Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Sa

X. (10)

Steh' auf! gieße mir fröhliches Naß in den goldenen Becher 1
Ehe dein Schädel zum Staube den Staub gießt.

Unsere Wohnung zuletzt ist die schweigende Wohnung der Gräber,
Jetzt erhebe den Jubel zum Himmel,

Augen mit trübem Blick sind ferne vom Antlitz des Freundes
Schau' ihn an mit der Reinheit des Spiegels.

Ich beschwöre dich Wuchs der Cypreße beim grünenden Wipfel
Bin ich Staub beschatte mein Grabmal.

Meinen Lippen vom Pfeil der Schlangenlocken verwundet
Leg Teriak aus dem heilenden Mund auf. 2

Alle Saaten der Erde vergehen das weißt du seit langen
Zünde die Welt mit dem Feuer des Weins an.

Thränen reinigen uns indem die Lehrer uns sagen
Sey erst rein, dann schaue den Reinen.

Herr! der selbstische Mönch, Er, welcher Gebrechen nur schauet
Werde blind von dem Rauche der Seufzer.

Wie die Rose Hafis! zerreiß die Kleider vor ihrem
Wohlgeruch, und verstreu' sie vor ihr hin.

 

1 Dieses Gasel ist dem Grabstein Hafisens eingegraben.

2 Anspielung auf den Gebrauch orientalischer Schönen welche den Mastix, den sie im Munde gekaut ihren Geliebten wieder in den Mund stecken, zum Beweise der höchsten Gunst.


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