Gottesliebe

Worte der Liebe
aus der islamischen Welt
 

 



 

Ibn al-Farid
(1181-1235)


Das Arabische Hohe Lied der Liebe
das ist
Ibnol Faridh's Taijet



Dem Besitzer Glück und Heil!
Im Namen des Königs, der ohne Gleichen!
(d. i. Gottes)


Mich tränkt mit Liebeswein des vollen Auges Hand,
Der Becher das Gesicht, das über Schönheit stand.

Gewissheit ward mir nun von ihres Tranks Entzücken,
Denn der Geheimnissrausch verräth sich in den Blicken.

Des Auges Apfel ist als Becher mir genug,
Und in dem Rausch genügt der Eigenschaften Zug.

In Schenken brachte ich den Dank zur Zeit Genossen,
Trotz der Berühmtheit blieb Geheimniss doch verschlossen.

Als Nüchternheit verging, ward der Genuss begehrt,
Erheiterung ward mir durch keine Furcht verwehrt.

Ich schloss ihr auf das Herz, mich störten Wächter nicht,
Es dauerte die Lust, die Einsamkeit war Licht.

Ich sprach - die Leidenschaft war klar aus meinem Wesen
Und aus der Sehnsucht Sprach' war nie Abwesenheit zu lesen -

O schenk' mir einen Blick, eh' ich zu Grunde geh',
Dass einen Blick der Huld der gnädigen ich seh'!

Wenn nicht, so gib das Wort: du wirst nicht seh'n zur Kost,
Das Anderen vor mir gewährte einen Trost.

Die Trunkenheit bedarf Rückkehr zu nücht'ren Sitten,
Es saget Ihr mein Herz: nur Du hast mich zerschnitten.

Von einer Ohnmacht Moses zur Besinnung kam,
Erst als er zu der Reu, zur Buss die Zuflucht nahm.

Wenn Berg' erführen das, was mir ward zugesprochen,
So würde Sinai auch unverklärt zerbrochen.

Die Thrän' schwätzt aus die Lust, der Brand des Herzens Weh',
Denn dies die Übel sind, woran zu Grund ich geh'.

Die Sündfluth Noah's ist die Sündfluth meiner Thränen,
Das Feuer Abrahams der Brand von meinen Thränen.

An Thränen ich ertränk', wenn nicht der Seufzer wäre,
Und der verbrennte mich, wenn nicht die Thräne wäre.

Die Traurigkeit Jakubs, sie wurde mir zu Theil,
Und was gelitten Job, ist meines Weh's ein Theil.

Das Ende leider ist der Liebe Anbeginn,
Denn diese fanget an mit Elend und Ruin;

Und hört mein Ohr Beweis von meinen Weheklagen,
Von Leiden und vom Weh, die meinen Körper schlagen,

So kann ich meinen Schmerz den Schmerzen nur vergleichen
Vereinzelten Kameels, wann andre rüstig weichen.

Mein Schmerz liegt offen da, mein Weg ist Jedem klar,
Was heimlich mich gekränkt, ist Allen offenbar.

Zu dem Vertrauten ward mein Nebenbuhler nun,
Er schaut die Magerkeit, den Wandel und das Thun.

Er schauet meines Leib's und seiner Seele Leiden,
Wie er sie nie geseh'n durchs Unglück von den beiden;

Er hört auch ohne Wort des Herzens tiefste Sorgen,
Und mein Geheimniss bleibt ihm immer mehr verborgen.

Er legt sein Ohr an's Herz wie Maulwurf, der vielhörig,
Und weiss auch ohne Aug, was in demselben störig.

Der Nebenbuhler gab alsdann dem Stamm die Kunde
Von meinem äuss'ren Sein und meinem inn'ren Bunde,

Dem Paar der Engeln gleich, das, wie geoffenbart,
Der Menschen Handlungen in seinem Buch bewahrt.

Er wusste nicht zuvor, was in dem Inn'ren lag
Für ein Gehemnissschatz, der dann erst kam an Tag,

Als aufgehoben ward des Körpers dichter Schleier
Und das Geheimste sich entwickelte erst freier.

Es war ihm unbekannt, was ich im Herz bewahrte,
Bis es mein Stöhnen und die Schwäche offenbarte,

Die Krankheit, welche ich verborgen, kam zu Tage;
Gar seltsam ist die Lust und wahrer Liebe Lage!

Viel ärger ward berührt des Krankheitsschadens Graus,
Die Thränen plauderten der Seele Sagen aus,

Weil er Verderben sinnt, weil er den Ort nun weiss,
An dem verborgen war die Liebe, die so heiss.

Wenn schwebend in der Mitt' von Sehnsucht und Genuss,
Durch diese oder den zu Grund ich gehen muss,

Und wenn im Vorhaus mir zurückgabst meine Seele,
Glaub' nicht, dass fern von dir ich Haus der Freunde wähle.

Das Äussere verräth die inn're Leidenschaft,
Zu künden Unteres geht über meine Kraft.

Ich schwieg aus Schwäche, die mich viel zu sprechen hindert,
Denn spräche ich, es wär' mein Gram um viel vermindert.

Die Heilung bringt den Tod, den sonsten sie abwehrt,
Es wird durch Sehnsuchtsdurst des Fiebers Durst vermehrt.

Das Kleid des Zustands ward schon längstens abgenützt,
Die Lust kann nicht aus Lust vernichtet sprechen itzt.

Wenn die Besuchenden des Schicksals Tafel läsen,
Wenn sie ergründeten der heissen Liebe Wesen,

So sähen sie an mir nur den zerfall'nen Geist,
Der zwischen dem Ruin des todten Leibes kreist,

Seit ich verfallen irr', bild' ich den Leib mir ein,
Ich kann begreifen nicht, dass ich soll wirklich sein.

Es liefert den Beweis mein trauriger Zustand,
Dass vor dem Leibe längst mein irrer Geist bestand.

Ich sprach von Liebe, nicht dadurch Dich zu langweilen,
Aus Angst nur, um dadurch den Kummer zu zertheilen:

Den Feinden ziemt es wohl zu zeigen starren Sinn,
Die Schwäche ist allein für Liebende Gewinn.

Die Klage hindert mich, dass ich geduldig sei,
Und wenn ich klag', so klag' ich doch nicht Feinden frei.

Zu loben ist an mir als Liebendem Geduld:
Doch wäre sie bei Dir nur tadelnswerthe Schuld,

Was Du an Gram mir gibst, zähl' ich zu den Geschenken,
An Lösung unsres Bunds ist nimmer zu gedenken.

Was mir auch widerfährt von Dir an Qual und Plagen,
Ich werde danken Dir statt je mich zu beklagen,

Und wenn die Qualen auch die Gnaden übersteigen,
So werd' ich dankbar mich für Deine Lieb' erzeigen.

Was mir von Dir zukömmt an Unglück und an Peinen,
Wird statt Verzweifelung als Kleid der Huld erscheinen.

Was Gutes ich erfuhr, ward mir von Ewigkeit,
Das Böse ist ein Werk des Sklaven in der Zeit.

Wer drob mich tadelt, will zum Irrthum mich verleiten,
Und nur aus Eifersucht mir falschen Pfad bereiten.

Schmäht dieser mich vielleicht nur aus Behutsamkeit,
Wie einst im Paradies Iblis geschmäht aus Neid?

Es kann mich wenden doch von Deinem Pfad nicht ab,
Wie sehr er mich versucht und Böses mir eingab:

Ich habe keine Kraft die Unbild zu ertragen,
Ich kann dafür nur Lob und Dank der Liebe sagen,

Doch Deine Schönheit gab mir Stärke zu erdulden
Was Du aufladest mir ohn' eigenes Verschulden,

Ich sah die Schönheit nur, mit der Du bist geschmückt,
Vollkommenheit, die mich vor anderen entzückt;

Du überliessest mich dem Unglück und dem Druck,
Doch dieses ward für mich der allerschönste Schmuck.

Wer aber Schönheit nur der sinnlichen nachjagt,
Der hat schon dem Genuss, dem köstlichsten entsagt.

Durch Liebe lernet die Seel', es sei kein Ungemach,
Wann heisser Leidenschaft die Trennung folget nach.

Durch Freundschaft ward noch nie dem Geist die Ruh gegeben,
Und durch die Freundlichkeit ein stilles reines Leben.

Wo wär' für Liebende die stille Ruh! Hei! Hei!
Und Eden wird erreicht durch Mühen mancherlei.

Wird freie Seele auch mit jedem Trost verköstet,
So wird sie nimmer doch nach ihrem Wunsch getröstet,

Und wird sie auch entfernt durch Trennung und durch Flucht,
So bleibet sie doch treu dem Ziel, das sie gesucht.

Mein Ritus ist es nicht, zu gehen hier davon,
Verläugnen würde ich dadurch die Religion.

Wenn anderer Gedank' als Du mir wäre werth,
So wäre ich dadurch abtrünnig schon erklärt.

Denn mir ist dies Befehl: thu' was Du willst mit mir,
Denn ich verlange nur nach Dir und Nichts von Dir.

Der letzte Schwur ist der: bei unserer festen Liebe!
Nichts mischet und Nichts trübt die gegenseit'gen Triebe.

Ich schwor bei unsrem Bund, ich kann es nie erklären,
Wie in dem Kleid des Thons der Geist sich kann verklären.

Beim ewigen Vertrag, der nimmer wird verwandelt,
Beim Bund dem späteren, darnach der Gläub'ge handelt,

Beim Aufgang Deines Lichts, das Fröhlichkeit verkündet
Und wie der Vollmond nicht am Monatsend verschwindet;

Bei der Vollkommenheit, der Schönheit, die vollendet,
An welche sich der Mensch um Hilf' und Beistand wendet.

Erhabenheit und Schönheit sind in dir verschwommen,
Und beide sind (ich schwör's) in deiner Huld vollkommen.

Erhabenheit zeigt sich in Peinen und im Schelten,
Der Schönheit und der Huld gehorchen beide Welten,

Der Schönheit Sklav' ist die Vernunft nur Dir zu Ehren,
Sie leitet zur Begier, die Du nicht kannst gewähren,

Und hinter Deinem Reiz steht der Genuss bereit,
Den nie erfassen kann das Aug' der Wachsamkeit.

(Ich schwör's) Du bist mein Wunsch, das Ziel der Laufbahn langen,
Nur Du bist meine Wahl, mein äusserstes Verlangen!

Schamlosigkeit wird mir zur ersten heil'gen Pflicht,
Nur Sunna ist's, wenn sich das Volk mir nahet nicht.

Die Meinigen sind nicht die mein nicht gut gedenken,
Und die gut heissen nur, dass Andere mich kränken.

Die Meinigen sind die, so theilen meine Liebe,
Zufrieden mit der Schand', gutheissend meine Triebe.

Es zürne wer da will, wenn Du mit mir zufrieden,
Was kümmert's mich, wenn mir der Edlen Lob beschieden?

Anbeter gibt es, die in Dir nur Schönes lieben,
Ich Eigenschaften auch, die nur mein Herz betrüben.

Erstaunet war ich nicht, bis Deine Lieb' ich wählte,
Weh dem Erstaunen, das nur Dir allein nicht gälte!

Sie sprach zu mir: du hast dir Andere erwählt,
Als Blinder hast den Weg, den offenen verfehlt,

Verführt hat dich zu dem, was du gesagt, die Lüge,
Die Selbstbeschönigung, damit sie dich betrüge,

Du hast gegeizt nach dem, was dir so sehr vonnöthen,
Doch die Begierde hat die Schranken übertreten.

Wie kannst entgegnen du die schönste, reinste Liebe
Mit der Anforderung des schändlichsten der Triebe?

Hat Blinder je zu schau'n das Reiterlein Verlangen?
Er denket nicht daran; du bist in Ruh befangen,

Du wolltest einen Ort, dess du nicht werth, betreten
Auf einem Fuss, mit dem du Vieles übertreten.

Du strecktest aus die Hand nach einem grossen Glücke,
Wie viele wurden schon desshalb zerhaut in Stücke!

Du kamst zum Hause, das von rückwärts nicht steht offen,
Dess Eingang dem, der klopft wie du, nicht ist zu hoffen.

Du schmücktest dein Gekos' mit Flitterstaate aus,
Verlangend nach der Ehr', die nicht für dich zu Haus.

Du kamest, wie's dich ziemt, mit weissem Angesicht,
Zu werben um die Braut, die dir bestimmet nicht,

Und wärst du niedriger als Punkt, der unterm B,
Ich würd' erhöhen dich zu nie geträumter Höh';

Du siehst, dass du nicht siehst, was du gehofft zumal,
Dass das, was du gezählt, ist ohne Mass und Zahl.

