Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Nun

I. (1)

Die Krone der Fürstinn,
Der Rose zeigte sich auf Fluren.
Es sey den Cedern und Jasminen
Gesegnet die Ankunft. 1

Nun stehet in Wahrheit
Der Kaiserthron an seinem Orte,
Es setze sich ein Jeder auf den
Ihm eigenen Platz hin. 2

Dem Ringe Dschemschidens 3
Gieb von dem guten Ende Kunde,
Der große Name, der ihn zeichnet,
Bezwingt Ahrimanen.

Es blühe beständig
Das hohe Haus, das du bewohnest,
Von dessen Thürenstaub ein Lüftchen
Erbarmender Huld weht. 4

Die Größe des Sohnes
Peschengs, sein Schwert, das Welten zwinget,
Ist durch des Schahrame's Geschichten
Zur Sage geworden. 5

Den Renner des Himmels,
Bezäumtest du mit deinem Zügel,
O Reiter, du bist auf dem Rennplatz,
Nun schlage den Ballen.

Es strahlen die Reiche
Durch deines Säbels Glanz und Wasser, 6
O pflanze du den Baum des Rechtes,
Entwurzle die Bösen.

Was ist es zu wundern?
Wenn du so süß und milde duftest,
Und wenn die Düfte Chotens hauchen,
Iredschische Steppen. 7

Die Winkelbewohner
Erwarten deine Schmeicheleien,
Entblöß' den Kopf von deiner Mütze,
Zerreiße den Schleier.

Ich fragte die Klugheit:
O trinke Wein, Hafis! so sprach sie,
O Schenke! reiche uns den Becher,
Dem Rathe zu folgen.

Ostwind dem Schenken
Beim Fest der Atabegen melde,
Daß er von jenem goldnen Glase
Den Hefen mir gebe.

1 Dieses Gasel gehört unter die wenigen, die politischen Inhalts sind. Es ward gedichtet auf die Rückkehr der Stadt Schiras in den Besitz des Schah Manßur, woraus denselben die Turkomanen eine geraume Zeit hindurch vertrieben hatten; die Krone der Rose ist Schah Manßur selbst, die Cedern und Jasminen sind die Großen des Reichs.

2 Nachdem die Usurpazion der Turkomanen vorbey ist, so nehme nun wieder jeder den ihm gesetzmäßig gebührenden Platz ein.

3 Der Ring Dschemschids in späteren Zeiten als das Siegel Salomons berühmt, auf den es von jenem fortgeerbt ward, wie dieses in den Legenden der Propheten des Mehreren zu lesen ist. Ahrimann der Herr der Diwe, das Prinzip des Bösen. Salomon hatte einst seinen Ring eine Zeitlang verloren. Dämonen hatten denselben gefunden, und unter seinem Namen geherrschet. Hafis bezieht auf diese Begebenheit das Zwischenreich der Turkomanen.

4 Eine Anspielung auf einen Spruch der mündlichen Ueberlieferung Mohammeds: Es weht ein Lüftchen des Allhuldvollen von Jemen her. Da Schah Manßur in der mündlichen Ueberlieferung sehr gelehrt war, so wird sein Pallast als der Ort dargestellt, woher jenes Prophetenlüftchen weht.

5 Pescheng und sein Sohn zwey der Helden der alten persischen Geschichte.

6 Das Wasser des Säbels, der Glanz desselben wie im franz. l'eau d'une pierre.

7 Das Feld von Iredsch eine unfruchtbare Steppe zwischen Lar und Schiras.


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