Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Waw

II. (2)

Die Sonne ist der Spiegelhalter
Von deiner Schönheit,
Der Moschus ist das schwarze Rauchfaß
Von deinem Maale.

Ich habe meiner Augen Hofraum
Zwar rein gewaschen,
Allein, was nützt es, dieser Winkel
Ist deiner unwerth.

Der schwarze Punkt des Augenapfels,
Des Lichtes Ausfluß,
Ist nur des Licht, das wiederstrahlet
Von deinem Maale.

O gieb beim Feste des Genusses
Mir Freundenkunde,
Damit ich zu dem Schicksal wieder
Mit Menschen kehre.

Wann werden deine Augenbrauen
Mir wieder schmeicheln?
Damit ich selbst den Himmel zähle
Zu meinem Sklaven.

Es stehet im Zenith der Anmuth
Die Schönheits-Sonne!
O Herr! bis an das End' der Welten
Geh' sie nicht unter!

Es mahlte der Diplomenmahler 1
Von Moschusbrauen,
Bisher kein schöneres Gemählde,
Als deine Formen.

Es steigen auf des Friedens Düfte,
O komm' zu mir her!
Du bist für uns mit deinen Wangen
Der junge Frühling.

Wie soll ich wohl vor meinem Herren
Mein Leiden klagen!
Wo fang' ich an bei meinen Bitten?
Bei deinen Härten?

Hafis, der Närrischen sind Viele
In diesen Banden,
Laß dir nichts Wildes träumen,
Das dir nicht ziemet.

1 Eigentlich der Tugraschreiber der Augenbrauen. Tugra ist der verzogene Name des regierenden Herrn, welcher bei Befehlen und Diplomen bald mit schwarzer, bald mit rother, grüner, oder goldner Tinte oben angesetzt wird. Da derselbe, drey gerade senkrechte Schattenstriche ausgenommen, aus lauter Bogenstrichen besteht, so sieht der Dichter darin abermal die Formen der Brauen des Geliebten.


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