Gerade ist mein Pfad für die geleitet sind,
Dich aber macht Begier nicht nur gemein, auch blind.

Zeit ist's, zu zeigen dir wie sinnlich deine Triebe,
Und wie durch die Begier verhinderst meine Liebe,

Du bist Genoss der Lieb' allein in deinem Kreise,
Was brauch ich dir davon zu geben erst Beweise,

Du liebst mich nicht, bis du in mir bist nicht verschwunden,
Genügst mir nicht, bis ich in dir mich nicht gefunden.

Gib die Behauptung auf, dass du mich liebst von Herzen,
Such' andres Herz und lass die Lüge dir verschmerzen!

Genuss, den höchsten, wirst, hei! hei! du nicht erwerben,
Wenn du aufrichtig bist, haha! so musst du sterben,

Wenn, Liebchen, du nicht stirbst, so stirbst du nach Verlauf',
Wenn du nicht stirbst aus Lieb', so gib das Lieben auf!

Ich sprach: mein Geist ist Dein, nimm selben in Empfang,
Was wäre denn nicht Dein, was mein ist von Belang!

Den Tod aus Liebe ich fürwahr nicht fürcht' und scheue,
Ich suche meinen Ruhm in der Natur der Treue;

Ich wäre stolz, spräch' man: er ist aus Lieb' gegangen,
Der Tod aus Liebe ist mein einziges Verlangen.

Auch ohne den Genuss sei mir das Sterben werth,
Wenn meine Liebe sich für Dich dadurch bewährt.

Gehör' ich Dir nicht an, so setz' ich Ruhm darein,
Nur im Verdacht, dass ich Dein Liebender, zu sein.

Und wenn in dem Verdacht der Tod mich überfiele,
Mit Freuden eilte ich als Märtyrer zum Ziele.

Und wenn vergossnes Blut man Märtyrerthum nicht heisst,
So ist es mir genug, dass Du darum nur weisst.

Mein Geist, der niedrige, kann sich zu Dir nicht schwingen,
Entfernt im schlichten Kleid nicht bis zu Dir vordringen.

Die Drohung mit dem Tod, sie machet mich nicht zittern,
Sie mag die Anderen mit Furcht und Graus erschüttern.

Du weichst vom Weg nicht ab, wenn du mich opferst hin,
Denn mein vergossnes Blut ist Gunst nur und Gewinn.

Wenn mir der Tod, den du verheissen, widerfährt,
So wird erhöhet nur mein Preis und inn'rer Werth.

Ich fordere heraus den längst beschloss'nen Tod,
In dem, was du bestimmt, thut der Verschub nicht Noth;

Denn droh'n ist Wohlthat nur, die immer mir erfleht,
Wenn ohn' Entfernung nur, was du versprachst, besteht.

Ich hoff' was Andre scheu'n, und bin dadurch beglückt,
Weil mich freiwill'ger Tod zur Geisterwelt entrückt.

Ich schwör's, ich opfre mich der Liebsten auf dem Pfade
Des Rechts, den Andere betreten ohne Gnade.

Wie viel Erschlag'ne sind in jedem Volk und Stamme,
Sie starben, ohne dass ein Blick nur ward der Flamme.

Wie viele starben nicht der Menschen schon aus Liebe,
Und blicktest Du sie an, das Leben Keinem bliebe.

Wenn Sie vergossnes Blut für recht und billig hält,
Erreiche ich den Ruhm, den höchsten in der Welt.

Ich schwör's, geh' ich zu Grund, so ist's für mich Gewinn,
Geheilet werde ich durch inneren Ruin:

Erniedrigt wurde ich im Stamm', bis dass mir klar,
Dass über meine Kraft die kleinste Fordrung war.

Die Demuth war nur Schwäch', sie hielten mich nicht werth,
Dass solche Schwäche sei durch ihren Dienst geehrt.

Nach meinem Stolz sank ich vom Gipfel höchster Gnade,
Allmälig nieder zu dem untersten der Grade.

Kein Nachbar schützet mich, mir öffnet sich kein Thor,
Und meinem Eifer steht kein Ehrenplatz bevor.

Als wär' ich nicht geschätzt, als wär' ich nur verachtet,
So wenn im Überfluss, so wenn bin ich verschmachtet.

Sagt man: wen liebest du, und nenne ich Sie klar,
Sagt man: Metonymie! er träumet, ist ein Narr!

Es würde ohne Schmach die Liebe mir nicht schmecken,
Und ohne Liebe sich die Ehr' vor mir verstecken.

Der Irrsinn ist mein Schmuck, den die Natur verschmäht,
Und meine Ehre in Erniedrigung besteht.

Als nicht zugegen war als Wächter der Verstand,
Die Liebe ihren Wunsch in dem Geheimniss fand.

Ich hüte mich davor Geheimniss zu erwähnen,
Desselben Ausdruck liegt im Worte meiner Thränen.

Begierde und Vernunft beirren sich sofort,
Die Lüge, die geheim, sie ist ein wahres Wort,

Nachdem der Phantasie verheimlicht ich die Sorgen,
Bemüht' ich mich, dass die Gedanken sein verborgen.

Ich übertrieb die Sorg' Geheimniss zu bewahren,
So dass ich es vergass (inmitten der Gefahren):

Und wenn des Wunsches Frucht zu pflanzen ist nicht leicht,
Weiss Gott, dass die Begier mit Müh' den Wunsch erreicht.

Die süsseste Beruhigung der Lieb' ist die
Von Ihr gewollte und alsdann vergess'ne Müh.

Sie steht bewachend scharf Eingebungen des Inn'ren,
So die Begier an Lust, der ich entsagt, erinnern.

Wenn auch gefahrlos, fährt Begierde durch die Glieder,
Schlag' ich aus Ehrfurcht schon und Scheu die Augen nieder.

Ich wende ab, wenn er auch flieget hoch, den Blick,
Die ausgestreckte Hand, ich ziehe sie zurück.

Nach ihr strebt jedes Glied mit brennendem Verlangen,
Doch Würde scheuet es zurück mit Furcht und Bangen.

Wenn ich durch Mund und Ohr Ihr falle nur zu Last,
Sie mit Barmherzigkeit mein ganzes Thun umfasst,

Wenn nicht von Ihr allein das Lob die Zunge spricht,
So höret andres Lob das Ohr, das taube, nicht.

Und führt mein Ohr ein Wort in's Herzensheiligthum,
Dem es gehorchet nicht, so bleibt die Zunge stumm.

Ich bin durch ihre Lieb' von Eifersucht verzehrt,
Doch läugn' ich Eifersucht, erkennend meinen Werth.

Die Freude saugt mein Geist in aller Eile ein,
Es bildet sich Begier die Wunscherfüllung ein.

Wenn Sie auch fern dem Aug', so sieht Sie doch mein Ohr,
Wenn Wachendem man hält zur Schmach die Lieben vor.

Wetteifernd mit dem Ohr, gönnt diesem nicht das Auge,
Dass es zu Grunde geh' durch Liebestadels Lauge.

Die Wahrheit geht voran, die Menschen folgen mir,
Wohin ich wende mich, so wend' ich mich zu Ihr.

Sie stehet als Imam vor mir bei dem Gebet,
Mein Herz bezeuget, dass darin Sie vorne steht:

Kein Wunder, wenn dein Herz Sie wünschet als Imam,
Da es zur Kibla sich die Einz'ge nur nahm.

Wenn nach den Seiten sechs sich auch die Augen richten,
Erfüll' ich nur des Hadsch, der Omret Pflichten.
[Wallfahrtsorte]

Ich bete nur zu Ihr auf der geweihten Stäte,
Ich selbst der Gegenstand von ihrem Wunschgebete.

Wir finden, Beide Eins, die ew'ge Wahrheit wieder,
So oft wir in den Staub uns betend werfen nieder.

Für anderes Gebet hab' ich nicht Lust und Neigung,
Und kenn' nur diesen Zweck bei jeder Niederbeugung.

Wie vieler Bruderschaft zerriss ich schon den Flor.
Und aufgelöset ward, was mich verband zuvor.

Die Liebe wurde mir geschenkt von Ewigkeit,
Am Tage des Vertrags vor dem Beginn der Zeit.

Die Liebe kam mir nicht durch's Ohr, nicht durch den Blick,
Nicht durch Erwerb und durch natürliches Geschick.

Mir ward vor meinem Sein die Liebe zugeschworen,
Und trunken war ich schon eh' als ich noch geboren.

Begier vernichtete, was noch nicht ward erfunden,
Und Eigenschaften all sie waren schon verschwunden.

Ich fand das, was ich traf im Hingeh'n und zurück,
Nach Ihrem Willen ward bestimmet mein Geschick.

Es traten dann hervor die Eigenschaften freier,
Die eh' verborgen nur gewesen unter'm Schleier.

Es wurde die Begier zur Antwort nun gezwungen,
Die Kenntniss hatte sie sich von dem Herrn errungen.

Die Seele war verwirrt, es war ihr unbekannt,
Dass in dem Dasein sie der Dinge Wissen fand.

Ich sah im Einzelnen, was ich eh' überschaut,
Das Ganze ward mir nun im Einzelnen vertraut.

Einheit der Liebe ist in unsrer Einigkeit,
Die bei den Liebenden gehört zur Seltenheit.

Verläumder ist bemüht uns Beide zu verschwärzen,
Er sagt Ihr mit dem Rath (den ich Ihr geb' von Herzen):

Ernähret nur den Dank, entfernt gehäss'ge Triebe,
Und macht mir zum Geschenk Aufrichtigkeit der Liebe!

Ich rechnete auf Sie und nahte mit Begier
Doch ich begehrte Nichts, als mich zu nähern Ihr.

Ich opferte Ihr auf in Eil das andre Leben,
Vielleicht, dass mir hierdurch Erhörung wird gegeben.

Bald geb' ich auf den Wunsch, der mich zu Dir hinreisst,
Ich wollte nicht, dass Du als Schaf mein Reitthier seist.

Ich nahte mich als arm, doch ohne Übermuth,
Ich warf von mir hinweg die Armuth und das Gut;

Dass Beides ich wegwarf, kann als Verdienst mir gelten,
Ich opferte auch dies dir auf wie beide Welten,

Dass dieses auch Verdienst, dies leuchtete mir ein,
Doch wollt' ich and'res nicht als: das bei Ihr zu sein.

Ich kam durch Sie zum Ziel, davon ist der Beweis
Vermittler, der den Weg doch ohne Sie nicht weiss.

Lass freien Willen Ihr, o Freund! dass Sie befehle,
Ergib in selben dich mit Ruhe in der Seele.

Sei frei von deiner Lust, schweb' über nied'rem Raum,
Dann wirst du wurzeln fest und sprossen wie ein Baum.

Sei gleich und nah und rein, so wirst erhöret du,
Du kehrst von Ihr zu Ihr, und bleibest dann in Ruh.

Kehr' schnell zurück, gehorch', hüt' dich zu sagen heut:
Ich gürte morgen mich, um aufzustehn zum Streit.

Sei wie die Zeit ein Schwert, nimm das Vielleicht in Acht,
Vielleicht hat in Gefahr gar Menschen schon gebracht.

Um zu gefallen Ihr steh' auf, streb' nicht nach Freude,
In Schwäch' verharre nicht, die führet nur zum Leide,

Verfolge deinen Pfad, steh' auf, wenn auch zertreten,
Entreiss der Trägheit dich, um dich gesund zu retten.

Tritt vor, der du so lang' dich Gegnern zugewendet,
Befrei' vom Bande dich, das im Verderben endet.

Schneid' wie ein scharfes Schwert mit festem Vorsatz ein,
So wird Begierde dir gehorsam, willig sein.

O nah' dich Ihr, und wärst du selbstens bankerot,
Nimm an den guten Rath, er hilft dir aus der Noth.

Nicht naht sich Ihr wer reich durch Streben und Bemühen,
Sie wird den Armen nicht, das Schwier'ge nicht fliehen.

So geht es denen, die nur ihrer Lust zu willen,
Und denen, die getreu Versprochenes erfüllen.

Der Wind der Liebe stürmt vorbei den reichen Mann,
Jedoch den Armen weht derselbe fächelnd an.

Das Loos des Reichen ist, dass er ein Opfer fällt,
Und doch erreichet nicht das, was ihm wohlgefällt.

Aufrichtig sei mit Ihr die Armuth zu ersetzen,
An der als gutem Werk du stolz dich pflegst zu letzen,

Entsage dem Geschwätz und Forderungen, leeren,
Die ungerechter Weis' Gehör von dir begehren!

Die Zunge, die zu sein beredteste sich dünkt,
Erlahmt im Ausdruck dess, was in dem Inn'ren blinkt.

