Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Cha

Nach Ferruch's1 beglückter Wange
Sehnt mein Herz sich immerdar:

Darum ist es stets verworren
Wie Ferruch's gelocktes Haar.

Nur dem Inder seiner Locke,
Und sonst Keinem ist's geglückt,

Dass er von Ferruch's Gesichte
Früchte koste, hochentzückt.

Wie begünstigt doch vom Glücke
Jener Schwarze2 immer ist

Der, Ferruch zur Seite wandelnd,
Knie an Knie sich an ihn schliesst!

Einem Weidenblatte ähnlich
Zittert der Zipressenbaum,

Wenn Ferruch mit stolzem Wuchse
Ihm erscheint im Gartenraum.

Reiche mir, o holder Schenke,
Ergwanfarb'nen Rebensaft,

An Ferruch's Narzisse mahnend
Und an ihre Zauberkraft.

Ganz gekrümmt, gleich einem Bogen,
Ist mein hoher Wuchs zu schau'n;

Weil er um Ferruch sich grämet,
Gleicht er seinen Augenbrau'n.

Selbst tatar'sche Moschuswinde
Müssen sich zu wehen scheu'n,

Wenn Ferruch's durchwürzte Locken
Ambradüfte um sich streu'n.

Hin nach irgend einer Seite
Neiget sich des Menschen Sinn:

Und so neigt sich denn der meine
Immer zu Ferruch nur hin;

Und als Sclave fröhn' ich willig
Jenem hochgesinnten Mann,

 Der ihm dient als Knecht und Inder,3
So wie es Hafis gethan.
 

1 Ferruch, der Beglückte, ist der eigene Name eines Lieblings des Dichters.

2 D.i.: Das schwarze bis an das Knie reichende Haar des Geliebten, das Hafis im vorhergehenden Distichon als (dunkel gefärbten) Inder und hier als Mohren personifiziert, dem es allein gestattet ist, dem Harem seines Gesichtes zu nahen (wie sonst den schwarzen Eunuchen dem Harem grosser Herren).

3 Inder ist hier im Sinne von Sclave genommen; wie denn bei persischen Grossen Sclaven aus Indien sehr beliebt sind.

 

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