abhängt beim Herzensfreund zu sitzen,
Trink' ich vom Glas des Glücks, pflück' Rosen des Genußes.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 1
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Unsrer Trennung Gluthen haben,
Mich versenkt in Schweiß wie Rosen,
Komm' o Nachtwind bring' mir einen
Duft vom Freund der Schweiß austrinket.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 7
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Im Athemholen sind zweierlei Gnaden:
Die Luft einziehn, sich ihrer Entladen.
Jenes bedrängt, dieses erfrischt;
So wunderbar ist das Leben gemischt.
Du danke Gott wenn er dich preßt,
Und dank ihm wenn er dich wieder entläßt.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Sieh' der Chymiker der Liebe
Wird den Staub des Körpers,
Wenn er noch so bleiern wäre,
Doch in Gold verwandeln.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sad 1
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Nie wirst zur Liebe du geeignet seyn,
Bist du nicht rein wie das Gold ist.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sad 2
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Ueber das Glas, und den Rubin, Buße zu thun,
Ist eine Fantasie, die der Verstand nicht gut heißt.
Grübchen des Kinns! Was du an Reiz heimlich verbirgst,
Wird nie ergründen hunderttausendfache Weisheit.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Kaf 1
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(...)
Und solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Dort wo Gesundheit man trinkt aufs Angedenken des Munds,
Ist ein Schurke, wer dort bleibt sich selber bewußt.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 20
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Du bist auf immer geborgen,
Das nimmt dir niemand wieder:
Zwei Freunde, ohne Sorgen,
Weinbecher, Büchlein Lieder.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____

 



Ehren und Güter sind nicht an der Thüre der Schenke zu haben,
Wer da trinket der werf', was ihm gehöret in's Meer.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 20
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Trink' ich vom Rubine der Lippen,
Ach! wo bleibt der Verstand!
Sehe ich das trunkene Auge,
Wer bewahret mich dann?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 22
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Bis nicht in des Elends Wüsten
Der Verliebte wandert,
Kann er in der Seele Innres
Heiligstes nicht dringen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sad 1
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Sie haben dich, heiliger Hafis,
Die mystische Zungen genannt,
Und haben, die Wortgelehrten,
Den Wert des Worts nicht erkannt.

Mystisch heißest du ihnen,
Weil sie Närrisches bei dir denken,
Und ihren unlautern Wein
In deinem Namen verschenken.

Du aber bist mystisch rein,
Weil sie dich nicht verstehn,
Der du, ohne fromm zu sein, selig bist!
Das wollen sie dir nicht zugestehn.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____

 




O Herz! wie wohl dir das Gespräch
Des wahren Heils gefallen,
Verlaß' du doch die Liebe nicht
Denn sie ist hoch zu ehren.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 3
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Durch deinen Anblick ward das Herz
Hafisens voll von Hoffnung,
Beleidige dasselbe nicht,
Es ward gar zart erzogen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 3
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Der Liebende wird nicht irregehn,
Wärs um ihn her auch noch so trübe.
Sollten Leila und Medschnun auferstehn,
Von mir erführen sie den Weg der Liebe.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Gott! erwecke mich nicht aus diesem Traum, denn es leistet
Mir das Bild des Liebchens Gesellschaft.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 6
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Auf der Tafel dieser Erde
Giebt es keinen Ruhehonig,
Herz, gieb auf die lockern Wünsche,
Bitters sey dir gleich und Süßes.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Schin 13
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Hör und bewahre
Sechs Liebespaare.
Wortbild entzündet, Liebe schürt zu:
Rustan und Rodawu.
Unbekannte sind sich nah:
Jussuph und Suleika.
Liebe, nicht Liebesgewinn:
Ferhad und Schirin.
Nur für einander da:
Medschnun und Leila.
Liebend im Alter sah
Dschemil auf Boteinah.
Süße Liebeslaune:
Salomo und die Braune!
Hast du sie wohl vermerkt,
Bist im Lieben gestärkt.


Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____

 



Steh' auf! gieße mir fröhliches Naß in den goldenen Becher 1
Ehe dein Schädel zum Staube den Staub gießt.