Du fussest auf den Sinn, den Sie dir will nicht zeigen,
Bist in dem Worte fremd, d'rum wolle lieber schweigen!

Im Schweigen ist die Ruh, im Schweigen liegt die Würde:
Das, wenn absichtlich, nur dem Diener schaden würde.

Sieh an, hör' an, behalt und sprich das was vertraulich,
Nur die Versammlung kennt die Strasse, so beschaulich.

Du folge dem nicht nach, der seine Lust nur ziert,
Bis sie zur herrschenden und zur Gebiet'rin wird.

Lass was der Freundin feind, wie die Begier die wilde,
Du flüchte dich vor der zum festesten der Schilde!

Sie war längst tadelnswerth, empört, wann ich gehorchte,
Gehorsam nur, wann ich nicht dem Gebote horchte,

Ich rief sie vor, es schien der Tod mir minder schwer,
Als zu ermüden sie mit des Gehorsams Lehr'.

Als sie zurückgekehrt, sie alle Lasten trug,
Und als sie milder ward, sie wenig nach mir frug.

Ich plagte sie als Bürg', dass sie aufstehen werde,
Bis dass ich sie bezwang durch Plagen und Beschwerde.

Ich nahm ihr den Geschmack, indem ich sie entfernt
Von der Gewohnheit so, dass Ruhe sie gelernt.

Kein Schrecken, welchen ich nicht auferleget ihr,
Dies kann bezeugen die unlautere Begier,

Und jede Stäte, wo im Pfad' ich stand, bestätigt,
Dass im Gehorsam ich als Sklave mich bethätigt.

Ich liebte sie zuvor nach meinem eignen Willen;
Seit aber ich bereit, nur ihren zu erfüllen,

Bin ihr Geliebter ich, der Liebste ihrer Seele.
Vorbei ist's mit dem Wort, dass meine Lust ich wähle.

Ich trat aus mir heraus und kann nicht wiederkehren,
Nicht meines Gleichem gilt das Wort vom Wiederkehren,

Seit Sie aus mir heraus, bleibt einzeln die Begier,
Mir kann es ziemen nicht noch umzugeh'n mit Ihr;

Seit sie von mir getrennt, so fällt mir nimmer hart
Beschreibung von der Allgeliebten Gegenwart.

Auf diese Art beginn' ich Eins mit Ihr zu werden,
End' in Erniedrigung des Hohen auf der Erden.

Verkläret ward die Lieb' durch meines Auges Blick,
Und jeder Spiegel strahlt mein eig'nes Schau'n zurück.

Sie rief zum Zeugen auf des Inn'ren Wesenheit,
Die sich verkläret hat im Glanz der Einsamkeit.

Mein Körper ging zu Grund in dieser Eigenschaft,
Ich trennte mich von ihm, nur Sie hat Lebenskraft.

Ich hielt mich fest an dem Ruin von meinen Zeugen,
Dies kann die Nüchternheit nach meinem Rausch bezeugen,

Die Nüchternheit, die mich nach Trunkenheit entzückt,
Ist nur mein Sein, das sich durch die Verklärung schmückt.

Wenn du mich nicht beschreibst als Zwei, ist Sie die Eine,
Beschreibst du Ihr Bild als Eins, so ist's das Meine.

Wann Sie mich fordert auf, gehorch' ich dem Befehl,
Wann Sie mich ruft, sag' ich: was stehet zu Befehl?

Und wann Sie spricht, so horch' ich auf ihr Wort,
Und sage Ihre Sag' Ihr nach in Einem fort.

Wir sprechen Du auf Du, ich bin dadurch erhöht
Weit über andre Schaar, die ferne von Ihr steht.

Wenn die Vernunft verbeut in Zweien Eins zu sehn,
Und denen dies nicht klar, die mir entfernet stehn,

So kläre ich dir auf, was dies Geheimniss war,
Ausdruck verborgener, er wird dir offenbar,

Und ich enthülle dir, was ausser Raum und Zeit,
Dem das Gehör, das Schau'n, Erklärung nicht verleiht.

Ich setze den Beweis durch Sprüch' in volle Klarheit,
Durch Sätze, welche wahr: Ich stütze mich auf Wahrheit.

Ein Weib vom Schlag gerührt, gibt dir durch ihren Mund,
Als von dem Dschinn berührt, sich als Prophetin kund.

Sie redet zeugenlos und stellet her Beweis,
Dass ohne Zeuge sie doch wahr zu sprechen weiss.

Die Wissenschaft erklärt, dass dies seltsam, doch wahr,
Dass das, was ausser ihr, doch ihrem Sinne klar.

Bist Abends du nur Eins, so wirst dies Morgens sein,
Annäherung zu Gott gibt Wahrheit nur allein.

Suchst Anderes als ihn, so ist es Dienst der Götzen,
Im Irrthum wirst Begier du Ihm zur Seite setzen.

Wer von dem Liebchen sich in Lieb' vermag zu trennen,
Wird durch Abgötterei nur dessen Fleisch verbrennen.

Es schändet deinen Stand der feste Vorsatz nur,
Dass du auslöschen willst befestigte Natur.

So lang der Schleier nicht gelüftet war in Freiheit,
Vermochte sich von dir zu trennen nicht die Zweiheit.

Des Abends leg' ich mich, vereint in Wesenheit,
Des Morgens steh' ich auf, zerstreut durch Wirklichkeit,

Nur durch die Gegenwart wird die Vernunft zerstreut,
Wahnsinn versammelt nur durch die Abwesenheit.

Ich halt' die Nüchternheit für einen niedren Lauf,
Und schwinge mich von dir zum Himmelslotos auf.

Und als der Schleier ward verklärend aufgerollt,
Da ward vom Aug' dem Aug' Erfrischung erst gezollt.

Werd' ich ernüchtert, so genügt mir Nüchternheit,
Versammelt bin ich erst, wenn zweitesmal zerstreut.

Bekämpfend dich in dir, von dir gelangest du
In dem, was über dir, zur wahren Himmelsruh'.

Nachdem ich so gekämpft, sah ich den blut'gen Zeugen,
Den Liebenden, der mich als Muster konnte zeigen.

Ich stand nicht still am Berg, ich schritt zur Ka'ba fort.
Von mir kam das Gebot an den Verbeugungsort.

Sei eingebildet nicht auf deiner Schönheit Glanz,
Und auf die Ehren, die besteh'n im Kleide ganz.

Den Secten-Irrthum lass', das End' ist doch Verein,
Der Secten Leitungszweck wird nur die Einheit sein.

Lass freien Lauf dem Sinn für das, was ewig schön,
Bleib nicht gebunden bei dem falschen Schmucke steh'n.

Des Liebeswürd'gen Reiz nur aus der Schönheit stammt,
Der eignen nicht, aus der die ausgelieh'ne flammt.

Es liebten Koseir, Medschnun und früher Kais,
Die Afet, Leila und die Lobna glühend heiss.

Die Liebe Jedes war an Eigenschaft gebunden,
An ewige, die er im Liebchen nur gefunden.

Was war dies anders als der Schönheit Ideal,
Das ihnen sich verklärt in ihrem Liebesstrahl.

Der wie der Sonne Strahl, eh' vom Gewölk verhüllt,
Nun in dem Glas verklärt verschied'ne Farben spielt.

Das erstemal erschien der wahren Liebe Kraft
In Adam und in Eva durch die Mutterschaft.

Er liebte sie, durch sie um Vater erst zu werden,
Durch die Gemahlschaft kam das Kinderthum auf Erden;

Sie fanden sich, weil sich das Äussere gefiel,
Durch Liebe, nicht durch Hass, gelangten sie zum Ziel.

So hat die Liebe sich versteckt und offenbart.
Seitdem, zu aller Zeit nach der Aeonen Art

Erschien den Liebenden in mancherlei Gestalten,
In seltener Figur und Weisen mannigfalten:

Als Lobna, Afet, itzt in Gluth der liebesheissen,
Ein andermal ward sie Boseine geheissen.

All' Andre mussten Ihr an Reiz und Anmuth weichen,
Und nirgends anders fand Sie eine ihres Gleichen.

Durch die Vollkommenheit von Ihrer Schönheit wird
In Anderen mit Ihr Einswerdung ausgeziert,

Und so erscheint Sie mir in jedem Liebespaar,
In allen Liebenden, in Schönen wunderbar.

Mit ihnen bin ich eins, der Liebende der ächte,
Wiewohl sie mir voraus durch längst vergang'ne Nächte.

Sie sind kein andres Volk, nicht anderer Natur,
In ihren war ich nur in anderer Figur.

So war ich einmal Kais, ein andermal Dschemil,
Bald war die Afet, bald Boseine mein Ziel.

Bald war ich offenbar und bald war ich versteckt,
Seltsam war ich enthüllt und seltsam auch bedeckt.

Es waren die und die, nicht Wahn in dem Gemüthe,
Sie waren Wirklichkeit in voller Schönheit Blüthe.

Ein jeder Held war ich und die Geliebte Sie,
Die Namen sind nur Kleid, das mich getäuschet nie.

Durch diese Namen ward nur ich allein benannt,
Die Liebe, die versteckt, ward so der Welt bekannt.

So bin ich immer Eins mit Ihr, dem Schatz gewesen,
Mein Wesen liebte ich in der Geliebten Wesen.

So gibt es in dem Reich nicht andren Herrn als mich,
Mein Mitmir ist, was sich vereint mit Ihrem Ich.

Ich huld'ge nicht aus Furcht vor Anderen, fürwahr!
Und auch aus Hoffnung nicht, weil andrem Gut ich harr';

Nicht aus Erwartung, dass erniedriget ich werde,
Aus Hoffnung nicht, dass ich beglückt (auf dieser Erde).

Ich opfere mich auf um abzuwenden bloss
Von Männern, heiligen, den Spott, den Hieb, den Stoss.

Desshalb bin ich zurückgekehrt aus Frömmigkeit
Zu dem gewohnten Dienst, bin willig und bereit.

Von dem Ruin zurück zur ew'gen Frömmigkeit,
Von Ausgelassenheit zurück zur Eingezogenheit.

Ich fastete den Tag, dafür belohnt zu sein,
Ich betete die Nacht, um zu entfliehn der Pein.

Ich baute an die Zeit mit meinem Stossgebet,
Ich schwieg und fastete aus Würd' und Majestät.

Ich floh das Vaterland, schnitt mit den Brüdern ab,
Erwählte Einsamkeit im Leben mir zum Grab.

Gedanken spann ich aus erlaubte, Tag und Nacht,
Und um zu stärken mich auf Nahrung nur bedacht.

Ich fand den Unterhalt in der Genügsamkeit,
So folgte Lust der Welt mir willig und bereit.

Die Seele reinigt sich durch die Enthaltsamkeit,
So ward enthüllet, was verborgen mir die Zeit.

Ich zog mich von der Welt in Einsamkeit zurück,
Erhörung des Gebets war meiner Andacht Glück;

Bis aufzugeh'n in Ihr (in Gott) war mein Verlangen,
Gott sei dafür, dass ich in Ihr sei aufgegangen.

Mit dem Geheimniss will ich dich nicht überlisten,
Unmögliches soll nicht in deinen Sinn einnisten.

Wie wäre das! wie könnt' ich denn in Gottes Namen
In Deinen Sinn einstreu'n des nied'ren Irrthums Samen?

Merk auf! erschien denn nicht Propheten Anfangs nur
Der Offenbarung Bot' in menschlicher Figur?

Nur desshalb Gabriel daher als Dihjet kam,
Ein Mensch, weil die Gestalt vom Menschen er annahm?

In seiner Wissenschaft erkannte er in Klarheit
Vom Gegenwärtigen die reine lautre Wahrheit.

Er sah den Engel, der die Botschaft ihm gebracht,
Er sah den Mann, den zum Genossen er gemacht.

Wenn diese Doppelsicht gehörig willst bedenken,
Wirst der Vergötterung du nimmer Glauben schenken.

Zu läugnen ist es nicht, es stehet im Koran,
Die Sunna und die Schrift, ich halte mich daran.

Ich gab der Wissenschaft enthüllt' Geheimniss dir,
Betritt den rechten Pfad, in Allem folge mir.

Hier ist der volle Quell, der reich zum Trunke fliesst,
Gib Wasserspieg'lung auf, die nur im Thal, das wüst,

Gewahr das Meer, worin sie untertauchten dich,
Die Ersten standen am Gestad', sie scheuten sich.

Der Koranvers: Naht euch dem Gut der Waisen nicht!
Die abgezog'ne Hand der früheren entspricht.

Und ausser mir ward es dem Helden nur gegönnt,
Der die Ausdehnung und Zusammenziehung kennt.

