Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Waw

2.

Du, dem der Moschushirsch von China
Den Strassenstaub bezahlt mit Blut,1

Und unter dessen schiefer Mütze
Der Sonnenball2 im Schatten ruht!

Zu arg ward der Narcisse Äugeln;
So komm denn huldvoll du herbei,

Du, dessen schwarzen Auges Blicke
Die Seele selbst geopfert sei!

Trink' immerhin mein Blut; kein Engel
Ist, bei dem Anblick solcher Huld,

Im Stand es über's Herz zu bringen,
Und aufzuzeichnen deine Schuld.

Durch dich erfreut das Volk der Ruhe,
Erfreut des Schlummers sich die Welt:

D'rum wurde auch in Herz und Auge
Ein Ruheplätzchen dir bestellt.

 Ich mache mir gar viel zu schaffen
Mit jedem Stern in jeder Nacht,

Aus Sehnsucht dein Gesicht zu schauen,
Das einem Monde gleicht an Pracht,

Die Freunde, die beisammen weilten,
Sie trennten sammt und sonders sich:

Nur ich verblieb an deiner Schwelle,
Dem Zufluchtsort des Glück's für mich.

Hafis, nie mögest du verzweifeln
An Gottes Gnade, weil zuletzt

Der Seufzerrauch aus deinem Busen
Die Garben Gram's in Flammen setzt.
 

1 Weil er deinen Strassenstaub wohlduftender findet als den mit Blutverlust aus seiner Blase abgesonderten Moschus.

2 D.h. Dein glänzendes Angesicht.

 

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