Unsere Wohnung zuletzt ist die schweigende Wohnung der Gräber,
Jetzt erhebe den Jubel zum Himmel.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sa 10
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Alle Saaten der Erde vergehen das weißt du seit langen
Zünde die Welt mit dem Feuer des Weins an.

Thränen reinigen uns indem die Lehrer uns sagen
Sey erst rein, dann schaue den Reinen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sa 10
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Ists möglich, daß ich, Liebchen, dich kose,
Vernehme der göttlichen Stimme Schall!
Unmöglich scheint immer die Rose,
Unbegreiflich die Nachtigall.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Wahrlich ich fürchte mit Recht, es geh'n am Tag' des Gerichtes
Einstens Hand in Hand Trinker und Scheiche den Weg.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 8
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Beim Verliebten, o Ostwind, gehe vorbei,
Kunde bringe dem Liebenden,
Verweigre mir's nicht!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 9
_____


Wunderlichstes Buch der Bücher
Ist das Buch der Liebe;
Aufmerksam hab ichs gelesen:
Wenig Blätter Freuden,
Ganze Hefte Leiden;
Einen Abschnitt macht die Trennung.

Wiedersehn! ein klein Kapitel,
Fragmentarisch. Bände Kummers,
Mit Erklärungen verlängert,
Endlos, ohne Maß.
O Nisami!-doch am Ende
Hast den rechten Weg gefunden;
Unauflösliches, wer löst es?
Liebende, sich wiederfindend.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Als Trunkener schlägt heute Hafis
Seine Hände zusammen
Denn gestern vernahm er vom Mund
Des lieben Schenkens ein Geheimniß.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sa 7
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Laß deinen süßen Rubinenmund
Zudringlichkeiten nicht verfluchen;
Was hat Liebesschmerz andern Grund,
Als seine Heilung zu suchen?

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____

 



Seit Hafisens Feder schrieb
Vom Rubin der Lippen,
Träuft des ewgen Lebensquell
Aus der Feder immer.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Sa 8
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Voll Locken kraus ein Haupt so rund! -
Und darf ich dann in solchen reichen Haaren
Mit vollen Händen hin und wider fahren,
Da fühl ich mich von Herzensgrund gesund.
Und küß ich Stirne, Bogen, Auge, Mund,
Dann bin ich frisch und immer wieder wund.
Der fünfgezackte Kamm, wo sollt er stocken?
Er kehrt schon wieder zu den Locken.
Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel,
Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut,
So zart zum Scherz, so liebeviel!
Doch wie man auf dem Köpfchen kraut,
Man wird in solchen reichen Haaren
Für ewig auf und nieder fahren.
So hast du, Hafis, auch getan,
Wir fangen es von vornen an.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Einen Geruch, o Wind, vom Weg der Freundinn bring' her.
Meinen Gram trag' fort, frohe Nachricht bring' her!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 5
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Ja, die Augen warens, ja, der Mund,
Die mir blickten, die mich küßten.
Hüfte schmal, der Leib so rund,
Wie zu Paradieses Lüsten.
War sie da? Wo ist sie hin?
Ja! sie wars, sie hats gegeben,
Hat gegeben sich im Fliehn
Und gefesselt all mein Leben.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Morgenwind, bringe vom Haus der Freundinn Düfte,
Ich leid' an Krankheit, Seelenruhe bring' mir!

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 6
_____


O wie selig ward mir!
Im Lande wandl ich,
Wo Hudhud über den Weg läuft.
Des alten Meeres Muscheln,
Im Stein suche ich die versteinerten;
Hudhud lief einher,
Die Krone entfaltend,
Stolzierte, neckischer Art,
Über das Tote scherzend,
Der Lebendge.
Hudhud, sagt ich, fürwahr!
Ein schöner Vogel bist du.
Eile doch, Wiedehopf!
Eile, der Geliebten
Zu verkünden, daß ich ihr
Ewig angehöre.
Hast du doch auch
Zwischen Salomo
Und Sabas Königin
Ehemals den Kuppler gemacht.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Den grauen Schlund des Nichts
Wird jeder Glückliche verhöhnen,
Der deines Mundes Punkt
Erkohr zum Mittelpunkt des Lebens.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 7
_____


Immer sehnt sich mein Herz nach deinen Lippen,
Was gewinnt es wohl von deinen Lippen?