An meine Wunder halt' dich fest und nicht an andern,
Du hüt' dich and'ren Pfad als meinen auszuwandern.

O Freund von heit'rem Sinn, es ist der Liebe Thal,
Die Heiligkeit nur dess, der mir gehorcht zumal.

Mein Reich der Liebe Höh'n, mein Heer der Liebe Wahn,
Und jeder Liebende derselben Unterthan.

Die Liebe geht zu Grund und stehet fern dem Mann,
Der schauet nur den Flor und setzet mich hintan.

Für mich sind Lieb' und Hass nur Dinge einer Art,
Und meiner Wand'rung Ziel ist nur die Himmelfahrt.

Beruhige die Seel' in dem Verein mit mir,
Von meinen Dienern bist der Auserwählte hier.

Geniess der Höh' und rühm' vor and'ren Menschen dich,
Dass du mit reiner Seel' im Äussern fandest mich.

Setz' über Schalen dich hinaus, die leichten, schweren,
So über die Gebot' und aller Weisheit Lehren.

Durch Liebe sammle dir das Höchste, was zu erben,
Von dem Erkennenden, der strebet zu erwerben.

Sei stolz den Saum des Kleids der Liebenden zu schleppen,
Es ziehet dich hinauf bis zu der Milchstrass' Treppen

Die Wissenschaft nur Eins mit Gott zu sein ergeben;
Entziehe dich der Schaar, die anders sucht zu leben.

Einheitsbekenner sind ein ungeheurer Kreis;
Die Andren wenige, was braucht es mehr Beweis.

Du stirb in diesem Sinn und lebe lobesam,
Du folge selbst dem Volk, von dem du der Imam;

Denn würdiger trägst du den Preis des Kampfs davon,
Als jener, welcher kämpft nur wegen Straf und Lohn.

Sei stolz auf diesen Ruhm, doch ohne leeren Wahn,
Die Freude schlage dir das Mahl am besten an!

Wie viele Menschen hat schon diese Eigenschaft
Von nied'rer Station zur Höh' emporgerafft!

Du bist entfernt von mir auf diese Art und Weise,
Die Pleias wallet nicht in dieses Staubes Kreise.

Vom höh'ren Sinai ist dieser überragt,
Du stehst viel höher als du selber dir gesagt.

Dies ist die Gränze dein, bleib steh'n (an diesem Hügel),
Denn wenn du weiter strebst, verbrennst du dir die Flügel.

Denn höher steht mein Werth, als was die Menschen streben,
Und über deinen Werth hinaus geht dein Bestreben.

Von allen Menschen hab' ich dieses mir gesammelt,
Dass unter Brüdern ich bin nüchtern und versammelt.

Mein Ohr ist Moses und mein Herz mit dem vertraut,
Was ich im Traume mit Mohammeds Aug' geschaut.

Des Geistes Geist, mein Geist und Alles was du siehst
In der Natur, der Ausfluss meines Wesens ist.

Der Seelen Schöpfungen, ich hab' sie längst gekannt,
Wenn selbe auch nachher Gefährten unbekannt.

Du bist von selber nicht, weil du dich Jünger nennst,
Und dich nicht eingesaugt in uns allein bekennst,

Wirf weg Metonymie und sprich nicht ohne Sinn,
Ich sehe Künstelei gefärbte nur darin.

Nenn dich den Kund'gen nicht, es stehet im Koran:
Beinamen sind verhasst und feinden sich nur an.

Der Jünger kleinster wird in seinem Herzen schauen
Gedanken, die geschmückt als bräutliche Jungfrauen;

Der pflückt von eigenem Sinn der Selbsterkenntniss Frucht,
Scharfsinn und Namen wird in meinem nur gesucht.

Fragst du ihn um den Sinn, so spricht er Wundergaben,
Die über den Verstand und allen Wahn erhaben.

Behaupte nicht du seist der Auserwählten Einer,
Denn Sünde wär's von dir, der nur ist ein Gemeiner.

Eins ist's, ob ich mich nah', ob ich von dir mich wende,
Eins meine Lieb', mein Hass, mein Anfang und mein Ende.

Spiel ich auf Andre an, so bleib ich doch die Norm,
Wenn ausgezogen auch Beiname, Nam' und Form.

Ich ging bis das ich stand, wo der Propheten Zunft,
Durch Äusseres verführt, verloren die Vernunft.

Ich bin beschreibungslos, Beschreibung ist nur Form,
Der Nam' und Zunam' auch; Symbolik sei die Norm.

Vom Grade: ich bin Sie, bist du nun aufgestiegen
Zur Stufe: ich bin Ich, und wirst nun weiter fliegen

Zur inn'ren Weisheit, die im Dienst des Herrn besteht,
Durch äuss'res Gebot Einswerdung dann ersteht.

Mein Ziel es war Aufgeh'n in Gott wie andre Meister,
Eh' ich zurückgekehrt mit Reu zum Herrn der Geister.

Ich trete auf die Höh' der Vordern, welche wähnen,
Dass Standort in dem Staub sei Gipfel meines Sehnen.

Das Ende ihrer Bahn ist Anfang nur vom Lauf,
Ich kann, von wo ich steh', nicht höher steigen auf.

Es ist kein Wissender, der es durch mich nicht wäre,
Kein Sprechender, der nicht ausspräche meine Ehre.

Kein Wunder, wenn mein Lauf zurück die Ersten lässt,
Ich halte an der Tah als sich'rem Eimer fest.
[Tah: Sure XX]

Mein Gruss an Sie, derselb ist allegorisch,
Der kommt von mir zu mir und ist nicht metaphorisch.

Der Liebe Bestes war derselben Anbeginn,
Derselbe führte mich zur selt'nen Äuss'rung hin,

Ich wollte mein Gefühl verhüllen im Gedicht,
Doch die Begeisterung lässt sich verhüllen nicht:

Als ich sie sah, da reut's mich nicht, dass ich gehuldigt,
Und meine Liebe war von der Vernunft entschuldigt.

Mit dem Ruin des Leibs war es nicht gar so arg,
Die Wunscherfüllung war freigebig erst, dann karg.

Der Leib ist wohl, wenn er zur Krankheit ist bereit,
Ruin der Seele ist die wahre Tapferkeit.

Zu sterben nur für Sie das ist das wahre Leben,
Und sterb' ich nicht, so leb' dem Kummer ich ergeben.

O Herzensblut, das schmelzt durch Sehnsucht und durch Liebe,
O Seelenbrand, der fliesst in Gluthen meiner Triebe!

Die Gluth des Inneren hat aufrecht mich gezogen,
Die Rippe ward gerad', die eh'mals war gebogen.

O schön ist die Geduld, Ergebung in dem Leide,
Wend' ab dich von der Welt und ihrer Schadenfreude!

O du, der hart und rauh, gehorsam ist dein Freund,
Ertrage Lässigkeit als Unglück von dem Feind.

Begehr' nicht mag'ren Leib, dass Heilung dich beglücke,
Was ist dir Herz, dass du zerschnitten bist in Stücke?

O kranker Leib, du gibst kein weit'res Lebenszeichen,
Die Dauer zeitliche, sie muss der ew'gen weichen.

Gesundheit meines Leibs! Gespräch ist nun vorbei,
Und der Genuss, der Tod, die Trennung, macht nicht frei.

Verschwunden durch Ruin ist längst des Körpers Schein,
Du kannst bewahren nicht vermodertes Gebein.

O leeres Bild, o Wahn, den ich anrief mit O,
Durch deine Traurigkeit wird die Verwildrung froh.

Mit dem, was mehr als Tod, bin ich von dir zufrieden,
Denn deine Liebe hat mir dieses Loos beschieden.

Wenn meine Seele klagt, so ist's nicht ihre Pein,
Sie richtet sich hierin nach And'rer Beispiel ein.

In jedem Stamm ist todt ein jeder, der lebendig,
Der beste Leichnam ist der Liebe zugeständig.

Du siehest Nichts als Lieb' in der vereinten Gier,
Und Nichts ist da zu sehn als frischer Jugend Zier.

Wenn Sie am Festtag reist, zu Ihr die Menschen drängen,
Es schauen Ihre Schönheit an der Stämme Mengen,

Die Geister steh'n verliebt auf Ihrer Schönheit Warten,
Von Ihrer Schönheit sind die Blicke all' ein Garten.

Ich seh' an jedem Tag das schöne Angesicht,
Denn jeder Tag ist Fest, an welchem frisch die Sicht.

Und alle Nächte sind mir heilig, wann Sie naht;
Der Tag, wo ich Sie treff', ist mir des Freitags statt.

Zu Ihr zu pilgern nur mein Streben stets begehrt,
Und jeder Stillstand ist dem an der Ka'ba werth.

Ein jedes Land, worin mein Auge Sie erblickt,
Erscheint als Mekka mir, gezieret und geschmückt.

Ein jedes Haus von Ihr bewohnt, ist mir Harem,
Als Haus der Trennung mir Ihr Vaterland bequem.

Das Haus, von Ihr bewohnt, ist mein Jerusalem,
Erfrischung meinem Herz, die ihm nur angenehm.

Des Kleides Schlepp' ist mir des Tempels Majestät,
Der Staub, der duftendste der Erd', auf der Sie geht.

Der Ort, den Sie bewohnt, ist mir ein sichrer Ort,
Die Sinai  thun mir Noth, sie sind mein fester Hort

Als Stationen, wo die Welt uns nicht entzweit,
Wo uns nicht trennen kann die böse List der Zeit.

Die Tage suchen nicht Vereintes zu zerwühlen,
Die Nächte streben nicht uns rauher anzufühlen.

Zufälle können uns nur selbst entfremden nicht,
Unglücke stossen nicht der Seele Gleichgewicht.

Kein Zwischenträger kann bei Ihr den Ruf mir schänden,
Kein Niederer vermag von mir Sie abzuwenden.

Des Nebenbuhlers Aug', es ist im Schlaf befangen,
Des Nebenbuhlers Aug', es stört nicht mein Verlangen.

Ich kenne keine Zeit als Zeiten der Genüsse,
Und alle sind für mich nur Jahreszeiten, süsse.

Mein Tag ist Abend ganz, an dem es milde weht,
Wenn ich erwiedere das Wehen mit Gebet.

Die Nacht ist Zauberei, wann in derselben gehen
Die sanften Düfte, die im Abendwinde wehen;

Und wach' ich eine Nacht, so ist der ganze Mond
Für mich des Schicksals Nacht, weil Ihr Besuch mich lohnt;

Und nah' ich meinem Haus, so finde ich selbes ganz
In Frühlingsmässigung, in frischem Blüthenglanz.

So bin zufrieden ich hindurch mein ganzes Leben,
Mit guter Morgenzeit, die fliesset rein und eben.

Gesammelt habe ich die Schönheit jeder Form,
Dass sie bezeuge mir des tiefsten Sinnes Norm.

In meinem Inneren [ist] gesammelt alle Liebe,
Dass sie verkünde dir von jeder Gluth die Triebe.

Soll ich mich rühmen, nicht wie Andere, die lieben:
In dem Vergnügen ist mein Ruhm ganz eingeschrieben.

Ich habe mehr von ihr als ich gehofft, erreicht,
Die nächste Nähe, die nicht andrer Nähe gleicht.

Der Trennung stosse ich die Nase auf die Erde,
Auf dass nur immer mehr mein Wunsch erfüllet werde.

So wie ich schlafen ging, wach' ich in Liebe auf,
Und was ich Morgens that, ist meines Abends Lauf.

Wenn Sie von ihrem Reiz den Menschen allen gäbe,
Nur Jusuf nicht, er sich vor Andren nicht erhöbe.

Ich pries die Schönheit zwar in der Beschreibung Fluss,
Doch Sie gewährte mir den doppelten Genuss.

Von Ihrer Schönheit zeugt ein jeder Sonnenstaub,
Desshalb ist allerseits Sie aller Blicke Raub.

Die Anmuth preiset Sie in jedem Platz und Orte,
Die Zunge lobet Sie in jedem Gruss und Worte,

Die Nase riechet Sie in jeder feinen Luft,
In Wohlgerüche Sie einathmet und im Duft.

In Allem was ich hör', vernehm' ich Ihren Laut,
Mit Ihr ist das Gehör der Hörer all' vertraut.

Und jeder Kuss von mir ist Ihr geweihter Kuss,
Der Kuss der ganzen Welt ist nur für mich Genuss.

Wenn Sie den Leib zerlegt, so wird darin sie sehen
Das Herz der Liebe ganz, der ganzen Welt Bestehen.

Was am seltsamsten mir, am trefflichsten vorkam,
War, dass Enthüllung erst den Zweifel mir benahm.

