Aus: Der Buchstabe Lam
V. (5)
Ostwind bringe mir fröhliche Kunde, 1
Denn es kommt die Zeit des Genußes,
Gott behüte dich Bothe der Freude,
Sey willkommen, willkommen, o komm!
Was macht Selma, und Alle von Salem?
Was die Nachbarn, und wie ist ihr Wohlseyn?
Ausgeleeret sind die Plätze des Festes,
Angefüllet hingegen die Becher.
Nach dem Bau verfiel das Gebäude,
Fragt um seine Gestalt die Ruinen.
Nacht der Trennung du streckest die Schatten,
Nachtgesichter was spielet ihr dorten?
Ohne Ende sind Liebesgeschichten,
Hier verstummet die Sprache der Worte.
Keinem wendet das Liebchen den Blick zu 2
O des Stolzes! der Größe! des Hochmuths!
Deine Schönheit entflammt mich mit Sehnsucht
Gott behüt' vom genaueren Aug' dich, 3
Harr' Hafis mit Geduld und mit Liebe,
Lieblich ist der Verliebten Gestöhn.
1 Dieses Gasel beginnt mit einem
persischen Distichon, worauf ein arabisches folgt, und so
abwechselnd bis ans Ende.
2 Sie ist stolz Jemanden
anzuschauen.
3 Wörtlich vom vollkommenden
Auge, d.i. vom Auge da zu gut sieht, und alles zu genau
prüfet.
Selma, ein allgemeiner Name einer Schönheit bei
arabischen Dichtern. Salem ist der vielgebrauchte
Namen eines Platzes in der Wüste, auf welchem Salembäume
(eine Art dornichteren Bäume) wachsen. In dieser
Bedeutung kommt das Wort in der berühmten Kaßide Alborda
vor.
Das Wortspiel zwischen Salem und Selma, wo
nur durch die Versetzung der Buchstaben der Namen des
Geliebten in den eines Dornenstrauchs und umgekehrt
verwandelt wird, springt von selbst in die Augen, ohne
daß es nöthig gewesen, dasselbe ins Deutsche zu
übertragen, wo es beiläufig so lauten würde: Was macht
Dorinde? Die Fräulein von Dornbusch.
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