Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Se

7.

O Zipresse spröder Schönheit,
Deren Gang so reizend ist!

Liebende mit hundert Bitten
Nahen dir zu jeder Frist.

Dich beglücke deiner Schönheit
Ehrenkleid; - seit ew'ger Zeit

Wurde dir, Zipressenschlanker,
Angepasst der Reize Kleid.

Wen die Sehnsucht nach dem Dufte
Deines Ambrahaar's beschlich,

Brenne wie die Aloe brennet,
Aber stelle heiter sich.

Durch des Nebenbuhlers Lästern
Nimmt mein inn'rer Werth nicht ab1,

Wenn man auch dem Mund der Scheere
Gleich dem Gold mich übergab.

 Es verbrennt das Herz des Falters,
Nahet er dem Kerzenlicht,

Und das meine schmilzt, erblick' ich
Deine lichte Wange nicht.

Dieses Herz, das kreisen lernte
Um die Ka'ba deines Gau's,2

Will nicht nach Hedschas und sehnet
Sich nach deinem heil'gen Haus.

Frommt es mir, wasch' ich beständig
Mich mit Herzensblute rein?

Nur in deiner Brauen Nische
Kann mein Beten giltig sein.

Jener Ssofi, der da gestern
Fern von dir den Wein verschwor,

Brach sein Wort, sobald er wieder
Offen sah der Schenke Thor.

Fröhlich naht Hafis dem Kruge,
Händeklatschend und berauscht,

 Weil dem Bechermund er Abends
Ein Geheimniss abgelauscht.
 

1 Wörtlich: Ändert sich mein Schrot und Korn nicht.

2 Anspielung auf das den Pilgern nach Mekka gebotene neunmalige Umkreisen der Kaaba.

 

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