Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Lam

II. (2)

Ich fieng an in der Rosenzeit
Der Reu' des Trinkens mich zu schämen,
Und doch soll Niemand deß, was er
Nicht recht gethan sich schämen.

Es ist die Eingezogenheit
Auf meinem Wege nur ein Fallstrick,
Denn ich will mich der Schönen nicht
Und nicht der Schenken schämen.

Des Blutes halb, das gestern nachts
Geflossen ist von meinen Augen,
War vor den Nachtgesichtern ich
Im Falle mich zu schämen.

Es überscheint der Sonnenglanz,
Der Glanz von deinem Angesicht,
Gott sey gelobt! ich habe mich
Vor dir doch nicht zu schämen.

Die Freundinn wird ob ihrer Huld
Mit Fragen mich vielleicht verschonen,
Mich kränkt die Frage und ich muß
Der Antwort mich nur schämen.

Ich habe nie vor deiner Thür
Noch meine Wangen abgewendet,
Durch Gottes Gnade hab' ich mich
Derselben nicht zu schämen.

Warum, lacht wohl das Glas voll Wein
So giftig zwischen deinen Lippen?
Es muß vor dem Rubin des Munds
Der Wein gewiß sich schämen.

Mit allem Recht hängt die Narziß
Den Kopf auf eine Seite nieder,
Sie muß sich vor des Liebchens Aug'
Sobald es zürnet, schämen.

Die Perle hat ihr Angesicht
Versteckt im Schleier einer Muschel;
Denn vor den Perlen des Gesangs
Muß sie sich billig schämen.

Des Lebensquelle hat das Kleid
Der Finsternisse umgenommen.
Sie muß sich vor Hafisens Lied
Und seinem Sinne schämen.


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