Immer reichet mir dar der Schenk' des Herzens
Den Sorbet der Begier, den Wein des Wunsches.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 148
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Über meines Liebchens Äugeln
Stehn verwundert alle Leute;
Ich, der Wissende, dagegen
Weiß recht gut, was das bedeute.

Denn es heißt: ich liebe diesen,
Und nicht etwa den und jenen.
Lasset nur, ihr guten Leute,
Euer Wundern, euer Sehnen!

Ja, mit ungeheuren Mächten
Blicket sie wohl in die Runde;
Doch sie sucht nur zu verkünden
Ihm die nächste süße Stunde.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Frohen Herzens und Muth sey jener, dem es
Mit dem Liebenden stets zu seyn erlaubt ist.

Schön, Hafis, ist die Zeit in der Gesellschaft,
Wo man gänzlich gestimmt zur Freud' und Lust ist.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 148
_____


Immer sey der Verstand die baare Münze des Lebens,
Gilt er doch nichts beim Golde der Liebe.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ra 1
_____


Nimmer will ich dich verlieren!
Liebe gibt der Liebe Kraft.
Magst du meine Jugend zieren
Mit gewaltiger Leidenschaft.
Ach! wie schmeichelts meinem Triebe
Wenn man meinen Dichter preist:
Denn das Leben ist die Liebe,
Und des Lebens Leben Geist.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Deine Liebe hat sich fest
In mein Innres eingenistet,
Und verlier' ich auch den Kopf,
Wird die Liebe nicht ausgehen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 144
_____


Geht mein Herz den Schönen nach,
So ist es ihm zu verzeihen,
Es ist krank, wie soll es denn
Nicht nach Arzeneien gehen?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 144
_____


Behandelt die Frauen mit Nachsicht!
Aus krummer Rippe ward sie erschaffen,
Gott konnte sie nicht ganz grade machen.
Willst du sie biegen, sie bricht;
Läßt du sie ruhig, sie wird noch krümmer;
Du guter Adam, was ist denn schlimmer? -
Behandelt die Frauen mit Nachsicht:
Es ist nicht gut, daß euch eine Rippe bricht.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Mondengesicht sag' an, so sprach ich zu meinem Geliebten,
Sage, was ist's, wenn ein Kuß Herzen die Ruhe verleiht,

Lächelnd sprach sie: Hafis, bei Gott! es ist nicht erlaubet,
Daß dein heißer Kuß trübe ein Mondengesicht.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 129
_____


Daß Suleika von Jussuph entzückt war,
Ist keine Kunst;
Er war jung, Jugend hat Gunst,
Er war schön, sie sagen zum Entzücken,
Schön war sie, konnten einander beglücken.
Aber daß du, die so lange mir erharrt war,
Feurige Jugendblicke mir schickst,
Jetzt mich liebst, mich später beglückst,
Das sollen meine Lieder preisen,
Sollst mir ewig Suleika heißen.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Es ist der Mund des Freund's vielleicht
Das Siegel Salomons,
Das unter des Rubinens Macht
Die Welt zu Diensten hat.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 132
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Da du nun Suleika heißest,
Sollt ich auch benamset sein.
Wenn du deinen Geliebten preisest,
Hatem! das soll der Name sein.
Nur daß man mich daran erkennet,
Keine Anmaßung soll es sein:
Wer sich Sankt-Georgenritter nennet,
Denkt nicht gleich Sankt Georg zu sein.
Nicht Hatem Thai, nicht der alles Gebende
Kann ich in meiner Armut sein;
Hatem Zograi nicht, der reichlichst Lebende
Von allen Dichtern, möcht ich sein.
Aber beide doch im Auge zu haben,
Es wird nicht ganz verwerflich sein:
Zu nehmen, zu geben des Glückes Gaben,
Wird immer ein groß Vergnügen sein.
Sich liebend aneinander zu laben,
Wird Paradieses Wonne sein.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Weit höher ist, als der Verstand,
Der Liebe Kabinet,
Die Thüre küßt nur, wer die Seel
In seinem Aermel hat.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 132
_____


Nicht Gelegenheit macht Diebe,
Sie ist selbst der größte Dieb;
Denn sie stahl den Rest der Liebe,
Die mir noch im Herzen blieb.