Dem Aug' Versammelter erschien der Hass als Freundschaft,
Verein des Gegentheils als Liebe mir und Freundschaft.

Der Tadler liebet mich, es schmähet mich der Feind,
Verschwärzer ist verliebt und Nachbar mir nicht Freund.

Für dieses Resultat muss ich den Dank Ihr schulden,
Denn Ihrer Gnade nur dank' ich's und Ihren Hulden.

Nicht gegen Freunde nur bewährt sich seine Beugung,
Der Beugung folget er aus seiner eignen Neigung.

Die Wohlthat kam von mir, von meiner eignen Seele,
Ich dank' es mir, dass ich Einswerdung mir befehle.

Geschäfte folgten dann, dann wurde erst entdeckt
In voller Nüchternheit, was Rausch bisher bedeckt.

Ein Strahl des Lichts genügt dem, der schon eingesprenget,
Erörterung bedarf nicht, wer sich selbst anstrenget.

Wer nicht sein Blut vergiesst, nicht zu Wesiren zählt,
Im Wink liegt oft der Sinn, der in dem Ausdruck fehlt.

Durch alle Beide ward der Anfang der Befreiung,
Doch mein Versammeltsein verabscheut die Zerstreuung.

Die Beiden sind nur Eins mit mir und auch mit dir,
Doch in dem Äusseren da zählten wir das Vier.

Ich bin nur Eins mit Ihr, wer mich bei ihr verschwärzt,
Die Liebe auch bei mir durch Eigenschaft verscherzt.

Es hilft Verschwärzender dem Geiste, welcher leitet
Zur Klarheit, die er sich im inn'ren Sinn bereitet,

Es hilft der Tadelnde der Gnade, welche treibt
Zu dem formellen Sein, das nur im Äuss'ren bleibt.

Wer Schwierigkeiten kennt wie ich, der mischet nicht
Der Leitung Irrthum ein, weil Ähnliches besticht.

Mein Wesen ist der Lust besonders ganz ergeben,
Von der die Welten all' als allgemeine beben.

Durch Einfluss wird der Geist zu dem Erwerb geleitet,
Ist zum Empfang geschickt, eh' dass er sich bereitet.

Die Körper sind der Gier ein Dasein, das verträulich,
Die Geister sind dem Geist Erscheinung, die erfreulich.

Ich schwebe zwischen dem, der in die Hölle eilt,
Und zwischen Tadelndem, der guten Rath ertheilt.

Mein Zeuge ist der Tanz, der hin und her mich treibt,
Wo mich Vergängliches anzieht, und dann was bleibt.

Entkleidung stehet fest in Idealen, wahren,
Sie stimmen überein mit Sinnen, offenbaren.

Nimm das Gegeb'ne an, Geheimnisse der Gier,
Die du getroffen hast, du warfst sie weg von dir.

In welchem Sinn der Reiz sich zeige an dem Tage,
In welcher Sure sich gestalte auch die Klage,

So schaut sie jenen doch durch's Aug' der Phantasie,
So hört sie diese doch durch's Ohr der Harmonie.

Es stellt Einbildungskraft sich die Gestalten vor,
Die stehen wohl vertraut an äuss'rer Sinne Thor.

O wunderbar! ich bin berauschet ohne Wein,
Und freue heimlich mich, nach Wunsch beglückt zu sein.

Es tanzt mein frohes Herz, es zittern die Wände,
Es jubelt auf mein Geist und klatschet in die Hände.

Es wird das Herz gestärkt nach Wunsch durch Wort und Werke,
Geschwächt der Sinnen Kraft, bis ihre Schwäche Stärke.

Mir widersetzen sich die Wesen alle hier,
Die einz'ge Hilfe wird mir nur gewährt von mir.

Ein jedes Glied von Ihr versammelt den Zerstreuten,
Ein jedes Haar von Ihr zerstreut den ihr Geweihten.

Sie ziehet aus das Kleid, das zwischen Ihr und mir,
So dass die Trennung selbst zur Traurigkeit wird mir.

Hab Acht, wie die Begier sich heftet an die Sinnen,
Verlangend durch die Lehr' Erleuchtung zu gewinnen!

Erwähnung ihres Geists vor meinem Geiste steht,
So oft der kühle Hauch des Morgenwindes weht.

Erinnerung von Ihr das Ohr in Aufruhr bringt,
Wenn Morgens auf dem Baum die Turteltaube singt.

Dem Mann des Augs thut's wohl, wenn ihn zur Abendzeit
Erinnerung an Sie des Blitzes Strahl verleiht,

Wenn der Geschmack des Bechers, welcher nächtlich kreis't,
Mir in Erinn'rung bringt die Kost von ihrem Geist.

Es offenbart mein Herz sich so den inn'ren Gliedern,
Die nur die Sendungen der äusseren erwiedern.

An Sie erinnert mich ihr Name im Gesang,
Der Reigen spricht nur aus des ganzen Wesens Drang.

Mein Geist strebt nach dem Hauch des höh'ren Werde,
Mein Äuss'res strebet nach dem Stoff des Staubs der Erde,

Es zieht mich bald zu Ihr, bald zu dem Geiste eben,
Und jeder Zug ein Kampf des Todes mit dem Leben.

Was ist dies wohl, wenn nicht Erinnerung der Wahrheit,
Die wurde offenbart der Seel' in voller Klarheit.

Die Seele wünscht vom Staub zu heben auf die Flügel,
Denn bald ergreifet sie, und bald der Leib die Zügel;

Und jedes blöde Kind kann dir die Kunde geben,
Nicht Scharfsinn es bedarf, nicht Offenbarung eben,

Wann es befreit vom Zwang der Windeln und der Binden,
Sich freuet frei von Last in freier Lust zu finden,

Wann es sein Leiden klagt und was man ihm gethan,
Und man geduldig dann die Klagen höret an.

Wann's ob der Süssigkeit der Bitterkeit vergisst,
Gedenkend des Vertrags des Worts, das ewig ist.

Der Reigen zeigt das Bild der mystischen Begeistrung,
Es stellet fest der Tanz die eigene Bemeistrung.

Das Kind sehnt sich nach dem, der koset ihm zur Hand,
Damit es fliege auf in's erste Vaterland.

Beruhigt wird in ihm die geist'ge Aufregung,
Sobald die Amme bringt die Wiege in Bewegung.

Die Sehnsucht nimmt mich ein, wenn Sie erwähnet wird,
Wie Singender, der laut des Korans Vers citirt,

Wie sich die Seele sehnt, wenn endet schon das Leben,
Die Todesengel schon den Sterbenden umschweben;

Wie Sterbender sich sehnt nach Trennung von dem Leibe,
Damit er weiter nicht im Thal der Thränen bleibe:

Wie Geist des Sterbenden, der liegt in letzten Zügen,
Begierig zu dem Grund, dem höchsten aufzufliegen,

Dem Ort des Übertritts zum gänzlichen Verein,
Genuss, der schleierlos wirkt auf die Seele ein.

Wer meinen Spuren folgt, den Vorsatz zu erreichen,
Muss an aufricht'gem Vorhaben mir auch gleichen.

Wie viele Wogen geh'n zu Grund, eh' eine schürft,
Reich ist der Arme, der nur Eine Woge schlürft.

Wenn im Krystall des Worts verlangest dich zu schau'n,
So hör' aufmerksam an, was ich dir will vertrau'n:

Ich sprech' ein Wort, das sei zum Muster aufgestellt,
Und thue eine That, die angenehm (der Welt).

Es sieht in Handlungen mein Blick auf den Entgelt,
Zuständ' bewahre ich vor dem, was schändlich fällt.

Ich predige Aufrichtigkeit dem festen Sinn,
Zum Beispiel dient mein Wort in jeglichem Beginn.

Es ist mein Herz ein Haus, worin ich ruhig wohne,
Die Eigenschaften sind verhüllt vor Gottes Throne.

Zur Rechten ist der Stein und die jemen'sche Säule,
Die Kible ist mein Mund, der leitet mich zum Heile.

Den Umgang halte ich, fürwahr! um's heil'ge Haus,
Und greif' in meinem Lauf' von Merw nach Ssafa aus.

Vom inneren Harem ist sicher äuss're Erde,
Der Äuss're fürchtet sich, dass er beraubet werde.

Von Allem faste ich, nur nicht von Gott allein.
Gereinigt wird durch Ihn die Seele, die schon rein.

Mein Dasein und sein Sein sei immer nur ein Paar,
Doch einzig der Verein, bei dem Erwachen war.

Geheimer Lauf den Weg zur ew'gen Wahrheit nimmt,
Wie Andren ist der Lauf durch das Gesetz bestimmt;

Denn in der Geisterwelt bestimmt mich kein Befehl,
Und in der Menschenwelt geht alle Weisheit fehl.

Denn mir befiehlt nur das, was ewig her vertragen,
In Fesseln haben mich die Sinne dann geschlagen.

Von mir kommt ein Prophet, der büsst für seine Schuld,
Der hochgeehrt bei mir, begierig nach Geduld.
[Der 129. Vers der IX. Sure]

Ein Loos ist für die Gier Befehl, den ich ihr gab,
Die Seele lässt von dem, was sie begehrt, nicht ab.

Von Zeit des Urvertrags, noch vor den Elementen,
Bis zu den Tagen, die mich als Propheten kennten,

War von mir selbst an mich als ich Prophet gesandt,
Durch meine Wunder ward mein Wesen nur erkannt.

Als ich die Seele trug von irdischem Besitze
Durch einen Kauf hinauf zum Paradiesessitze,

Da kämpfte sie den Pfad der Frohn auf ihren Pfaden,
Und frohe Kunde ward ihr von des Todes Gnaden.

Versammelt heisse ich, weil ich im Himmel weile,
Und nicht beständ'gen Sitz des Paradieses theile.

Wie soll ich treten denn in andrer Geister Fährten,
Gleich Freunden meiner Reih'n, gleich Schaaren von Gefährten?

Kein Himmel, welcher nicht aus meinem Inn'ren käme,
Kein Engel, welcher nicht von mir die Leitung nähme,

Kein Strich des Äusseren, der nicht von inn'rer Ehre,
Kein Regenstrich und Thau, der nicht bewässert wäre.

Der Orient des Lichts ist Glanz von meiner Flur,
Auf meinen Pfaden ist das Weltmeer Tropfen nur.

Mein Ganzes schwingt sich auf zum Ganzen durch die Flügel,
Zum Theile wird der Theil gezogen wie durch Zügel.

Wem Ob'res unten steht, dem Ober's ist ein Unt'res,
Dem zeigt Geleiteter ein Angesicht, ein munt'res.

Des Staubes Unterstes, der oberste Esir,
[Esir, gr. aiqhr: heiterer Himmel]
Zur Lösung, zum Verstand sie dienen beide mir.

Kein Zweifel, dass Verein die Wahrheit sicher kennt,
Und dass das Wörtchen Wo das schon Vereinte trennt.

Bestimme keine Zahl, die wie ein Schwert verletzt,
Bestimme keine Zeit, die über Gott gesetzt,

Nicht Seines Gleichen gibt's in dieser, jener Welt,
Der besserte hernach, was am Befehle fehlt;

Und keinen Gegner gibt's im Himmel und auf Erden,
Durch den der Unterschied der Schöpfung klar kann werden.

Es gehet aus von mir, was immer ward gesponnen,
Es kehrt zurück zu mir, was immer ich begonnen.

Ich sah Anbetende, die traten mir voran,
Die Engel beteten in mir den Adam an.

Ich sah die Engel, die auf Erden alle gleich,
Die reinen Geister, die zuhöchst im Himmelreich.

Als Pfad schlägt Anderer Gesichtskreis nied'ren ein,
Die zweite Trennung erst gewähret mir Verein.

Zerknittert ist der Sinn, Ernüchterung ist aus,
Der Reu' des Moses eilt Begierde weit voraus.

Es gibt kein Wo, noch Was, vorbei sind Rausches Stunden,
Der Wolkenschleier ist in Heiterkeit verschwunden.

Als Siegel legt' ich an die letzte Nüchternheit,
Nachdem durch Faden ich bestimmt die erste Zeit.

Verwischung jeder Spur, Ernücht'rung bis in's Grab,
Ich wog sie auf der Wag' in kleinen Stücken ab.

Verlöschet ist der Punkt von dem Ernücht'rungsflor,
Wach ist des Wissens Aug', das schläfrig war zuvor.

Was der Ernücht'rung fehlt, Vernichtung dir gewährt,
Die Mannigfarbigkeit dich dem Beständ'gen näh'rt.

Die Trunkenen sind gleich den Nüchternen gepriesen,
Gezeichnet mit der Ruh', gemarkt mit Paradiesen,

Von meinem Volk sind nicht die an der Kleidung kleben,
An Eigenschaften und an Eigenheiten eben.

