Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dhad

I. (1)

Der Reiz der Schönheit deines Gesichts ergriff
Die ganze Welt der Länge und Breite nach.
Des Himmels Sonne ist beschämt 1
Von dem Gesichte des Erdenmondes.

Es ist mir nichts als billig, daß Jedermann
Hienieden deine Schönheit betheuere,
Und deines Angesichtes Anschaun
Ist selbst von Engeln für Pflicht zu halten.

Die Sonn' im vierten Himmel entlehnt
Dem Glanze deiner Wangen den Strahlenkreis,
Sie ist bedeckt mit Schulden gleich der
Siebenten Erde zurückgeblieben.

Der Geist der dir nicht opfert und huldig't
Wird ohne Leben bleiben für immerhin.
Zerstreuet seyen Körper die sich
Dir nicht zum Sklaven geweihet haben.


Es ist für dich nur eitles Bemüh'n Hafis
Wenn du den Staub der Erde zu küssen wähnst,
Denn die Geschichte deiner Sehnsucht
Sagen die Winde von allen Seiten.

1 Die Sonne ist ganz beschämt wie die Erde in der niedersten Athmosphäre zurückgeblieben, mit Schulden bedeckt, weil sie Anforderungen, welche deine Schönheit an sie macht, nicht bezahlen kann. Nach der orientalischen Sphärologie giebt es neun Sternenhimmel und sieben Erden, wovon die unsrige die siebente oder unterste ist. Diese neun Himmel und sieben Erden sind nicht zu vermischen mit den acht Paradiesen und sieben Höllen der orientalischen Religionslehre.


zurück