Aus: Der Buchstabe Nun
XIX. (19)
Bet', wenn du zum Kranken kommst, ein kleines Gebetlein,
Oeffne deinen Rubin, daß er beseele den Leib.
Wer da kommt zum Besuch, ein Fatiha betet und
gehet,
Sag' ihm: Habe Geduld; siehe dann folget der Geist.
Du der Herzen Arzt, beschäme das Aeußre des Herzens,
Meine Zunge beschwert Seufzer und Rauch von der Brust.
Fieberhitze verbrennt das Gebein, doch geht sie von
hinnen,
Liebesfieber verbrennt, aber es gehet nicht fort.
Wie das verbrannte Maal ist das Herz im Feuer zu Hause,
Deinem Auge gleich schmachtet deßhalben der Leib.
Lösche nun wieder aus die Gluth mit den Thränen der
Augen,
Greife mir den Puls, zeiget er Leben noch an?
Jener, der mir zum Trunk die Flasche der Liebe
gegeben,
Sage, warum trägt er immer die Flasche zum Arzt. 1
Dein Gesang, o Hafis, hat mich mit dem Leben getränket,
Laß den Arzt, und komm, singe vielmehr mir ein Lied.
1 Wir mögen keineswegs der
Meinung Sudis beipflichten, der unter der zweyten
Flasche das Uringlas verstanden haben will.
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