Dir hat sie ihn übergeben,
Meines Lebens Vollgewinn,
Daß ich nun, verarmt, mein Leben
Nur von dir gewärtig bin.

Doch ich fühle schon Erbarmen
Im Karfunkel deines Blicks
Und erfreu in deinen Armen
Mich erneuerten Geschicks.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Siehe, der Arzt der Liebe ist
Ein Heiland süßen Odems,
Wenn er dich aber krank nicht sieht,
Wen soll er dann wohl heilen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 120
_____


Hätt ich irgend wohl Bedenken,
Balch, Bochara, Samarkand,
Süßes Liebchen, dir zu schenken,
Dieser Städte Rausch und Tand?

Aber frag einmal den Kaiser,
Ob er dir die Städte gibt?
Er ist herrlicher und weiser;
Doch er weiß nicht, wie man liebt.

Herrscher, zu dergleichen Gaben
Nimmermehr bestimmst du dich!
Solch ein Mädchen muß man haben
Und ein Bettler sein wie ich.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Du reichtest mit Liebkosung Verliebten
So einen Wundernektar zu trinken,
Daß alle Kenntniß verlohren gegangen,
Daß der Verstand ist sinnlos geworden.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 128
_____


Will die ganze Welt an meiner Liebe mich hindern,
Thu' ich doch nur das, was von mir heischet der Herr.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 129
_____


Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.

Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?

Solche Fragen zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


O mein Gefährte! der Weg
Der Liebe hat der Wunder viele,
Denn es verschrecket der Löw'
Auf dieser Haid', der Hirschen viel.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 92
_____


Mag sie sich immer ergänzen
Diese brüchige Welt in sich!
Diese klaren Augen sie glänzen,
Dieses Herz es schlägt für mich!

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
_____


Klage nicht über den Schmerz,
Denn auf dem Weg der Liebe hat
Keiner gefunden die Ruh,
Der nicht zuvor gelitten hat,

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 92
_____


Heute früh ist das Glück zu mir ans Bette gekommen,
Auf! so sprach es, es ist der süße König gekommen.

Leere das Glas, und wandere fort dich schaukelnd im Rausche,
Daß du siehst, auf welche Art dein Schöner gekommen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 115
_____


Herrin, sag, was heißt das Flüstern?
Was bewegt dir leis die Lippen?
Lispelst immer vor dich hin,
Lieblicher als Weines Nippen!
Denkst du, deinen Mundgeschwistern
Noch ein Pärchen herzuziehn?
»Ich will küssen! Küssen! sagt ich.«

Schau! Im zweifelhaften Dunkel
Glühen blühend alle Zweige,
Nieder spielet Stern auf Stern,
Und smaragden durchs Gesträuche
Tausendfältiger Karfunkel:
Doch dein Geist ist allem fern.
»Ich will küssen! Küssen! sagt ich.«

Dein Geliebter, fern, erprobet
Gleicherweis im Sauersüßen,
Fühlt ein unglückselges Glück.
Euch im Vollmond zu begrüßen,
Habt ihr heilig angelobet,
Dieses ist der Augenblick.
»Ich will küssen! Küssen! sag ich.«

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Was mich traf von den Leiden der Liebe, das hat mich getroffen,
Vor dem Bösen des Augs schütz' die Geliebte, o Herr!

Nimm nicht das Glas wie Hafis, du nimm's bei dem Schalle der Laute,
Freude des Lebens hängt seidenen Faden entlang.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 84
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Was bedeutet die Bewegung?
Bringt der Ost mir frohe Kunde?
Seiner Schwingen frische Regung
Kühlt des Herzens tiefe Wunde.

Kosend spielt er mit dem Staube,
Jagt ihn auf in leichten Wölkchen,
Treibt zur sichern Rebenlaube
Der Insekten frohes Völkchen.

Lindert sanft der Sonne Glühen,
Kühlt auch mir die heißen Wangen,
Küßt die Reben noch im Fliehen,
Die auf Feld und Hügel prangen.

Und mir bringt sein leises Flüstern
Von dem Freunde tausend Grüße;
Eh noch diese Hügel düstern,
Grüßen mich wohl tausend Küsse.

Und so kannst du weiter ziehen!
Diene Freunden und Betrübten.
Dort, wo hohe Mauern glühen,
Find ich bald den Vielgeliebten.

