Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Elif

15.

Seit dein Liebreiz die Verliebten
Lud zu des Genusses Mahl,

Gab dein Maal und deine Locke
Herz und Seele Preis der Qual.

Was verliebte Seelen leiden
Fern von dir, hat in dem Maass

Niemand auf der Welt erfahren,
Als die Durst'gen Kerbela's.1

Theure Seele! Kennt mein Türke
Nichts als Rausch und Trunkenheit.

Musst auch du vor allem Ander'n
Thun Verzicht auf Mässigkeit.

Weil die Zeit der Lust und Freude
Und des Wein's jetzt wiederkehrt,

So betrachte sie als Beute,
Sie, die nur fünf Tage2 währt.

Wenn des Königs3 Fuss zu küssen
Dir gelänge, o Hafis,

Ist in allen beiden Welten
Rubin und Ehre dir gewiss.
 

1 Kerbela am Euphrat, wo Hussein, der Sohn Ali's und Enkel des Propheten, gegen Jesid, den Sohn Moawia's, um das Chalifat kämpfend, mit 70 seiner Gefährten umkam, die sämmtlich verdursteten.

2 D.h. Kurz.

3 Unter dem König ist hier, wie an mancher anderen Stelle, der Geliebte zu verstehen.

 

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