Wer nicht Vollkommenheit geerbt, und wer nicht rein,
Der fällt auf seinen Weg zurück in Qual und Pein.

Nichts ist in mir, das mir den Rest des Kleids aufdringt,
Nichts ist in mir, das mich zur Schattenrückkehr zwingt.

Kann das, was in das Herz geworfen ward vom Wahren
Die Zunge hält versteckt, durch Rede offenbaren?

In mir umarmet sich was unten und was oben,
Was ausser mir, wird durch die Gleichheit aufgehoben.

Durch Zweiheit war ehvor vernichtet all mein Sein,
Ich kehrte dann zurück durch Dauer zu dem Ein.

Die Weise der Vernunft war erster Ausfluss Gottes,
Die Satzung Sinai's war letzter Handgriff Gottes.

Mehr als dem Jonas ihm zu geben Lob und Ehre,
Verbot mir der Prophet, der dessen würdig wäre.

Ich zeigte an, was mich der Rede Ausdruck lehrte,
Und das Verborgene sich angenehm erklärte.

Gleich sind mir gestern, heut, der ewige Vertrag,
Der Morgen, Finsterniss, die Nächte und der Tag.

Es zeigt die Antwort Ja sich in dem Spiegel rein,
Versammelung verwehrt das Beieinandersein.

Ich scheu' nicht Finsterniss, ich fürchte nicht den Graus,
Das Licht von meiner Huld löscht alle Rache aus,

Ich kenne nur die Zeit, die unberechenbar,
Das Sein von meinem Sein kennt Monde nicht und Jahr.

Wer eingesperret ist im engen Raum der Zeit,
Sieht hinterm Kerker nicht das Eden Ewigkeit.

Der Himmel kreist in mir, der Pol wie wunderbar,
Um den sich Alles dreht, ein einz'ger Punkt fürwahr!

Vor jener Drei, die ich verliess, kein Pol bevor.
Die Pfähle stellen nur die Stellvertreter vor.

Gerade Linie erreicht nicht stets das Ziel,
In Winkeln liegen oft der Himmelsstrecken viel.

Der Seelen Ameisfluss aus meinem Rücken kam,
Und wie die Milch der Brust von mir den Ausfluss nahm.

Das Seltsamste, was ich gesehen, war der Hauch
Des heil'gen Geistes, der die Herzen schützte auch.

Ich sah die Schönheit und es staunte die Vernunft,
Das Herz war nicht geschmückt für solche Unterkunft.

Die Seel' vergass ich, denn ich hielt für andre sie,
Und das was ausser mir, begehre ich sonst nie.

Vergesslichkeit ist's, die für stets mich närrisch macht,
Des Wunsches bar, weil ich als närrisch im Verdacht.

In Sie bin ich vernarrt, dem Irrsinn heimgefallen;
Wer sich dem Irrsinn weiht, ist frei von Sorgen allen.

Beschäftiget mit Ihr, fremd anderen Gefühlen,
Ereilte mich der Tod, ich würde ihn nicht fühlen.

Ein seltsam Ding, dass in der irren Leidenschaft
Gleichgültig! ob Vernunft liegt in der Trägheit Haft,

Wann ich Sie treffe, frag' ich Sie: wie geht es mir?
Und wann Sie Leitung sendet, gehe ich doch irr.

Ich suche Sie, indess Sie stets bei mir gewesen,
O seltsam, dass verhüllt geblieben mir Ihr Wesen!

Ich hör' nicht auf zu suchen Sie in mich versunken,
So sehr bin ich vom Wein von Ihrer Schönheit trunken.

Vom Wissen, dass gewiss, reis' ich zur reinen Wahrheit,
Bei der ich erst das Ziel der Reise find' in Klarheit.

Er suchet mich, dass Er mich durch mich selber leite,
Der Leitung Suchende gibt selber das Geleite.

Und Er begehrt, dass ich aufheben soll den Schleier,
Indessen werde ich nur durch mich selbst ein Freier.

Sieh' in dem Spiegel dich, dass durch desselben Licht
Ich deine Schönheit seh' in meinem Angesicht;

Und sprech' ich meinen Namen aus, horch' ich (ganz dumm)
Mir selbst nach meinem Wort mich sehnend, und verstumm'.

Ich strecke aus die Hand, Ihr Inn'res zu umarmen,
Zunächst an Ihrem Geist und Herzen zu erwarmen.

Nach Hauchen sehn' ich mich, damit sie mich anwehen,
Abkühlend meine Hitz', wann sie vorübergehen,

Bis dass in meinem Aug' des Blitzes Licht erwacht,
Und durch das Morgenroth wird aufgehellt die Nacht,

So lang bis die Vernunft zurücksetzt ihren Fuss,
Und von mir selbst mir wird der innigste Genuss,

Bis fröhlichen Gesichts ich zur Gewissheit kam,
Die weite Reise zu dem Zweifel mir benahm.

Ich fand mich selbst zurecht, aufsuchend meinen Sinn,
Die eigne Seele war mir die Wegweiserinn.

Und als der Liebe Kleid als Vorhang aufgezogen,
War das Geheimniss auch von dem Gebot entflogen.

Mit diesem Flor begann sich der der Gier zu heben,
Auf meine Frage ward die Antwort nun gegeben.

Der Spiegel war jetzt rein vom Rost der Eigenschaften,
Und in der Strahlen Glanz die Augen sicher haften.

Was ich bezeuge, ist mein eig'nes Dasein nur,
Was mich bezeuget, ist die eigene Natur.

In dem Gebete hört' ich meinen eignen Namen,
Die Sinne abgespannt den Flug den höchsten nahmen.

Indem die Glieder ich an Ihrem Leib erwarmt,
Hab' ich mein eig'nes Ich an Ihrem Ich umarmt.

Mein Geist erfasst den Duft, von dem er ist umflossen,
Durchduftet von Gewürz, das klein zermalmt, zerstossen.

Die geist'ge Eigenschaft, von sinnlicher geläutert,
Sie hat in meinem Sein die Läut'rung erweitert.

Wer Eigenschaften lobt, der lobet meinen Adel,
Wer mich durch selbe lobt, beschimpfet mich mit Tadel.

Wer meinen Leib nur lobt, die Schönheit nur bezeugt,
Dem bleibet stets verhüllt der Ort, dem ich geneigt.

Kenn' ich die Namen nicht, erwache ich vom Traum,
Und wenn ich selbe nenn', so träum' ich schlummernd kaum.

Wer mich aus Handlung kennt, der ist kein Kennender,
Wer mich aus mir erkennt, ist ein Erkennender.

Du halt' dich an den Ort der ersten Eigenschaften,
So wird das Bild, der Ton, in deiner Seele haften.

Den Sinn der Namen nimm dir von der inn'ren Welt,
Auf die allein der Geist der äussren ist gestellt.

Die Eigenschaften, die sich nach den Gliedern nennen,
Sind nur Allegorien für Seelen, die sie kennen.

In Hieroglyphen, die verhüllt in Tempelschleier,
Erblickt die Seele dann, was hinter'm Sinn, so freier:

Des Wesens Namen, der von Gliedern hergenommen
Geheimnisse bewahrt, in die der Geist verschwommen.

Geheime Schätze sind's des Sinnes, der versteckt
Nur angedeutet wird durch Sinne, die verdeckt.

Nothwendig sind der Nam', der Eigenschaften Spuren
Zur Wissenschaft der Welt, zur Kenntniss der Naturen,

Zu dem Gebeterwerb durch die Vernunft, die reine,
Zu dem Erwerb des Danks durch Mittel allgemeine.

Es liegen  vor mir da die Spuren offenbar,
Sie waren mir, eh' ich zur Heimath kam, schon klar.

Das Wort und Alles, was im Mund war längst mir nah,
Der Blick und Alles, was im Aug' als Beispiel da,

Der Ton und was im Ohr, und das Gefühl der Hand,
Sie waren längstens schon im Inn'ren mir bekannt.

Der Eigenschaften Sinn steht äusserm Körper fest,
Der Namen Werth sich nicht durch Sinn bestimmen lässt.

Gebrauch der Namen liegt in des Chalifen Hand,
Der weiss, welch' einen Sinn damit der Herr verband.

Von Sängerinn, von Lust, von edler Renner Gier,
Von süssem Wohlgeruch, von Morgenwolken Zier.

Er hinterleget sie in jene Seel' zuletzt,
Die er, weil sie dem Stolz ist abgeneiget, schätzt.

Als strahlende im Glanz, als blühende in Pracht,
Als offene in Kund', als zwingende der Macht.

Die Namen lehret Er bedächt'gem Naturelle,
Freigeb'gem Geist und freigeborner Seele,

Als den vernünft'gen Sinn, als Paare im Gebete,
Als räthselhaftes Wort, als alles Grundes Stäte.

Er adelet damit den Vorsatz, der steht fest,
Und der ergebungsvoll auf Gott sich nur verlässt,

Als Zeichen seltene von heitrer Fröhlichkeit,
Als Schaaren äusserster erwünschter Tapferkeit.

Er knüpft damit den Leib an Stäte der Ergebung,
An das Vernunftgebot der geistigen Erhebung.

Durch Feinheit der Gebot' und Reinheit der Befehle,
Durch Klarheit festen Sinns und Wahrheit glatter Seele.

Den Sinnen wird dadurch des Glaubens ächte Kraft,
In allen Handlungen der feste Grund verschafft,

Erwähnungsfundament und Strahlung der Gedanken,
Gesammtes Monument und dann der Strafen Schranken.

Der Seele wird dadurch auf den verwandten Stäten
Die Kunde von der Huld und Wohlthat des Propheten,

Durch angenehme Kund' und Gaben mancherlei,
Durch Blatt der Wissenschaft und gute Polizei.

Als ob und wenn du nicht, der beiden Worte Sinn
Ist der Beschauungen Vollendung und Beginn;

[Mit den beiden Worten sind zwei
Überlieferungen des Propheten angedeutet:
(Diene Gott) als ob Er dich sehe,
und wenn du Ihn auch nicht siehst,
so sieht Er doch dich.]

Im Regen von Verdruss, in Regen, welche freuen,
Im Segen von Genuss, in Schaaren von den Leuen,

Wie Seele, die zurück zur Sinnenwelt gekehrt,
Von mir aus Andres Nichts als Sinnliches begehrt;

Ausdrücke, welche rund, Anwünschungen, die bunt,
Geheimer Winke Kund' und mancher Gaben Pfund.

Der Name Orient ist in geheimer Welt,
Was von der Huld erneut sich mir entgegenstellt.

Nachrichten des Bestands, Ansicht des Übergangs,
Geheimniss des Verstands und Forderung des Rangs,

Der Ort der Namen ist die Welt der Eigenschaften,
Die eigens an dem Lauf durch alle Himmel haften,

Die Schulen des Tenfil, wo man Wetteifer lehrt,
Pflanzschulen des Tewil, wo Zweifel sind verwehrt.

[Tenfil: das Wort des Korans, wie es gesendet ward
Tewil: das Wort des Korans, wie es ausgelegt wird]

Sie fallen in die Welt der Engel und der Geister,
Eröffenend den Blick dem hocherstaunten Meister.

Durch der Einswerdung Thron und durch Annäh'rungsstufen,
Durch den Verklärungspfad und durch der Engel Rufen.

Es strömt der Namen Quell hinein in alle Welt,
Die Seel' ernüchterte, bedarf als den Entgelt

Eingebungsnutzen und die Gnadensee, die frische;
Der Hulden Wiederkehr sind neue Gnadentische

Den Wallenden, sie geh'n auf dem gegebnen Pfade,
Doch ohne diesen führt zur Wahrheit meine Gnade.

Wenn nun die Ritzen zu, die Spalten sind geheilt,
Zerstreutes ist vereint und weiter nicht getheilt,

Wenn zwischen mir und Ihm, an den ich fest gebunden,
Bewilderung durch die Vertraulichkeit verschwunden,

Dann weiss ich in der That, dass Eines ich erfunden,
Dass durch Versammelung Zerstreuung ist verschwunden,

Dass Zunge sieht und dass die Hand hört an das Wort,
Dass Einsicht und Gehör und Tastsinn nur Ein Ort.

Das Aug' hat Tastsinn nun, das Aug' vertritt die Zungen,
Es spricht das Ohr, zu hören ist's der Hand gelungen,

Das Ohr verklärt als Aug' der Phänomenen Menge,
Das Aug' vereint als Ohr die fliessenden Gesänge,

An Hände Statt vermag die Zunge zu zerbrechen,
Die Hände sind im Stand zu reden und zu sprechen,

Die Hände sehen nun, was Augen sonst entdecken,
Die Augen strecken sich wie Hände sich sonst strecken,

Das Ohr ist Zunge, das nun statt derselben spricht,
Die Zunge hört und schweigt (wenn sie auch d'rob zerbricht).