Ach, die wahre Herzenskunde,
Liebeshauch, erfrischtes Leben
Wird mir nur aus seinem Munde,
Kann mir nur sein Atem geben.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Schön sind die Rosen fürwahr!
Nichts schöner ist.
Schön! wenn dir bei der Hand
Der Becher ist.

Auf und trinke den Wein
Im Rosenbeet,
Weil die Dauer der Ros'
So flüchtig ist.

Jetzt sind die Tage der Lust,
Genieß, genieß!
Weil in Muscheln nicht stets
Die Perle ist.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 90
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Ach, um deine feuchten Schwingen,
West, wie sehr ich dich beneide:
Denn du kannst ihm Kunde bringen,
Was ich in der Trennung leide!

Die Bewegung deiner Flügel
Weckt im Busen stilles Sehnen;
Blumen, Augen, Wald und Hügel
Stehn bei deinem Hauch in Tränen.

Doch dein mildes, sanftes Wehen
Kühlt die wunden Augenlider;
Ach, für Leid müßt ich vergehen,
Hofft ich nicht zu sehn ihn wieder.

Eile denn zu meinem Lieben,
Spreche sanft zu seinem Herzen;
Doch vermeid, ihn zu betrüben,
Und verbirg ihm meine Schmerzen.

Sag ihm, aber sags bescheiden:
Seine Liebe sei mein Leben;
Freudiges Gefühl von beiden
Wird mir seine Nähe geben.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Und hätte auch Hafis
Zehn Zungen, wie die Lilien, er schwieg'
Den Rosenknospen gleich,
Weil durch die Lieb' sein Mund versiegelt ist.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 74
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Wie mit innigstem Behagen,
Lied, empfind ich deinen Sinn!
Liebevoll du scheinst zu sagen:
Daß ich ihm zur Seite bin.

Daß er ewig mein gedenket,
Seiner Liebe Seligkeit
Immerdar der Fernen schenket,
Die ein Leben ihm geweiht.

Ja! mein Herz, es ist der Spiegel,
Freund ! worin du dich erblickt,
Diese Brust, wo deine Siegel
Kuß auf Kuß hereingedrückt.

Süßes Dichten, lautre Wahrheit
Fesselt mich in Sympathie!
Rein verkörpert Liebesklarheit
Im Gewand der Poesie.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Die Liebe sing' ich nun,
Und hoff', daß diese Wissenschaft,
Nicht wie die übrigen,
Mir Noth und Mangel bringen wird.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 78
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Mein silberschenklichter Schenke,
Schenket uns nur die Hefen ein!
Wir wünschen ähnlich dem Glas ganz
Mund zu werden; wer wünscht es nicht?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 82
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Glück ist nur das, was blutigen Schweiß nicht braucht,
Denn mit Bemüh'n sind himmlische Fluren Nichts.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Ta 69
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Vernimm, daß ohne Lieb' die Welt
Für Seelen keinen Zauber hat,
Und daß, wer nicht so denkt und fühlt,
Fürwahr gar keine Seele hat.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 57
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So oft mein Herz von der Vernunft,
Die Tief' ergründen wollte,
Gab Liebe einen Kommentar
Zu dem, was schwer gewesen.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 61
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Ich habe keine Kraft als die,
Im Stillen ihn zu lieben,
Wenn ich ihn nicht umarmen kann,
Was wird wohl aus mir werden?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Dal 71
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Zwar bin ich ein Sonnenstäubchen,
Unansehnlich klein,
Fliege durch das Glück der Liebe,
Wangensonnen zu.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 8
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Kein Arzt hat Mittel wider meinen Gram,
Ich bin nur durch den Freund gesund und krank.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 14
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Gott bewahr! zur Zeit der Rosen,
Auf den Wein Verzicht zu thun.
Ich der mit Verstande prahle,
Wie vermöcht' ich dies zu thun?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 20
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Mit jedem Augenblicke stellet
Dein Bild sich mir im Wege;
Wem kann ich sagen, was im Träume
Vergönnt mir ist zu sehen?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 27
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Freude verspendet die Anmuth der Luft,
Sende o Herr uns ein Liebchen,
Send' uns ein Liebchen von dessen Gesicht
Rosigen Nektar wir trinken.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 28
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Tausend Gefahren des Untergangs hat die Straße der Liebe,
Glaube nicht, daß der Tod dich schon von allen befreyt.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 32
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In tausend Formen magst du dich verstecken,
Doch, Allerliebste, gleich erkenn ich dich;
Du magst mit Zauberschleiern dich bedecken,
Allgegenwärt'ge, gleich erkenn ich dich.

