Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Waw

VII. (7)

Es blüht der Wollust Rosenstrauch,
Wo ist der Schenke mit den Rosenwangen, wo?
Es wehet Frühlingshauch,
Wo ist der Wein, leicht zu verdauen, wo?

Die neue Rose zeiget mir
Ein frisches rosenwangichtes Gesicht.
Wo ist ein Ohr, das auch mich hört,
Ein Aug', das achtungsvoll mich schauet, wo?

Es ist die Lustgesellschaft nicht
Geschmücket mit der Schminke meines Sinns.
O du des Morgens milder Hauch,
Wo ist der Freundinn Locken Moschus, wo?

O Morgenwind, ich dulde nicht
Der Rosen eitle Schönheitsprahlerey,
Die Hand befleckte Herzensblut,
Wo zeih'st du sie der Lügen, Ostwind, wo?

Des Morgens Kerze rühmte sich
Mit ihrem trüben Schleier gegen dich,
Du wirst vom Feinde ausgeschmählt,
Wo ist ein hellgeschliffner Degen, wo?

Sie sprach: vielleicht verlanget dich
Nach den Rubinen meiner Küsse nicht,
Ich sprach: aus Sehnsucht bin ich dort,
Doch, wo ist meine Kraft und Stärke, wo?

Hafis bewahret zwar den Schatz
Der hohen Weisheit in dem Wort des Lieds;
Allein wo ist ein Dichtermund,
Den nicht der Gram des Schicksals drücket, wo?


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