Geruch vertritt die Stell' der andern Sinne all,
Und umgekehrt ist dies bei jenen auch der Fall.

In keinem Gliede wohnt besondre Eigenschaft,
Wie in dem Auge sonst allein die Sehekraft.

In jeglichem Atom von mir sich Kräfte zeigen,
Die von den Gliedern sonst den einzelnen sind eigen,

Es fleht zu Gott, es hört sein Wort im Augenblick,
Denn seiner Allmacht Hand zieht nirgends sich zurück.

O les't in Einem Wort das Wissen der Gelehrten,
Steigt auf in Einem Nu zu Geistern, den verklärten,

Hört die Gebete all in den verschied'nen Sprachen,
Aus Einem Witz kannst du die and'ren alle machen.

Du schaffe her, was die Entfernung hält zurücke,
Eh' dass dem Nickenden vergeh'n zwei Augenblicke.

In Einem Dufte riech' den Wohlgeruch der Winde,
Und was vom Paradies sie bringen dir gelinde.

Ein Augenblick wird dich durch den Gesichtskreis tragen,
Mit Einem Schritt' durchstreich' der Erde sieben Lagen.

Die Leiber, welche schon die Dauer aufgegeben,
Sie sammeln leicht und leicht sich zu dem geist'gen Leben.

Wer spricht und lang es macht, und sich zum Tode schwingt,
Durch meine Hilfe nur zu höh'ren Stufen dringt.

Was in den Lüften fliegt, was auf dem Wasser schwimmt,
Was in dem Feuer brennt, wird nur durch mich bestimmt;

Der, dem ich stehe bei, dass Zartheit er erblicke,
Veränderet sich ganz in Einem Augenblicke.

Wer eine Weil' mir folgt mit seinem ganzen Wesen,
Der hat wohl tausendmal den Koran schon gelesen.

Wenn von den Todten ich Erweckung will bewähren,
So wird die Seele gleich zum Körper wiederkehren.

Die Seele, die entsagt, verdoppelt ihre Kraft,
Und jegliches Atom hat Wundereigenschaft.

Es mögen dir genug Prophetenwunder sein,
Die kein gemess'ner Ort und keine Zeit schränkt ein.

Auf diese Art ward einst des Noah Fluth gebettet,
Als er von seinem Volk sich in das Schiff gerettet.

Als die erflehte Fluth in hohen Wogen ging,
Und als zuletzt das Schiff am Berge Dschudi hing.

[Nach der Überlieferung der Moslimen
blieb die Arche nicht am Ararat,
sondern am Dschudi (Mafius) sitzen]

So wurde nicht zum Pferd der Wind für Salomon,
Ein doppeltes Geschlecht gehorchte seinem Thron.

In einem Augenblick und ohne alle Beschwer,
Von Saba brachte er den Thron von Balkis her.

So löschte Abraham die Gluth des Feuers aus,
Es wurde durch sein Licht ein Garten Edens d'raus.

Von jeder Bergeshöh' gerufen Vögel kamen,
Freiwillig ihren Platz als Opferthiere nahmen;

Und Moses warf den Stab zur Erde aus der Hand,
Die Schaar der Zauberer verzweifelnd vor ihm stand,

Er schlug den Stamm, es quoll daraus des Wassers Segen,
Er spaltete das Meer, es fiel beständ'ger Regen.

Als zu dem Jakob kam von Jusuf frohe Kunde,
Dass er nun wiederkehr' von seines Ausflugs Runde,

Da weinte jener, eh' als dieser war gekommen,
Aus Sehnsucht war das Aug' in Blindheit ihm verschwommen.

Den Kindern Israels gedecket ward der Tisch,
Vom Himmel durch Isa mit Braten und mit Fisch;
[Isa: Jesus]

Und wenn im Ärmel stack die Nadel zum Gebrauch,
Den Vogel, der aus Thon, belebte Wunderhauch.

Es liegt im Inneren der äuss'ren Wunder Kraft,
Die ich dir eingeflösst, guthheissend Eigenschaft.

In die Geheimnisse war alle eingeweiht,
Des Gottgesandten Schrift, in sendungsloser Zeit.

Ein Jeder forderte sein Volk durch Reden auf,
Dass zu der Wahrheit Ziel es steuere den Lauf,

Die Wissenden von uns Propheten sind genannt,
Sie rufen auf das Volk zu dem, den Gott gesandt,

Doch der Erkennende der Zeit ist Mohammed,
Der Mann von starkem Sinn, den Gott gesandt, Prophet.

Und jedes Wunder, das gewirkt ward von Propheten,
Ward Muster denen, die in ihre Stapfen treten,

Propheten sind entbehrlich durch des Hauses Sprossen,
Durch die nachfolgenden Imame und Genossen,

Von ihnen einige betheilt mit Wundergaben,
Die Andere als Gut, ererbtes inne haben.

So war Nossreteddin der Hanifitin Sohn,
Von Ebubekr ward dem Volk im Kampfe Lohn.

So rief Omer: Sariet, gen den Berg dich wend',
Gar weit war von dem Ruf bis hin nach Nehawend.

Osman gab nun den Trunk den frischen auf, wiewohl
Der Kelch des Todes stand vor ihm kredenztet voll.

Von Ali ward die Kunst, die Schwerter anzulegen,
Die Wissenschaft ererbt als eigenes Vermögen.

Die Anderen sind Stern', wer ihnen folget, wird
Wie von dem Sternenheer den wahren Pfad geführt
.

Die Heiligen, die Gläubigen, die, wenn auch fern,
Der Bruderschaft zu lieb die Nähe glauben gern.

Die Nähe ist Gehalt, die Sehnsucht ist Gestalt,
Seltsam, dass nah' und fern in Eins zusammenfallt.

Die Gläub'gen seh'n den Geist und leiten so die rennen,
Gottlosen dienet nur Beweis, mich zu bekennen,

Und Alle gingen einst so um den Geist herum,
Und kamen durch's Gesetz zu dem Prophetenthum.

Wiewohl dem Scheine nach ich Sohn von Adam bin,
So zeiget doch der Geist, dass ich der Vater bin.

Dem Schmuck, dem hindernden, war meine Seel' entzogen,
In dem Verklärungskreis ward sie gerad erzogen.

Als Kind war mein Gebet die Sure der Propheten,
Das Loos mein Element, ich pflegte Sieg zu beten.

Noch vor dem Wiegenband, eh' Äuss'res war vollendet,
War ohne das Gesetz, Gesetz in mir vollendet.

Propheten bildeten den Gang von meinem Schritte,
Sie überschritten nicht den Ort von meinem Tritte.

Zu meiner Rechten war des Vordermannes Segen,
Zu meiner Linken Leichtigkeit im Fortbewegen.

Glaub' nicht, die Göttlichkeit sei ausser mir im Leben,
Es herrscht als Herr nur der, der mir ist untergeben.

Es wäre ohne mich kein Dasein und kein Wesen,
Und kein verbindender Vertrag je da gewesen.

Wer hier lebendig ist, der liebet dich im Leben,
Und jeder Wille ist dem meinen untergeben.

Kein Sprechender, der nicht mit meinem Worte spricht,
Kein Schauender, der durch mein Auge sähe nicht,

Kein Hörender, der nicht vernähme durch mein Ohr,
Und kein Gewalt'ger, dem ich nicht stände vor.

Es schaut und hört und spricht kein Wesen ausser mir,
Von Allen, welche einst erschaffen wurden hier.

Was durch Zusammenhang hier den Sinn entzückt,
Wird durch die Formen nur der Sinne ausgeschmückt,

Und jeder inn'rer Sinn, der sich zu äussern strebt,
Wird durch Gestalt des Leibs geformet und belebt.

Das was der Geist enthüllt durch Scharfsinn und Verstand,
Bleibt dem Erklärenden des Sinnes unbekannt.

Die Huld ausdehnende, in Hoffnung ganz befangen,
Gewährt auf Erden schon den Menschen ihr Verlangen.

Die Furcht einengende, Entsagungen ergeben,
Erhöht des Menschen Aug zu einem höh'ren Leben.

Die nächste Nähe liegt in beiden Eigenschaften,
Auf, auf, Begehrende! zu guten Eigenschaften.

Wo endet Raum und Zeit, hör ich nicht auf als Einer,
Zu schauen in mir selbst vollkommene Vereiner,

Und wo noch Raum und Zeit, hör ich nicht auf zu sehen
Schönheiten meines Seins, die and'rem Aug' entgehen.

Bist du von mir, so stirb, mit mir dich zu vereinen,
Streb zu entziehen dich Naturen, den gemeinen.

Nimm Zeichen an, die Weisheit, höh'rer angehören,
So die Einbildungen der Sinne dir zerstören.

Wer glaubt an Nesch und Mesch, denselben lass dabei,
Das was er glaubt und sieht, für ihn die Wahrheit sei,

Und wer behauptet Fesch und Resch mit vollem Grunde,
Den lass für immerhin vollenden seine Runde.

[Die vier Grade der Seelenwanderung sind:
1. Nesch, von einem menschlichen Körper
in einen anderen; 2. Mesch, in einen tierischen;
3. Fesch, in eine Pflanze; 4. Resch, in einen Stein]

Dass ich in Gleichnissen von mir dir sprech', ist Gnade,
Die leitet mehr als einmal dich die wahren Pfade.

Denk dem Serudscher nach und seinem Makamat,
Die mannigfalt'ger Zung', nimm an den guten Rath,

Erkenn' den inn'ren Sinn, wenn noch so mannigfalt
Des Äusseren Figur und Formen und Gestalt.

Kein Wunder, dass er sich zum Wort das Gleichniss wähle,
Denn ernst ist mehr, so sagt schon der Koran, die Seele.

[Bezieht sich auf den 32. Vers der VI. Sure:
Das Leben der Welt ist Nichts
als Spiel und Scherz.]

Du sollst scharfsichtig schau'n, du sollst erwägen treu,
Ob deine Handlung nur der Seele Wirkung sei,

Sieh zu, wenn du für Schwung der Seele hohen bist,
Ob ohne Spiegel du's, ob es im Spiegel siehst,

Ob in der Seele sich die Handlungen abmalen,
Ob du sie schauest nur durch Widerprall der Strahlen,

Ob du nur hörst vielleicht Paläste-Wiederhall,
Wenn vom Gebäu' zurück zu dir abprallt der Schall,

Ob Jemand ausser dir noch sprach in dem Revier,
Ob du gehört das Wort des Sprechenden zu dir.

O sage mir, von wem hast Wissenschaft getrunken,
Denn deine Sinne sind in Trägheitsschlaf versunken?

Da du nicht weisst, was sich vor dir begab im Leben,
Und nicht was morgen sich nach dir wird noch begeben,

Und doch hast Kunde du von Zeiten, die verschwommen,
Und von Geheimnissen, die künftig werden kommen.

Glaubst du, dass ausser dir der Freund der Wächter sei,
Der dir im Schlafe spricht von Weisen mancherlei?

Die eig'ne Seele ist's, die von sich abgezogen,
Von dieser Welt hinauf in höhere geflogen,

Die aufgeschwungen sich in das geheime Land,
Den wunderselt'nen Sinn herabbringt dem Verstand.

Sie ist's, die drückt in dir die Wissenschaften ab,
Sie ist's, die Namen dir wie deinem Vater gab.

Die Wissenschaft ist dir nicht ausser dir gekommen,
Was du davon benützt, hast aus dir selbst genommen.

Wär's mit dir abgezogen vor dem Schlaf vertraut,
Du hättest sie wie mich mit klarem Aug' geschaut.

An Abgezogenheit von dieser Welt halt' fest,
Von der der anderen bereite dir ein Fest.

Sei eingebildet nicht auf das, was die Vernunft
Dich hat gelehrt und dann das Andre übertrumpft.

Weit hinter der Vernunft ist zarte Wissenschaft,
Die dich von jener Stuf' empor zu höh'rer rafft.

Die Wissenschaft ward dir von mir (o Mensch bedenke!)
Und meine Seele ward darin dir zu Geschenke.

Du spiele nicht mit Scherz und fasle nicht im Leben,
Du sei den Possen nicht, dem Ernste sei ergeben!

O hüte dich und wend' dich ab von allen Bildern,
Von allen Fantasei'n, die nur Geträumtes schildern,

Von dem Phantom, das sich im Schlafe dir nur weis't,
Vom Spiel, das leer, sobald den Vorhang du zerreisst!