An der Zypresse reinstem, jungem Streben,
Allschöngewachsne, gleich erkenn ich dich;
In des Kanales reinem Wellenleben,
Allschmeichelhafte, wohl erkenn ich dich.

Wenn steigend sich der Wasserstrahl entfaltet,
Allspielende, wie froh erkenn ich dich;
Wenn Wolke sich gestaltend umgestaltet,
Allmannigfalt'ge, dort erkenn ich dich.

An des geblümten Schleiers Wiesenteppich,
Allbuntbesternte, schön erkenn ich dich;
Und greift umher ein tausendarm'ger Eppich,
O Allumklammernde, da kenn ich dich.

Wenn am Gebirg der Morgen sich entzündet,
Gleich, Allerheiternde, begrüß ich dich;
Dann über mir der Himmel rein sich ründet,
Allherzerweiternde, dann atm' ich dich.

Was ich mit äußerm Sinn, mit innerm kenne,
Du Allbelehrende, kenn ich durch dich;
Und wenn ich Allahs Namenhundert nenne,
Mit jedem klingt ein Name nach für dich.

Goethe - aus dem West-östlichen Diwan
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Ha! was kümmern mich wohl die Bogen und Pfeile der Neider,
Da mich der Hochaltar meines Geliebten empfängt.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 32
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Ha! mir wurde vergönnt der Anblick, der Kuß, die Umarmung,
O wie dank ich's dem Glück, dank es dem Schicksal dazu.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 35
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Rosen und Tulpen sind nur durch deine Schönheit so lieblich,
O du Wolke der Huld regne auf mich noch dazu.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 35
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Die Schmerzen, die ich, von dir getrennt,
Ertragen mußte leider!
Sind lang', ja so lang', daß ich sie kaum
In Büchern fassen könnte.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 40
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Reuig bin ich, denn ich habe
Nicht geküßt des Schenken Mund,
Dummen lieh ich Ohren, leider!
Dieses hab' ich dumm gemacht.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 42
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Einen Geliebten, reiner
Als das Wasser des Lebens,
Eine Geliebte, deren
Schönheit reizet den Vollmond.

Dann ein Gemach zu Festen,
Wie die Köschke des Himmels,
Rosengeländer, welche
Fluren seliger Lust sind.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 46
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O danke Gott, Hafis! wenn's Dir
An Gold und Silber mangelt,
Ist denn des Wortes Anmuth und
Gerader Sinn nicht besser?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 51
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Es kümmert sich um Gluth und Flammen
Die Liebe nicht.
Ich bin gerade wie die Kerze,
Fürcht' nicht die Gluth.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 58
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Wie kann ich denn Verzicht auf Liebe,
Und auf den Schenken thun?
Ich that wohl hundertmal schon Buße,
Nun will ich nichts mehr thun.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 64
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Mir perlet süßer Wein in Bechern,
Ein Liebchen habe ich zum malen,
Ich weiß wohl, es besitzet Keiner
Ein Liebchen, wie ich eines habe.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Mim 68
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Kennst du das Glück, des Freundes Angesicht zu seh'n,
Bei ihm zu betteln lieber, als ein Fürst zu seyn?

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Nun 12
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Der Schönheit Schein,
Verhüllt das Licht des Verstandes,
O komm'! erleucht'
Damit die Fackel der Sonne.

Hafis - aus dem Diwan
Buchstabe Nun 13
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Aus: Johann Wolfgang von Goethe - Der west-östlicher Divan
Herausgegeben und erläutert von Hans-J. Weitz
Insel Taschenbuch 1974

Mohammed Schemsed-din Hafis - Der Diwan
Aus dem Persischen zum erstenmal ganz übersetzt von
Joseph von Hammer-Purgstall
Stuttgart und Tübingen
in der J.G. Cotta'schen Buchhandlung 1812


 


 

 


 

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