Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Nun

21.

Ich verbrenne, weil du mich verlassen;
Wende ab von Grausamkeit den Blick!

Trennung ward mein Missgeschick hienieden:
Wende ab, o Herr, das Missgeschick!

Auf dem grünen Gaul des Firmamentes
Glänzet hell der Mond in seinem Lauf;

Doch, damit er schnell zu Boden stürze,
Schwinge du dich auf dein Pferd hinauf!1

Tritt, um Glauben und Verstand zu plündern,
Aus dem Haus in holder Trunkenheit;

Setze schief dir auf das Haupt die Mütze,
Und verschiebe auf der Brust das Kleid!

Schüttle das gelockte Haar! ich meine:
Trotze selbst den Hyacinthen dreist,

Mit dem Rauchfass2 kreisend um die Wiese
Wie um sie das Morgenlüftchen kreist.

Du o Licht der Augen der Berauschten!
Ich verschmachte in des Harrens Qual:

Streichle denn die Harfe, die betrübte,
Oder mache kreisen den Pocal!

Da der Zeitlauf auf die holde Wange
Eine schöne Schrift3 geschrieben dir,

O so wende, Herr, der Bosheit Lettern4
Ab von Jenem, der so theuer mir!

Nur so viel, nicht mehr ist's, was die Schönen
Dir, Hafis, bestimmten als dein Loos;

Bist du aber nicht damit zufrieden,
Änd're denn was das Geschick beschloss.
 

1 D.h. Schwinge du dich auf dein Pferd, damit der Mond, dieser Reiter des Himmelsgaues, von dir in seinem Glanze besiegt zu Boden stürze, oder, wie es noch heissen kann: damit er (seinen Ritt) beende, (vom Schauplatz abtrete).

2 Dem duftenden Haare nämlich.

3 Die Haarschrift des Flaumes nämlich.

4 D.i. Die Buchstaben, aus denen böse Zauberformeln bestehen.

 

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