Du wirst die Dinge seh'n wie hinter'm Vorhang sie
Erscheinen werden dir (in ew'ger Harmonie).

Die Gegensätze hat die Weisheit all' vereint,
Und jegliche Gestalt in jeder Form erscheint.

Was ruhte, wird bewegt, und was verstummte, spricht,
Erleuchtet wird der Mensch nicht von dem eig'nen Licht.

Bald freust du dich auf eine ausgelass'ne Weise,
Bald weinest du aus Traurigkeit wie eine Waise,

Bald trauerst du, dass du beraubet seist der Gnade,
Und bald frohlockest du, dass dir geworden Gnade.

Du siehst den Vogel auf dem Zweig, der modulirt
Die Töne so, dass dann daraus Wehklage wird;

Du wunderst dich des Tons, du wunderst dich der Sprache,
Wie sich in fremder Zung' das Thier verständlich mache.

Es kommen die Kameel' aus Wüsten her gezogen,
Es gehen in dem Meer die Schiff' einher auf Wogen.

Du schauest auf dem Land' einmal ein Doppelheer,
Ein andermal die Schlacht desselben auf dem Meer.

Ihr Kleid gewebter Stahl, die deckt den Leib den ganzen,
Und ihre Schutzwehr sind die Spitz' von Schwert und Lanzen.

Die Kämpen, die zu Land, sind Reiter ihrer Zeit,
Und die zu Fusse sind die Herr'n der Tapferkeit.

Es reiten auf dem Schiff' die Tapferen zu Meer,
Sie steh'n als Steuermann gerade wie ein Speer.

Die schlagen mit dem Schwert, die stossen mit dem Speer,
Dem starken, heftigen, geschaftet von Semher,

Die einen sind versenkt in ihrer Pfeile Gluth,
Mit Flamme, bläulicher, die brennet in der Fluth.

Du siehst ein Heer entbrannt von Eifer vorwärts zieh'n,
Du siehst das andere besiegt, erniedrigt flieh'n.

Du siehst aufrichten sie die Steine und Ballisten,
Um hohen Wall damit und Schlösser zu verwüsten.

Was du für Leiter hältst, sind abgezog'ne Geister,
Die Dschinnen, die im Land betheil'gen sich als Meister.

Von Menschen haben sie die menschliche Figur,
Doch von dem Vater Dschan die Anlag' und Natur.

Der Fischer wirft das Netz zum Fange in den Fluss,
Und zieht heraus die Last der Fische zum Genuss.

Der Vogelsteller stellt die Netze auf zum Fang,
Auf dass mit selben er die magren Vögel fang'.

Die Bestien des Meers zerbrechen Schiffe starke,
Auf Beute lauert Leu, dass er dadurch erstarke;

Der Vogel raubt im Feld die Vögel, welche nisten;
Ein Thier das andre frisst in Wäldern und in Wüsten,

Und manches Andre noch, das ich hier unterlassen,
Ich habe nur erwähnt, was mir hier schien zu passen.

Ein Beispiel nimm an dem, was ich dir hier gesait,
[gesait: altdt.gesagt]
In Einem Augenblick erfass' die lange Zeit.

Das was du hier geseh'n, ist Eine Handlung nur,
In mannigfacher Form verdeckt von der Natur.

Ziehst du den Vorhang weg, so siehst du Andres nicht,
Die Formen zeigen sich dir all' in Einem Licht.

Durch die Enthüllung wirst den wahren Weg geleitet,
Und in der Finsterniss die Handlungen bereitet.

So fliegt dann zwischen mir und mir empor der Flor,
Das ist der Leib, aus Finsterniss bricht Licht hervor,

Es wird nur nach und nach der Sinn damit vertraut,
Es wird die Neuerung auf einmal nicht geschaut,

Es wird vereint allhier dem Ernste Scherz und Spiel,
Damit du fassen mög'st auch das entfernte Ziel.

Wir haben hier vereint zwei Dinge durch Vergleich,
Des Gauklers Zustand ist nicht meinem Zustand gleich;

Denn seine Formen sind nur äusserliche That,
Die zur Erscheinung stets des Vorhangs nöthig hat.

Dem Gaukler gleich macht' ich der Seele Zeitvertreib,
Die Sinnen und die Form, der Vorhang ist der Leib,

Und wann der Gaukler dann den Vorhang zieht empor,
Erscheinet mir sogleich die Seele ohne Flor.

Wann aufgegangen dann die Sonn' in voller Kraft,
Und aufgelöset ist das Band der Bruderschaft,

[Sonne: wörtlich wenn aufgegangen die Sonne der Anschauung,
Bruderschaft: es lösen sich an mir die Bande (die der Sinne)
und es erglänzt das Sein, die Existenz.]

Wann todt der Sklav', die Seel' vom Stehen an der Wand,
Gescheitert ist das Schiff (gerennet an den Strand),

Kehr' ich durch eigne Hilf' zurück zum Weltenall,
Nach meinen Handlungen in aller Zeiten Fall.

Wenn Gottes Eigenschaft verhüllt Ihn nicht als Schleier,
Verging mein Äusseres nicht vor dem Glanz' in Feuer.

Wenn Zungen der Geschöpf' nicht auftreten als Zeugen
Um die Einswerdung durch ihr Wesen zu bezeugen,

Dann steht die Überlief'rung des Propheten fest,
Die an der Richtigkeit nicht Zweifel übrig lässt,

Die von Annäherung und Liebe Gottes spricht,
Durch gutes Werk sowohl, als durch erfüllte Pflicht.

Was hier Ermahnung meint, ist Allen offenbar,
Und wenn du sie anhörst, wie's Licht des Mittags klar.

Ursachen suchte ich bis ich Einswerdung fand
Und Ursach' mittelte, ward des Beweises Band.

Der Ursach' folgt ich nach, bis ich mich d'rinn verlor,
Und die Einswerdung selbst als Band mir schwebte vor,

Die Seele zog ich ab von Beiden bloss allein,
Kein Tag, wo es mir nicht genehm allein zu sein.

In dem Versammlungsmeer taucht' ich bis auf den Grund,
Bis ich daraus gefischt der einz'gen Perlen Fund.

Ich hörte meine That nur mit des Geistes Ohr,
Die Worte schwebten mir durch Aug' des Ohres vor,

Wann in dem dichten Hain' die Nachtigallen schlagen,
Und wann von jedem Baum die Vögel Antwort sagen,

Wann vom Psalterion geschwung'ne Saiten schallen,
Und von der Hand der Sängerinn dann wiederhallen,

Wann sie Gedichte singt, von denen jedes zart,
Verwandelt jeden Baum in Edenlotos Art,

Wann ich der Kunst mich freu', und dass mein Ich gereinigt,
Sich mit Genossen nicht, mit Freunden nicht vereinigt,

Wann Aufmerksamkeit im Kreis wie auf ein Buch gespannt,
Und vor der Schenke Thür kein Vorhang ist gespannt,

Wann Magengürtel, der um meine Hand gebunden,
Durch Worte des Islams wird aufgelöst gefunden,

[Magengürtel: Magiergürtel]

Wann den Altar des Gebr der Hochaltar ersetzt,
Das Evangelium nicht Christenkirch' verletzt,

[Gebr: Feueranbeter, Hochaltar: Mihrab]

Wann Moses Bücher nicht in jeder Nacht Rabbiner
An des Gesetzes statt Gott anzurufen dienen,

Wann Buddha's Diener nicht sich bücken vor den Steinen,
Und mit Anhänglichkeit an sie zu beten meinen.

Wann selbst des Goldes Sklav' gereinigt und begnügt,
Dem Spott des Götzendienst's nicht weiter unterliegt,

Verheissung meine gilt nur dem, der sie versteht,
Entschuldigt ist das Volk, das selber widersteht.

Nicht alle Völker sind's, die in der Ansicht schwanken,
Nicht jede Secte irrt im Felde der Gedanken.

Der Sonnanbeter liebt das Licht der Sonn' am Morgen,
Und er verehrt sie, wann im Westen sie geborgen.

Des Magiers Feuer war (so ist's auf uns gekommen),
Durch mehr als tausend Jahr auf dem Altar entglommen,

Sie wollten doch nur mich und keinen andern noch,
Und äusserten sie's nicht, so war's die Absicht doch.

Sie sahen nur mein Licht, im Feuer sahen's sie,
Und wurden irrgeführt durch Strahlenharmonie.

Ich würde sagen es, wenn nicht des Äusse'ren Schleier
Gesetzlichen Gebot's verböt' zu sprechen freier.

Vergebens hat der Herr den Menschen nicht erschaffen,
Wenn seine Handlungen auch nicht das Beste trafen;

Durch Gottes Namen geht der Menschen Thun und Lassen,
Die Weisheit schreibet vor das was zu thun und lassen.

Geleitet werden sie hier durch Beschlüsse zwei,
Durch Griff, des selig macht und der vermaledei.

Nur so erkennt der Mensch die Wahrheit und den Wahn,
Und jeden Morgen lies't er dieses im Koran.

Nur aus sich selbst erkennt die Seele, was sie werth,
Erkennet aus dem Sinn, was sie gehofft, begehrt.

Ich wäre gottlos, wenn ich selber Eins mich setzte,
Und durch Vielgötterei den, der mich schuf, verletzte.

Zu tadeln bin ich nicht, wenn ich die Gaben spende,
Und meinen Jüngern Gut, das reichlichste, zuwende.

Mir wird's vom Spender, Ihm, der mich damit begrüsst,
Durch einen Wink auf Ihn, da Gott der nächste ist.

Von seinem Lichte wird die Leuchte angefacht,
Die meinen Abend gleich dem hellen Morgen macht.

Es war in Ihm mein Sein, ich sah es anders nicht,
Ich sah in Ihm mich selbst, mein Antheil ward das Licht,

Ich war im heil'gen Thal, ich zog die Schuhe aus,
Dem Rufer folgte ich mit Ehrenkleid in's Haus.

Ich sah mein eignes Licht, und ward dadurch geleitet,
Genügend ist der Glanz, den du dir selbst bereitet.

Mein Sinai steht fest, Gebet gibt er mir ein,
Bestimmte meine Art, der Redner war mein Sein.
[Redner: Moses]

Nicht untergeht mein Mond und meine Sonne nicht,
Die Sterne haben all' von meinem nur ihr Licht.

Des Himmels Sterne geh'n nur ihres Laufes Bahn
Durch mich, und meine Engel beten mich nur an.

Die Seel' erinnert sich in jener Welt der Fährten,
Die Wissenschaft gesucht bei mir von den Gefährten.

Auf! auf! zur ewigen Versammelung der Geister,
In welcher kleine Kinder sind die grauen Meister!

Es trinken nur den Rest von mir die Zeitgenossen,
Das Treffliche vor mir ist von mir ausgeflossen.

Aus: Das Arabische Hohe Lied der Liebe
das ist
Ibnol Faridh's Taijet
Text und Übersetzung
von Joseph von Hammer-Purgstall
Wien
Aus der Kaiserl. Königl. Hof- und Staatsdruckerei 1854

 

Biographie:

Ibn al-Farid, 'Umar, arab. Dichter, 12. 3. 1182 Kairo - 1235 Kairo. Stud. Rechte u. Traditionswiss.; Bekehrung zum Sufismus; längere Zeit Einsiedler auf den Muqattam-Hügeln b. Kairo; e. Zeitlang in
Mekka. Als Heiliger verehrt. - S. ganz der Mystik gewidmeten, sprachl. sehr schönen Gedichte bilden den Höhepunkt geistl. Dichtung auf arab. Boden. Neben kleineren Oden e. größere Weinode, die den Rausch durch den Wein der göttl. Liebe beschreibt, u. die geradezu klass. Ode 'Pilgerreise' (auch 'die große auf t reimende Ode' gen.), deren Gegenstand die persönl. Erlebnisse des Dichters als Sufi sind.

WERKE: Diwan, hg. A. J. Arberry 1952 (m. engl. Übs. 1956) u. ö.; at-Ta'iya l-kubra (Die große auf t reimende Ode), hg. J. v. Hammer-Purgstall 1854 (m. Übs.; engl. R. A. Nicholson, Studies in
Islamic Mysticism, 1921; engl. A. J. Arberry 1952); al-Chamriya (Die Weinode) franz. E. Dermenghem 1931.

Aus: Autorenlexikon: Ibn al-Farid, 'Umar, S. 1. Digitale Bibliothek Band 13: Wilpert: Lexikon der Weltliteratur Alfred Kröner Verlag

siehe auch (engl.)
http://en.wikipedia.org/wiki/Ibn_al-Farid

 

[Anmerkung: die Hervorhebungen durch rote Schriftfarbe sind von mir I. S.]


 


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