Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Nun

5.

Du dessen Antlitz, das dem Monde gleichet,
Den jungen Lenz der Schönheit in sich schliesst,

Und dessen Maal der Mittelpunkt der Anmuth,
Und dessen Flaum der Schönheit Schwerpunkt ist

Ein wahres Zaubermährchen liegt verborgen
In deinem weinberauschten Augenpaar;

Es macht in deiner unbeständ'gen Locke
Sich der Bestand der Schönheit offenbar.

Nie blickte aus dem Sternenhaus der Reize
Ein voller Mond so hell wie du hervor,

Und schlank wie du ragt' an der Schönheit Strome
Noch niemals ein Zipressenbaum empor.

Mit hoher Lust erfüllte deine Süsse
Den Lebenslauf der Liebenswürdigkeit,

Und deine Huld und Lieblichkeit erfüllte
Mit Seligkeit der Schönheit frohe Zeit;

 Und durch die holden Netze deines Haares,
Und deines Maales Korn, so süss und zart,

Blieb auf der Welt kein Herzensvogel übrig
Der deiner Schönheit nicht zur Beute ward.

Die Veilchen, die die Lippe dir beschatten,
Sind desshalb nur beständig frisch und zart,

Weil sie das Wasser ew'gen Lebens trinken
Das deiner Schönheit reicher Quell bewahrt;

Und immer lässt die Amme des Gemüthes
Aus ihrer Seele Mitte, liebewarm,

Mit zartem Sinn dir Nahrung angedeihen
Und wiegt dich freundlich auf der Schönheit Arm.

Dass nimmer er dir Gleiches würde schauen,
Das hat Hafis verzweifelnd schon erkannt:

Gibt es doch Keinen der sich deiner Wange
Vergleichen liesse in der Schönheit Land.
 

 

 

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